Am 5. Juni feiert die Welt World Environment Day. Dieses Jahr unter dem Motto #OnlyOneEarth.  Normalerweise feiern wir diese internationalen Kalendertage immer mit einem Ausflug mit ein paar Kindern aus den School Nature Clubs. Da so immer nur zwei bis drei Kinder aus jeder Schule dabei sind, hatte ich für dieses Jahr die Idee, den Tag direkt in den Schulen zu feiern – mit einer Baumpflanzaktion.

Vor dem World Environment Day (WED) war deshalb sehr viel Planung und Orga nötig. Ich habe für den WED ein bestimmtes Budget. Die Idee war, so viele Bäume wie möglich zu pflanzen. Nicht nur in den Schulen unserer School Nature Clubs, sondern auch noch in den Communities, in denen wir arbeiten. Am Ende haben wir eine Community ausgewählt, in der Kollegen von uns arbeiten, weil die Leute direkt angefragt hatten, ob wir sie unterstützen können mit einer Baumpflanzaktion. Die Aktion in der Community steht noch an. Das ist noch etwas komplizierter als gedacht. Ich hoffe, wir können das noch realisieren, bevor ich im Juli nach Deutschland fliege. Da jetzt die Regenzeit begonnen hat, ist es die beste Zeit zum Bäumepflanzen. Zu lange sollten wir also nicht warten.

Briefe ohne Post und flexible Budgets

Wieso ist hier alles so kompliziert? Ganz einfach: Wenn wir so etwas wie eine Baumpflanzaktion in den Schulen planen, müssen wir zunächst einen Brief an alle Schulen schreiben, diese müssen von unserem Chef unterschrieben werden (das kann sich verzögern, wenn er dann auf einmal eine Woche lang nicht da ist), und dann müssen die Briefe persönlich überreicht werden, weil es keine Post gibt. Das bedeutet, wir brauchen alleine zwei Tage, um alle Schulen abzufahren, nur um die Briefe zu verteilen, in denen wir fragen, ob die Schulen mitmachen wollen. Bei dieser Gelegenheit haben wir auch direkt nachgefragt, wie viele Bäume die Schulen jeweils haben wollen.

School Nature Club Teachers Meeting

Zum Glück hatte ich die grandiose Idee, bei diesem Besuch auch gleich nachzufragen, ob es in Ordnung ist, wenn wir die focus teacher der School Nature Clubs, zu einem meeting einladen. Sonst hätten wir nochmal alle Schulen abfahren müssen, um auch dafür einen Brief auszuteilen. Eine Woche vor dem World Environment Day haben wir alle Lehrerinnen und Lehrer der School Nature Clubs eingeladen, um ihnen Informationen zu den Bäumen zu geben, die wir ihnen geben werden. Ich hatte auch Poster mit Do´s und Don´t´s zum Thema Wald und Bäume gestaltet und eines mit Infos zu den Öko-Services von Bäumen. Diese Poster sollten dann in den Schulen vorgestellt und aufgehängt werde. Die Lehrkräfte hatten auch die Möglichkeit Fragen zu stellen, was sie beim Pflanzen und bei der späteren Versorgung der kleinen Bäume beachten sollten.

Wenn so ein Meeting organisiert wird, müssen wir natürlich als erstes einen Termin finden und dann fragen wir meist bei ein bis zwei Schulen an, ob wir deren Halle nutzen dürfen. Dann ist es hier Usus, Essen und Getränke anzubieten. Schon für ein Meeting von zwei Stunden braucht es Lunch oder Frühstück. Wenn ich zu einem Meeting einlade, dass vor 10h startet und dann bis 13h geht, erwarten die Leute Frühstück und Mittagessen und selbstverständlich noch eine Transportpauschale, die die Transportkosten übersteigt. Es ist also echt jedes Mal eine Kostenfrage, solche Meetings zu organisieren, da alleine für Essen und Getränke und die Transportpauschale super viel Geld draufgeht. Das aber nur am Rande. Aber das ist ein Grund, weshalb wir keine monatlichen Meetings mit den School Nature Clubs abhalten können oder auch warum wir nicht zu Meetings mit Partnerorganisationen in einem regelmäßigen Turnus einladen können, weil schlicht und ergreifend, das Geld fehlt für die Verpflegung und aber alle erwarten, dass es Verpflegung und Transport-Refund gibt…

Auf Shopping Tour in Lumley

Bevor es für uns ans Verteilen der Setzlinge ging, haben wir noch Schaufeln, Haken und Pickel gekauft, um den Schulen auch die nötigen Gerätschaften zur Verfügung zu stellen, die sie fürs Baumpflanzen brauchen würden.

Da ich mich vor ein paar Wochen entschieden habe, mich nicht mehr so sehr auf das zu fokussieren, was hier anstrengend ist und schwierig läuft, erspare ich euch und mir, die ganze Geschichte zum Thema Budgetierung, Budget-Anpassung, Planung der Baumverteilung usw. Am Ende hat ja alles geklappt 😉

Verteilung der kleinen Bäumchen auf der Peninsula

Am Donnerstag und Freitag vor dem WED haben wir die Setzlinge abgeholt und sie an die insgesamt 14 Schulen verteilt, die bei der Aktion mitmachen würden. Die meisten Direktoren und Direktorinnen waren wirklich hocherfreut, als wir mit den Bäumchen ankamen. Anscheinend hatten sie nicht so ganz daran geglaubt, dass wir echt kommen und Bäume bringen würden. Es hat sehr gut getan zu sehen, dass unsere Arbeit einen direkten Einfluss haben kann. Einerseits geht es uns natürlich um den Bildungsaspekt mit den Schülerinnen und Schülern, dass sie eine Verbindung zur Natur aufbauen, selbst die Bäume pflanzen und lernen, weshalb Bäume so wichtig für uns und unser Überleben sind. Aber zugleich können die Bäume auch auf den Schulgrundstücken als Windbreaker und Schattenspender sehr, sehr nützlich sein.

Baumpflanzaktionen in den Schulen

Am Montag und Dienstag nach dem WED wurden die Bäume dann gepflanzt. Wir haben super viele Fotos und kleine Videos aus den Schulen bekommen, die ich hier mit euch teile. Jetzt gilt es nur zu hoffen, dass die Bäume auch wachsen werden und in ein paar Jahren noch da sind. Wir haben dafür extra notiert, wie viele Bäume jede Schule bekommen hat und werden das mit den School Nature Clubs monitoren. Insgesamt haben wir über 700 Bäume in den 14 Schulen gepflanzt. Weitere 600 pflanzen wir noch bis Ende Juni in der Tumbu Community.

Nachhaltigkeit der Aufforstung

Das Hauptproblem mit Baumpflanzaktionen ist, dass sie oft nicht nachhaltig sind. Es gibt ein großes Programm „Freetown the Treetown“ (transformfreetown.org), das gefördert von der Weltbank und durchgeführt durch das Freetown City Council zusammen mit zwei lokalen NGOs das Ziel hat, insgesamt 1 Million Bäume in Freetown und Umgebung zu pflanzen, bis Ende 2021. Das Ziel wurde unter anderem wegen Covid noch nicht erreicht. Die Aktion läuft aber noch. Sie startete als Reaktion auf den furchtbaren Erdrutsch, der 2017 über tausend Leben gekostet hat. Der Kollege von der EFA (Environmental Foundation for Africa), die die Baumpflanzaktionen implementieren, hat bei einem meeting berichtet, dass von 100.000 im letzten Quartal 2021 gepflanzten Bäumen, noch 40.000 leben. Die anderen wurden wieder entfernt. Deshalb versuchen sie jetzt die Bäume eng zu monitoren. Andere Partner berichten, dass sie Gegenden aufforsten, abgesprochen mit dem City Council, und dann ein paar Monate später genau dort eine Straße gebaut wird oder die Bäume aus anderen Gründen wieder entwurzelt werden. Es ist eine wahre Sisyphus-Arbeit. Eine große Herausforderung bei der Reforestation ist, dass die Regierungsbehörden, die eigentlich für den Schutz des Waldes und der Bäume zuständig sind, ihre Aufgaben nicht wirklich erfüllen (können). Das ist auch einer der Gründe, weshalb wir die Kampagne für den Wald gestartet haben. Darüber berichte ich aber ein anderes Mal mehr.

Und was mache ich da eigentlich die ganze Zeit?

Was genau ist mein Part bei der ganzen Sache? Es fängt damit an, dass ich mir überlege, was wir machen könnten am World Environment Day. Wie oben schon geschrieben, wird sonst ein Standardprogramm abgespuhlt, das meines Erachtens nicht wirklich viel Impact hat und nicht wirklich nachhaltig ist. Ich überlege mir also ein Konzept und Aktionen, was wir machen könnten. Das bespreche ich dann in unserem kleinen Team mit Mariama und Abdul, weil ich oft nicht einschätzen kann, was wirklich machbar ist und wie viel Aufwand was ist. Wenn wir uns zu dritt einig sind, was wir machen wollen, dann schreibe ich ein Konzept und ich muss ein Budget erstellen. Das kann etwas aufwändig sein. Vor allem, weil manchmal kurzfristig dann noch neue Hinweise kommen, was auch noch bedacht werden müsste. Das Budget für den WED habe ich so oft anpassen müssen, ich habe aufgehört zu zählen. Für das Budget müssen wir herumfahren und Angebote einholen, für Schaufeln, Haken, die Setzlinge usw. Wenn die Angebote nicht gestempelt sind, gibt es noch extra hin-und-her. Wenn dann auf einmal jemand kommt und sagt, „oh, ihr müsst auch noch Vorstandsmitglieder einladen und deren Transport refund mitbedenken“, dann bedeutet das, dass wir weniger Geld für alles andere haben und also neue Angebote einholen müssen, weil wir die Anzahl der Gegenstände und Setzlinge reduzieren müssen. Meine Hauptaufgabe ist es unter anderem, immer wieder nachzufragen und meine colleagues immer wieder am Ball zu halten. Wenn dann das Budget endlich final abgestimmt und eingereicht ist, kann es immer noch passieren, dass mein Chef noch Änderungswünsche hat. Dann muss man nochmal anpassen. Dann kann endlich der Scheck ausgestellt werden. Dieser muss aber von meinem Chef und dem Präsidenten unseres Vorstandes unterschrieben werden. Das kann auch ein paar Tage dauern. In dieser Zeit gehört es zu meinen Hauptaufgaben, immer wieder nachzufragen, ob der Scheck denn nun schon fertig sei. Wenn er dann endlich wirklich fertig unterschrieben ist, dann kann ich zur Bank fahren, um das Geld abzuholen.  Dafür muss ich entweder in die Innenstadt fahren oder nach Lumley. Also so 30 – 60 min Fahrzeit einfach, je nach Verkehr und dann nochmal so eine Stunde Wartezeit in der Bank, bis ich das Geld dann habe. Und schon kann ich mit meinen Millionen in schwarzen Plastiktüten aus der Bank schlendern.

Wenn ich das Geld erstmal habe, dann sind die größten Hindernisse schon genommen. Dann geht es nur noch um die Umsetzung. Das ist dann ein Klacks. Es ist nur wichtig, nicht zu vergessen, alle Leute auf den entsprechenden Listen unterschreiben zu lassen, weil diese für die Abrechnung wieder gebraucht werden.

Es ist ein bisschen Schade, dass alles immer so langwierig und anstrengend ist. Das verzögert die Arbeit manchmal ungemein. Vor allem, wenn die Finanzkollegin ihre Emails nicht checkt, obwohl ich gesagt habe, ich habe ihr einen request geschickt und dann die Leute nicht greifbar sind, die die Schecks unterschreiben müssen. Aber what to do…

Nach den Aktivitäten warten natürlich noch der Bericht und die Abrechnung mit den ganzen Quittungen, die ich einreichen muss. Außerdem poste ich über die Aktionen auf Facebook, schreibe einen Artikel für die Website und auch noch für den Newsletter. Ihr seht also, gerade ziemlich viel Output auf meiner Seite. Meine Kolleginnen und Kollegen sind wahrscheinlich auch schon leicht genervt von mir zur Zeit.

Endlich Strom und milder Typhus

Natürlich ist noch so einiges anderes Spannendes passiert. Ich habe nun tatsächlich meine Batterien installiert, so dass ich jetzt immer Strom habe, wenn ich möchte. Das ist unglaublich toll. Die Batterien sind nicht stark genug für den Wasserkocher, den Pürierstab oder eine Waschmaschine, aber sie sind ausreichend für Licht, Rooter, Kühlschrank und Laptop. Ich wusste gar nicht mehr, wie toll es ist, wenn ich einfach immer Strom haben kann, wenn ich möchte! Da mein Vermieter meinte, das Dach muss erst erneuert werden, bevor ich Solarzellen daraufinstalliere, habe ich mir schon einmal die Batterien und den Inverter geholt. Diese speise ich jetzt mit Strom „aus der Steckdose“ und wenn dann kein Strom da ist, lege ich den Schalter um und die Batterien versorgen mich mit Strom, wie riesige Powerbanks.

Außerdem ist die Regenzeit da. Das will ich euch auch nicht vorenthalten. Das kann wirklich dramatisch aussehen, wenn die Regenwand herbeikommt, und nicht minder dramatisch, wenn der Sturm um das Haus pfeift. Vor allem ist es megalaut. Ich kann weder telefonieren noch Film schauen, weil ich nichts verstehe. Aber dafür ist es angenehm kühl zur Zeit. Heute Nacht habe ich sogar mit Decke geschlafen 🙂

Und dann habe ich heute noch eine kleine neue Erfahrung, die ich mit euch teilen kann. Endlich hat es mich erwischt und ich musste nach über einem Jahr endlich mal ins Krankenhaus. Am Dienstag habe ich mich super müde und schlapp gefühlt, Gliederschmerzen, Erkältungssymptome. Alles auch Symptome von Malaria und Typhus. Also bin ich lieber mal ins Krankenhaus zum Testen. Ich weiß ja, wie das ausgehen kann, wenn man nicht rechtzeitig mit der Behandlung anfängt: dann wird man stationär aufgenommen und bekommt einen Zugang gelegt. Mein absoluter Horror! Aber: happy me: kein Malaria, nur ein bisschen Typhus. Ich bin deshalb gerade auch zuhause und nicht im Büro und merke, dass ich tatsächlich nicht wirklich fit bin. Deshalb ist mein Artikel heute auch etwas lahm und nicht so spritzig-witzig wie sonst 😉 Aber ich dachte, wenn ich jetzt nichts über den World Environment Day schreibe, dann wird das nichts mehr. Am Montag geht es hoffentlich nach Tiwai. Zumindest falls es nicht so weiterregnet und die Straßen und der Fluss passierbar sind. Und danach habe ich bestimmt anderes zu berichten.

Ich hoffe, euch geht es allen gut und ihr genießt euer Wochenende! Zum Abschluss noch eine meiner Inseln von meinem letzten Wochenende: