Monat: Oktober 2021

Aw de Alltag?

In den letzten Wochen wurden mir viele Fragen gestellt zu meinem Alltag hier. Wie ich wohne, wie das eigentlich so mit Ausgehen abends ist, was ich am schönsten finde und was ich am schwierigsten finde, all solche Sachen. Deshalb möchte ich heute versuchen, euch ein paar Einblicke in meinen Alltag zu geben.

Morgens wenn die Hähne krähen und die Krähen schreien

Normalerweise wache ich spätestens gegen sieben auf. Davor bin ich vielleicht auch schon einmal aufgewacht, weil es wieder einmal einen Hundefight des Nächtens auf der Straße gab – begleitet von lautem Heulen und Kläffen. Gegen halb sechs/ sechs erwacht mein Viertel zum Leben. Ich höre die Kinder, ich höre, wie Wasser in Eimern gesammelt wird, die Unterhaltungen auf der Straße und die ersten Straßenverkäufer mit ihren Megaphonen, die das immer gleiche in blecherner Stimme verkünden. Aber all diese Geräusche können mich so früh noch nicht aus dem Bett locken. Ich stehe erst zwischen sieben und halb acht auf. Dann schäle ich mich elegant unter meinem Moskitonetz hervor und gehe erstmal Duschen.

Ist Strom da, schalte ich direkt mal den Wasserkocher an für mein erstes Käffchen – ist mal wieder kein Strom da, wird die Espressokanne auf den Gasherd gesetzt oder eben Wasser im Topf erhitzt. Je nach Lust und Laune und davon abhängig, was es so an Essensvorräten gerade in der Wohnung gibt, mach ich dann meinen Obstsalat oder schlappe die drei Stockwerke nach unten, um mir im Laden gegenüber Brot oder direkt Brot mit Rührei und scharfer Soße zum Frühstück zu kaufen. Dem Ladem seht ihr auf dem einen Foto weiter unten. Dann geht es wieder nach oben – Morgensport wäre damit dann auch schon abgehakt. Dann muss ich nur noch meinen Kaffee trinken und mein Frühstück genießen, blicke von meinem Balkon aus auf´s Meer und warte darauf, dass Sinneh mich gegen viertel vor neun abholt.

Sinneh sitzt dann meistens gegenüber vor dem Shop, wo ich sonst mein Bier kaufe, da steht morgens ein Bänkchen, auf dem er wartet, bis ich runterkomme. Abends steht das gleiche Bänkchen dann vor meinem Tor (weil dort dann Schatten ist) und ich muss die Herren, die darauf sitzen aufscheuchen, um in meine Einfahrt fahren zu können.

Und Arbeit so?

Viele haben in den letzten Wochen auch gefragt, was ich mache und wo ich arbeite und auch mit wem. Treue Leserinnen und Leser wissen das natürlich alles schon längst. Aber hier nochmal kurz zusammengefasst: Ich arbeite bei einer Sierra Leonischen Umweltschutzorganisation, der Conservation Society of Sierra Leone (cs-sl.org). Ich unterstütze im Bereich Kommunikation und Advocacy (sowas wie Lobbying für andere). Ich bin die einzige europäische Person in meiner Organisation. Neben meinem eigentlichen Auftrag – Internetseite überarbeiten, Kommunikationsstrategie entwickeln, Kommunikationsprodukte überarbeiten und neue entwerfen (also alles Sachen, die ich in meinen Jobs in Deutschland auch gemacht habe), kommt hier noch ein bisschen IT-Unterstützung für die Kolleginnen und Kollegen dazu.

Normalerweise bin ich nine to five im Büro. Ab und an gibt es aber auch Aktionen, Events oder so etwas wie Aufklärungstrips in unsere Projektgegenden zum Beispiel in der Nähe des Gola Rainforest (Der Tanz mit dem Teufel) oder der Tagestrip zur Wildlife Week.

Ich wurde auch gefragt, wie die Leute in den Dörfern das aufnehmen, wenn ich ankomme und sage, was sie tun oder nicht tun dürfen. Da muss ich euch nun enttäuschen. Ich erzähle hier niemandem, was er zu tun oder zu lassen hat. Ich unterstütze „nur“ in der Kommunikation und gebe da meinen Input. Aber es sind meine Kolleginnen und Kollegen, die die Inhalte einbringen. Die meisten sind nämlich im Gegensatz zu mir Expertinnen und Experten auf dem Gebiet Biodiversität und Conservation.

Habe ich einen normalen Tag im Büro, gibt es mittags entweder lecker Mittagessen aus der Tupperdose von zuhause oder ich gönn mir mein Brot mit Ei und Mayonnaise (ich liebe und feiere unseren Brotmann, der jeden Mittag kommt, weil er schon seit Wochen weiß, dass ich mein Brot nicht in einer Plastiktüte haben möchte). Manchmal bestelle ich auch bei dem Restaurant in der Nähe entweder ein Schwarma (so eine Art Wrap) oder African Dish.

Was gibt es da zu Essen?

Das bringt uns schon zur nächsten Frage. Was gibt es da zu Essen? Was esse ich hier eigentlich die ganze Zeit? Das hängt sehr stark davon ab, wie viel Energie und Ambitionen ich habe. Ich kann mich schön gesund ernähren mit vielen frischen Früchten, Gemüse und Salat, oder ich gehe oft essen und kaufe auch mein Mittagessen in dem kleinen Restaurant in der Nähe vom Büro, dann gibt es eher viel Pommes, Reis mit Fisch oder Chicken oder mit spinatähnlicher Soße in der ebenfalls etwas Fisch und manchmal auch Fleisch ist. Die spinatähnliche Soße gibt es in verschiedenen Versionen: Casava-Leave (Casava ist eine Wurzel, die man auch essen kann), Potatoe-leave (hier sind die Blätter von Süßkartoffeln gemeint. Potatoe sind immer Süßkartoffeln, unsere Kartoffeln heißen hier Irish Potatoe) oder Krin-Krin (das ist eine eigene Pflanze über die ich noch nicht mehr herausfinden konnte). Die Blättern werden sehr kleine geschnitten und dann noch im großen Mörser zerstampft. Sie werden mit Zwiebeln, manchmal Erdnußpaste und auf jeden Fall mit Chillies gekocht. Oftmals sind auch Fischstücke mit drin und man bekommt meist noch einen halben Fisch oder einen ganzen Fisch mit in die Schüssel, wenn man es im Restaurant bestellt. Ganz generell gibt es relativ viel Fisch, klar, weil wir direkt am Meer sind. Und als Fleisch hauptsächlich Chicken. In Freetown gibt auch einige libanesische Restaurants, die sehr gut sind, aber auch etwas teurer und es gibt eine echte italienische Pizzeria mit Pizza aus dem Holzofen. Bei mir zuhause gibt es natürlich auch öfter Nudeln mit Soße. Klassiker.

Absolute Luxusprodukte sind alle Milchprodukte. Es gibt keine Milchkühe hier, so dass Milch, Käse, Butter und Co importiert werden. Ein Liter Tetrapack-Milch für 2€ ist absolut bezahlbar für mich, aber ein kleines Stück Emmentaler oder Gauda für 15€? Da hört die Freundschaft auf. Von Butter habe ich mich schon entwöhnt. Aber auf meine Milch im Kaffee möchte ich nicht verzichten. Der einzige „Käse“, der noch auf meinem Frühstückstisch ist, ist in kleine Portionen abgepackter Streichkäse. Den gibt es nämlich auch an den kleinen Kiosken und es stört ihn nicht, wenn die Kühlkette unterbrochen wird 😉

Was hält der Feierabend so bereit?

Nach der Arbeit geht es manchmal noch kurz zum Supermarkt, wo ich mich hauptsächlich mit Kaffee und Milch eindecke. Alles andere bekomme ich auch auf der Straße oder in den kleinen Läden, wie denen in meiner Straße. Für Obst und Gemüse gehe ich meistens zum Strand runter. Da sind Obst und Gemüse zwar nicht am günstigsten, aber ich kann es mit einem kleinen Spaziergang verbinden. Und dann kommt es darauf an, ob ich vollkommen müde und erschlagen bin und einfach nur zuhause bleibe, ein Buch lese, einen Film anschaue oder früh ins Bett gehe. Oder ob ich mich noch auf ein Sundowner Bierchen mit jemandem treffe. Manchmal – so wie heute – sitze ich auch einfach auf meinem Balkon, meine Lichterkette leuchtet und unten von der Straße tönt Musik, Unterhaltungen und gelegentliches Hupen zu mir hinauf. Donnerstags geht es nach der Arbeit immer direkt in die Kletterhalle. Es ist eine kleine Klettercommunity hier, so dass man sich eigentlich kennt. Nach dem Klettern kommt Abdul manchmal mit zu mir und wir holen uns unterwegs noch Essen an meinem mittlerweile favorite Fastfood Restaurant, wo es chicken und fish mit rice oder chips gibt zu super Preisen. Dann genießen wir unser Abendessen bei mir am Balkon und ich freue mich auf mein wohlverdientes Radler (das muss ich natürlich selbst zusammenmischen).

Partyycrew gefunden?

Einige erinnern sich vielleicht, dass ich ja noch auf der Suche nach einer Partycrew war. Nun, ich bin in der Expat-Community angekommen und ich muss sagen, die Irish crew ist immer für drinks und party zu haben. Seitdem die Ausgangssperre vor ein paar Wochen aufgehoben wurde, sind meine Freitagnächte auf jeden kürzer und meine Samstage dafür umso fauler.

Kannst du da abends um die Häuser ziehen?

Um die Häuser ziehen kann ich nicht direkt, nicht so, wie ich es in Nürnberg machen würde. Hier trifft man sich eher mit ein paar Leute in einer Location und fährt dann mit Taxi oder Keke weiter zur nächsten. Einerseits sind die Location nicht so nah aneinander und andererseits ist es dort, wo sie nah beieinander sind – auf der Beach Road – nicht so sicher in der Nacht. Ich habe allerdings auch direkt bei mir in absoluter Nähe zu meiner Wohnung einen Nachtclub und auch ein kleines Restaurant, von wo aus ich auch heimlaufen kann.

Und am Wochenende dann an den Strand?

Ich muss zugeben – ja, ganz viel ist hier auch Klischee. Unter der Woche schön anstrengend arbeiten und dann am Wochenende Party-on und chillen am Strand. Auch für dieses Wochenende wurde ich schon eingeladen, weil eine Expat-Crew von Freitag bis Sonntag an den Strand fährt und dort das Wochenende verbringt. Manchmal fahre ich da mit. Dieses Wochenende nicht. Manchmal mach ich auch einen entspannten und mach am Samstag schön meinen Haushalt und chille dann am Sonntag an meinem Lieblingsplatz am Stadtstrand und schau den Fußballspielern zu oder fahre am Nachmittag zum Cockle Point Beach. Das ist der Plan für diesen Sonntag. Deshalb für euch im Herbst, ein paar Strandbilder von meinen Wochenenden hier:

Was ist das Schönste und was ist das Schwierigste für mich?

Das ist ganz einfach zu beantworten. Das Schwierigste bzw. Nervigste für mich war in den letzten Wochen, dass wir oft keinen Strom hatten bei mir in der Straße. Ich sehe von meinem Balkon aus, dass die ganze Stadt die Hügel in ein wunderschönes Lichtermeer verwandelt, aber meine Straße ist dunkel, bis auf die Häuser, die ihren Generator angeschmissen haben. Und da sind wir schon bei meinem Hauptproblem hier. Wie zu erwarten war, sind es die Generatoren oder besser gesagt, ihr Geräusch. Leider bin ich sehr empfindlich was monotone Motorengeräusche angeht. Angefangen bei der Dunstabzugshaube, über den Staubsauger bis hin zur Klimaanlage des Nachbarn oder noch schlimmer ihrer Generatoren. Aber gut – das wird ganz offensichtlich meine persönliche Challenge hier werden. Ruhig atmen und die Generatorengeräusche im Geiste umarmen.

Und das Beste oder Schönste hier? Ich finde es schlicht und ergreifen sehr gut, dass ich bei einer Umweltschutzorganisation arbeite und hoffentlich durch meine Arbeit die Folgen des Klimawandels abgeschwächt werden können und wir es schaffen, wichtige Lebensräume zu erhalten, Arten zu schützen und die Lebensgrundlage der Menschen nachhaltig zu sichern.

Und natürlich ist auch der Blick von meinem Balkon rüber aufs Meer sehr schön und die vielen Begegnungen mit sehr freundlichen und offenen Menschen.

Hast du das Gefühl, dass deine Arbeit wirkt, dass du Sinnvolles mit deiner Arbeit erreichst oder alles wieder ist wie davor, wenn du weggehst?

Diese Frage habe ich zunächst immer ernsthaft beantwortet, bis mir dann eines Morgens im Bett klar wurde, dass mir zuvor noch nie jemand solche Fragen gestellt hat. Deshalb werde ich künftig immer mit Gegenfragen antworten: Und bei dir so? Hast du das Gefühl, deine Arbeit ist sinnvoll? Weshalb wird an meine Arbeit hier eine andere Erwartung gerichtet als an die Arbeit, die ich in Deutschland gemacht habe? Wieso muss auf einmal alles sinnvoll und nachhaltig sein, was ich mache und früher war es egal? Sollten wir nicht alle Sinnvolles und Nachhaltiges machen, so dass sich die Frage erübrigt?

Wie wohnst du?

Ich wohne in einer großen Wohnung in einer ganz netten Wohngegend. Es ist etwas lauter als ich das von meinen letzten Wochen in Moorenbrunn gewohnt war. Es ist immer etwas los auf der Straße, weil die Leute gegenüber vor dem kleinen Kiosk abhängen, wo immer Musik läuft und lebhafte Gespräche geführt werden. Ich bin langsam fertig eingerichtet, nur Vorhänge fehlen noch im Wohn-Esszimmer. Aber meine ersten Tomaten sind reif und ich habe meine Stammläden, in denen ich einkaufe. Ich habe einerseits Blick aufs Meer und gleichzeitig Blick auf die Hügel Freetowns. Kaum vermeidbar im dritten Stock. Die Gegend ist eine normale Wohngegend, nicht die schlechteste aber auch nicht die allerbeste. Eine ganz angenehme Mischung. Ich laufe nur 10-15 Minuten ans Meer und habe auch einen guten Anschluss an die „Öffis“. Die Öffis, das sind hier einerseits Minibusse, die aber nur sehr selten unterwegs sind. Die Fortbewegung findet hauptsächlich mit den Kekes oder Motorradtaxis statt.

Unten mal ein paar Eindrücke von der Wohnung, Balkon-Impressionen und der Blick in die Nachbarschaft:

Wie bewegst du dich fort?

Mein Fortbewegungsmittel ist etwas abhängig davon, was ich so mache. Zur Arbeit fahre ich immer mit meinem Auto, einem Landcruiser. Wenn ich am Wochenende an den Strand fahre oder abends zum Klettern gehe, mache ich das auch mit meinem Auto. Wenn ich sonst abends unterwegs bin und etwas trinken möchte, dann nehme ich normalerweise ein Keke oder wenn ich mich mit Freunden treffe, die in der Nähe wohnen, gehe ich auch sehr gerne zu Fuß, einfach um ein bisschen Bewegung zu haben.

Auf den Fotos sehr ihr mein Auto und Sulay, einen der beiden Keke-Fahrer meines Vertrauens.

Und kann man dich besuchen?

Ganz klare Antwort: Ja. Falls ich euch von der Fähre abholen soll, einfach kurz vorher Bescheid geben 😉

Das ist nun mal der erste Schwung Antworten auf Fragen, die immer wieder kommen. Wer mehr Fragen hat, immer her damit!

Wildlife Week and Deforestation

Wie jedes Jahr feiert CSSL auch dieses Jahr die Wildlife Week. Die Zielgruppe der Aktionen während der Wildlife Week sind hauptsächlich junge Menschen, aber auch unser weiteres Publikum aus Partnern, Community Members und Vertreterinnen und Vertretern aus der Politik.

Das diesjährige Motto lautet: Forest and Livelihoods – sustaining people and plant. Ein perfektes Motto, um auf die Folgen der Deforestation auf die Lebensgrundlage der Menschen aufmerksam zu machen. Wie immer, war die Planung für mich interessant zu beobachten. Die Agenda für die Woche wurde mehrmals geändert und angepasst, so dass wir nun final die meisten Aktivitäten an drei Tagen hatten. Die Wildlife Week findet dieses Jahr vom 2. bis zum 8. Oktober statt – sie findet immer in der ersten Oktoberwoche statt.

Deforestation erleben

Generell ist es Teil des Konzeptes der Wildlife Week, junge Menschen mit der Natur und mit Wildlife in Berührung zu bringen. Dieses Jahr haben wir uns dafür entschieden, diese Experience in Big Water stattfinden zu lassen. Big Water ist ein Ort auf der Peninsula, in dem wir gerade dabei sind eine Ecolodge zu bauen und zu eröffnen. Als CSSL angefangen hatte, die Ecolodge zu errichten, war sie noch mitten im Wald. Nun ist sie eher am Waldrand, weil außenherum die Deforestation mit unglaublicher Geschwindigkeit fortgeschritten ist. Durch unsere Arbeit mit der Community von Big Water, wird aber anscheinend nicht mehr weiter abgeholzt, sondern nur noch die schon abgeholzten Bäume verarbeitet und abtransportiert. Teilweise wurde auch schon mit Reforestation begonnen – zum Beispiel an unserem World Environment Day.

Das Spannende daran, dass die Ecolodge nun am Waldrand liegt, ist, dass man direkt den Unterschied zwischen abgewaldeten Gebieten und Wald spürt und erleben kann. Aus Bildungs- und Awarnessperspektive nicht ganz schlecht. Fahrzeuge können nicht bis zur Ecolodge fahren. Die letzten 500m muss man zu Fuß auf einem Trampelpfad begehen. Die Autos bleiben direkt an der Stelle stehen, an der sich die Holzstapel befinden und auf den Weitertransport warten. Dann geht es wie gesagt zu Fuß weiter. Der Fluss plätschert zwar schon fröhlich neben einem her, aber die Sonne und die Hitze sind erbarmungslos. In diesem Bereich wurden zwar schon wieder ein paar Setzlinge gepflanzt, aber sie sind noch sehr klein, so dass man noch nicht von Wald sprechen kann, eher von ein bisschen Buschwerk.

Je näher man der Ecolodge kommt, umso dichter wird das Buschwerk und es gibt auch wieder echte Bäume. Die Lodge selbst ist dann wie ein kleines Paradies. Baumschatten, frische Luft, der Fluss plätschert und die Vögel zwitschern. Auf dem gegenüberliegenden Hang sieht man zwar noch abgeholzte Bäume, aber hauptsächlich sieht und fühlt man den Wald. Wundervoll.

Frische Luft, angenehme Temperaturen und Wasser…

… das sind ein paar der Benefits, die uns der Wald bietet. Alles Dinge, die wir zum Überleben brauchen und die Natur schenkt sie uns einfach so – solange wir sie nicht zerstören.

Am Montag haben wir im Rahmen der Wildlife Week einen Ausflug mit allen CSSL Mitarbeitenden aus Freetown nach Big Water gemacht. Einige Kolleginnen und Kollegen arbeiten ja immer im Büro und kommen selten raus. Auf den Fotos seht ihr uns auf dem Weg zur Ecolodge und dann sind wir aufgebrochen Richtung „monument site“. Was sich dahinter verbirgt, werde ich wohl erst bei meinem nächsten Besuch erfahren. Die Flussdurchquerung haben alle noch mit Lachen und Freude mitgemacht, den ersten Anstieg entlang an den gerodeten Flächen auch noch, aber als es dann immer weiter bergauf ging, mussten wir irgendwann abbrechen. Irgendwie nehmen einen die Leute hier immer nicht ernst, wenn man sagt, man geht wandern. Kennt man hier nicht. War aber nicht meine Idee! Auf jeden Fall ging es dann erst einmal wieder zurück. Die Begründung war, dass ein paar Kolleginnen und Kollegen für die Radio Diskussion am Abend im Rahmen der Wildlife Week rechtzeitig zurück in Freetown sein mussten.

An einer Stelle im Wald, muss man rennen. Dort queren Ameisen den Weg. Große schwarze Ameisen. Wenn man zu langsam ist, greifen sie an und krabbeln sofort an den Beinen hoch. Also mussten alle diese fünf Meter rennend überwinden. Wat ein Spaß!

Die Fotos sind eine bunte Mischung aus Ausflugsfotos, Deforestation und Natur. Da wir alle immer unsere CSSL-Ranger-Westen tragen, sieht es ziemlich witzig aus, wenn wir im Trupp unterwegs sind.
Alle, die mich besuchen kommen, können Big Water schon mal auf ihre Liste setzen. Da gehen wir auf jeden Fall hin!

Am Dienstag stand dann der Ausflug nach Big Water mit Kindern aus den School Nature Clubs, unseren Vorstandsmitgliedern, geladener Presse und Partnerorganisationen an. Ich bin nicht mit im Partybus gefahren, weil ich seit einer Woche etwas kränkle und außerdem das Essen abholen und mitbringen musste. Somit habe ich erst im Nachhinein davon erfahren, dass der Bus nicht um 7:30h am Treffpunkt gestartet ist, sondern erst so gegen 9 und dann auch noch einen Breakdown auf der Strecke hatte. Ich dachte schon, wir wären spät dran, aber weit gefehlt. Der Hauptteil der Teilnehmenden kam erst nach eins in Big Water an.

Herausforderungen und Hoffnungen

Die Wartezeit habe ich damit verbracht, die Arbeiten an der Ecolodge zu beobachten und es gab schon eine Gesprächsrunde mit den Vertreterinnen und Vertretern der Community – die waren pünktlich da. Der Sprecher hat sehr klar die Herausforderungen thematisiert. Wie immer habe ich nicht jedes Wort verstanden, da die Diskussion in Krio war, aber die Hauptpunkte habe ich mitbekommen. Die Probleme sind immer die gleichen: die Menschen leben davon, dass sie Holzkohle herstellen und diese verkaufen; dass die Regierung die Gesetze zum Schutz des Waldes nicht wirklich umsetzt; und im Falle von Big Water, dass auch Menschen von anderen Communities kommen und die Bäume fällen. Das ist ein Unterschied zu den Communities in der Nähe des Gola Nationalparks.

Die Community Mitglieder sind wohl auch etwas enttäuscht, weil sich das mit der Ecolodge so ewig hinzieht. Hier müssen wir anscheinend noch ein bisschen am Erwartungsmanagement arbeiten. Aber der Wille ist da, das Verständnis, weshalb der Wald wichtig ist auch, aber am Ende fragen alle immer nach den direkten, kurzfristigen (finanziellen) benefits. Was erzähle ich euch… Die Wahlergebnisse der Bundestagswahl zeigen ja, wie sehr sich Menschen in Deutschland für die Zukunft des Planeten und für unser aller Zukunft einsetzen wollen.

Reden, Reden und nochmals Reden

Dann kam tatsächlich noch der Bus an und mit ihm die Schulkinder, ihre Lehrkräfte und die weiteren Teilnehmenden. Dann folgten die Reden, die nie fehlen dürfen. Erst einmal ein bis zwei Reden zur Wildlife Week, dann der Direktor von CSSL, dann der Community Chief, dann nochmal CSSL Mitarbeiter, dann Vorstandsmitglieder, dann der Vertreter der Forestry Division vom Landwirtschaftsministerium, dann Community Leute, dann der Präsident des CSSL Vorstands, dann unsere Biodiversity Officer mit ein bisschen Information und Input zu Wildlife in Sierra Leone.

Die Späteren hatten natürlich die schwierige Aufgabe noch irgendetwas Neues zu sagen, da sich ja alle einig sind. Wir müssen die Wälder schützen, wir müssen die Tiere schützen, wir müssen etwas gegen den Klimawandel tun und die Natur ist unsere Freundin. Die Hauptbotschaft von allen war, dass der Wald uns alles Wichtige zum Leben bietet und wir ohne Wald nicht leben können. Die Schülerinnen und Schüler haben die Aufgabe, all diese Informationen und ihr neues Wissen in den kommenden Tagen bei den Schulversammlungen vorzutragen und so unsere Botschaft an ihre Mitschülerinnen und Mitschüler weiterzugeben. (Hinweis: es gibt hier normalerweise an den Schulen morgens immer eine Assembly. Ich kenne das bisher schon aus anderen Ländern. Morgen werde ich bei meiner ersten Schul-Assembly in Salone teilnehmen. Bin schon gespannt.)

Mit den Best of the 60s der Sonne entgegen

Und dann war auch schon wieder ein anstrengender Tag fast zu Ende. Nach dem Essen habe ich mich mit meinem Fahrer auf den Rückweg nach Freetown gemacht. Seit knapp zwei Wochen sind wir nicht mehr auf das unzuverlässige Radionetz angewiesen. Ich habe bei einem Freund ein paar CDs gefunden, die anscheinend schon vor ihm in seiner Wohnung waren. So dass Sinneh – so heißt mein Fahrer übrigens – und ich nun immer zum besten Sound der 60er Jahre durch Freetown und die Peninsula cruisen. Es sind insgesamt vier CDs und wir haben unsere Lieblings-CD heute gekürt. So fahren wir dann im Abendlicht der Sonne über die roten Straßen am Meer entlang und singen beide bei unseren Lieblingsliedern mit.

Leider war der Abend dann noch nicht ganz zu Ende. Ich habe mich tatsächlich noch zum Abspülen aufgerafft. Ich habe mich schon seit ein paar Tagen gefragt, warum es so komisch riecht in der Küche. Ich dachte, es liegt an der Wasserleitung. Leider habe ich gestern festgestellt, es liegt daran, dass der Abfluss undicht ist und sich das leckere Spülwasser in meinen Unterschränken sammelt. Leider sind die so gemauert, dass nur sehr kleine Menschen unter sie kriechen können, um das zu säubern. Ich warte nun schon seit 1,5 Stunden auf den Hausverwalter und den Klempner, bin extra früher aus der Arbeit heim. Aber anscheinend schaffen die es nicht rechtzeitig. Ich bin heute nämlich noch für ein Sundowner Bier verabredet, das ich mir nicht entgehen lassen kann. Meine kleinen Entspannungsfenster sind zu wertvoll. Die kann ich nicht opfern – auch nicht für einen reparierten Abfluss…

Experience Sharing

Nachdem gestern Abend kein Strom und damit auch kein Internet da war, poste ich den Artikel erst heute. Dafür bekommt ihr jetzt auch noch ganz frisch Fotos von der Schulversammlung. Wie an vielen Schulen in afrikanischen Ländern und auch in Indien ist es üblich, dass sich morgens alle Schüler und Schülerinnen in Reihen aufstellen. Es gibt – je nach Land und Schule – normalerweise ein Gebet, Lieder, eine Ansprache von einer Lehrkraft, manchmal auch einen extra Input, so wie heute von uns, und dann manchmal noch ein paar Worte des Direktors oder der Direktorin. Anschließend wird die Nationalhymne gesungen und die Flagge währenddessen gehiesst.

Wir durften heute vor den Jungs etwas über Conservation und Wildlife erzählen und die drei Mitschüler, die mit uns am Dienstag in Big Water waren, haben ihr Wissen vermittelt. Es war wirklich sehr gut. Hauptbotschaft: Wald beschützen – der Wald gibt uns frische Luft, sauberes Wasser, Medizin, Essen und sogenannte „non-timber-products“.

Jetzt muss ich schnell los. Wir haben noch quaterly CPS-Meeting.

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