Monat: Mai 2021

Ein Arbeitsstart mit Hindernissen

In meinem letzten Beitrag hatte ich versprochen, jetzt kommen endlich ein paar Eindrücke aus der Arbeit. In den letzten Tagen hat sich allerdings wieder ein trennendes Element aufgetan, dass mich von meinem Büro und den Kolleginnen und den Kollegen fernhält. Aber nicht zu viel Spoiler an dieser Stelle. Ein Arbeitsstart mit Hindernissen – die Überschrift gibt ja schon einen kleinen Hint, auf das was kommen wird.

Erste Woche Quarantäne im Hotel

Angefangen hat alles mit meiner ersten Woche Quarantäne im Hotel. Ehrlich gesagt, war ich sehr dankbar, dass ich nicht direkt am ersten Montagmorgen im Büro erwartet wurde, sondern erst einmal etwas Zeit hatte, anzukommen und klarzukommen. In der ersten Woche hatte ich nur drei kleine “Arbeitsmeetings” im Hotel. Mein Chef, Dr. Sheku Kamara, hatte mich direkt am ersten Montag zusammen mit Margret, unserer Verwaltungsassistentin, im Hotel besucht. Die beiden waren circa 30 Minuten da. Es ging eher ums Kennenlernen und um die ersten nötigen Schritte, um meine Aufenthaltserlaubnis und meine Arbeitsgenehmigung zu beantragen. Sheku kam noch einmal im Laufe der Woche für einen etwas längeren Besuch, bei dem wir besprochen haben, was er von mir erwartet, wie wir in den ersten Wochen vorgehen werden und vor allem mit der Info “small, small”. “Small, small” wird auf Krio verwendet für “Gemach, Gemach”, “step by step”, “pole pole” oder wie man auch immer sagen möchte. 

Krio ist eine der Sprachen Sierra Leones. Es gibt zwar nicht so viele Menschen, die Krio als Erstsprache sprechen, aber so gut wie alle Menschen im Land verstehen und sprechen Krio. Es ist die Verkehrssprache hier, also die Sprache, in der alle miteinander kommunizieren können. Ähnlich wie Englisch in Europa. Krio ist eine Mischung aus Englisch und westafrikanischen Sprachen. Ich werde hoffentlich bald etwas Krio lernen. Es ist auf jeden Fall hilfreich, da die Leute auf dem Markt oder die Keke-Fahrer meist nicht so viel Englisch sprechen.

Aber nun: back to work. Ebenfalls in der ersten Woche kam Adenike kurz bei mir im Hotel vorbei. Ich habe ja in einem anderen Beitrag geschrieben, dass ich als ZFD-Fachkraft hier bin. Adenike ist die ZFD-Koordinatorin für Sierra Leone, gemeinsam mit meinem Chef Sheku. Somit ist auch Adenike für mich und “mein Wohlbefinden” zuständig. Deshalb hat sie mich besucht. Und dann war in meiner ersten Arbeitswoche der erste Online-Workshop zum Thema Advocacy. Darüber habe ich auch schon berichtet. Viel mehr Arbeit gab es in meiner ersten Woche nicht.

“Small, small” in der ersten Woche im Büro

Und dann ging es endlich ins Büro. Ich war etwas aufgeregt, wie das so werden wird. Ist ja immer etwas spannend, wenn man einen neuen Job anfängt. Mein Fahrer Musa hat mich pünktlichst beim Hotel abgeholt, so dass ich um neun in der Arbeit war. Musa seht ihr unten auf dem Foto bei den Autos stehen. Links ist dann das Bürogebäude. Rechts seht ihr noch ein niedriges Gebäude angedeutet, da verbringen unsere Fahrer die Zeit, wenn sie gerade niemanden herumfahren. Die anderen Fotos zeigen die Einfahrt, unser Gebäude, unseren Eingang inklusive Generator (mein Bürofenster ist links neben dem Strauch, den ihr im Hintergrund seht) und ein paar Eindrücke aus meinem Büro inklusive Mittagessen (Reis mit Casavaleaf). Das letzte Bild zeigt einen Stromregulator. Den braucht man für einige elektronische Geräte, da es ziemlich starke Spannungsschwankungen gibt. Manche Geräte vertragen das nicht. Die normalen Bürozeiten hier sind 9-17 Uhr. Wie lange offiziell Mittagspause ist, habe ich noch nicht mitbekommen. Ich mache das nach Gefühl.

Am ersten Arbeitstag kam gleich die nächsten Lektion in “small, small”. Ich wurde erst von Sheku allen anwesenden Kolleginnen und Kollegen kurz vorgestellt. Dann wurde ich in mein Büro geführt mit der Information, dass ich mich jetzt erst einmal einrichten kann. Gesagt, getan. Ich habe meinen Laptop auf den Schreibtisch gestellt und war eingerichtet. Das war circa um 9:22h…  

Ich habe den Luxus eines eigenen Druckers. Mit der Hilfe von Christopher, dem Büroassistenten, haben wir die nötigen Kabel besorgt, die wir für den Drucker brauchten. Der Drucker hatte zwar ein Kabel für den Strom, aber das Kabel, um ihn mit einem Laptop zu verbinden, war nicht dabei. Das mussten wir erst noch wo auch immer holen. Und dann war ich tatsächlich bis nachmittags mit der Einrichtung des Druckers beschäftigt. Dank sehr langsamen Internet hat es gute 3,5 Stunden gedauert, bis alles heruntergeladen und installiert war. Also mein erster Erfolg direkt am ersten Arbeitstag: Drucker eingerichtet!

Ich habe in einem anderen Artikel geschrieben, dass ich CSSL im Bereich Advocacy und Öffentlichkeitsarbeit unterstützen soll. Ich werde wahrscheinlich hauptsächlich mit Abdul und Mariama zusammenarbeiten. Da die beiden aber die ganze Woche in einem Workshop waren, konnte ich nicht wirklich loslegen. Es war ja niemand da, der oder die mich an die Hand genommen hätte, um mich einzuarbeiten und zu erklären, was wie gemacht wird und womit ich anfangen könnte. Also: small, small.

Am Dienstagvormittag bin ich erst einmal mit Musa und Margret ins Stadtzentrum gefahren, um Passfotos zu machen für meine Aufenthaltserlaubnis. Ich kenne das Prozedere schon aus Südafrika. Es gibt an einer Stelle in der Stadt die Passfoto-Fotografen. Wenn man die gefunden hat, wird man vor einer weißen Wand oder einem weißen Tuch platziert, das Foto wird gemacht und direkt ausgedruckt. Hier die Luxusvariante, sogar mit Schattenspendendem-Sonnen-/Regenschirm-Halter. Wenn ich gewusst hätte, dass an dem Tag ein Fototermin ansteht, hätte ich mich natürlich etwas mehr gestylt… Von dort ging es weiter zu zwei Internet-/ Telefonanbietern und dann habe ich noch kurz im Postoffice reingeschaut. Wie in einigen anderen Ländern, die ich kenne und die keine bekannten Reiseziele sind, gibt es nur im Postoffice Postkarten. In diesem Fall gibt es ganze drei Motive. Es handelt sich offensichtlich um Restbestände aus den 1980er Jahren. Ich versuche, die Restbestände in den kommenden Monaten aufzubrauchen, vielleicht gibt es dann bald auch aktuellere Postkartenmotive aus Sierra Leone. Und ich habe mir „Kaffee“ und Milchpulver besorgt, damit ich im Büro mit Heißgetränken versorgt bin.

Am Dienstag habe ich schon Mittags Feierabend gemacht, da der Hotelbesitzer ein Mittagessen mit den Ehefrauen der deutschen Botschafter und des GIZ-Direktors für mich organisiert hatte. Ihr erinnert euch vielleicht. Zu dem Mittagsessen nur ganz kurz: es war eine sehr lockere und lustige Runde. Nun habe ich noch ein paar Kontakte, falls ich mal irgendetwas brauchen sollte. Tutu, die Frau des GIZ-Direktors, backt zum Beispiel Wahnsinnstorten. Falls ich also mal ein Jubiläum hier feiern möchte, mit bunter Thementorte, kein Problem.

Mittwoch war ich im Homeoffice wegen des zweiten Online-Workshops. Im Hotel war das Internet um Längen besser als im Büro. Im Büro gibt es gerade keinen Internetanbieter. Die Kolleginnen und Kollegen nutzen kleine tragbare MiFis für das Internet. Die sind ganz okay für Handy-Messenger-Dienste, aber nicht so gut, wenn man wirklich arbeiten möchte. Wie das hier genau mit Strom und Internet läuft, schreibe ich auch noch einmal etwas ausführlicher.

Da ich nur ungern untätig herumsitze, habe ich am Donnerstag und Freitag mit meiner ersten Analyse der aktuellen Internetseite und des Newsletter begonnen. Ich wusste, dass die Internetseite überarbeitet werden soll. Ich wusste nur nicht, ob der Prozess schon gestartet wurde und was in dem Bereich schon an Gedankenspielen, Analysen und Planungen stattgefunden hatten. Ich habe also einfach mal drauflos gearbeitet und mir alle Inhalte angeschaut und meine Notizen gemacht. Zum Glück – wie ich am Montag erfahren sollte.

“Erst mal die Basics“

Das war mein Gedanke nach meiner ersten Woche im Büro. Es gibt aktuell noch keine Datenbank oder gemeinsame Ordnerstruktur, auf die alle zugreifen können. Ich glaube, aktuell benutzen auch noch alle ihre privaten E-Mail-Adressen. Die CSSL-Email-Adressen kommen mit der neuen Website. Um eine Datenbank und eine gemeinsame Ordnerstruktur darf ich mich anscheinend sehr gerne kümmern. Engagierter Einsatz wird freudig erwartet. Ich hoffe, ich habe dafür während der Regenzeit Zeit. Vielleicht kann ich mich dann um solche Dinge kümmern wie Ordnerstruktur überlegen, Shared-File-System einführen und das Übertragen der Inhalte planen. Vielleicht nehme ich mir aber auch zu viel vor und sollte lieber mal ein bisschen “small, small” machen.

Endlich geht´s los mit der Arbeit

Waren die Kolleginnen und Kollegen in meiner ersten Woche noch etwas schüchtern und ich bekam sie nicht wirklich zu sehen, so rannten sie mir ab Montag die Türe ein. Anscheinend wollten sie mir alle erst einmal die Möglichkeit geben “small, small” anzukommen. Mittlerweile habe ich schon mit einigen gesprochen und ja, was soll ich sagen, jede und jeder hat eigene Erwartungen daran, was ich alles machen werde. Das wird noch spannend werden. Aber alle sind sehr, sehr nett. Es wird viel gelacht und zugleich ernsthaft gearbeitet. Vielleicht etwas anders, als es in Deutschland der Fall wäre, aber das war ja zu erwarten. Edward, der Programm-Manager und Stellvertreter von Sheku, erklärte mir am Montagvormittag, das nachmittags die Agentur kommen würde, die die neue Website für uns macht. Er hat mir die neue Website auch gezeigt. Da war es natürlich hervorragend, dass ich mir die alte schon so genau angeschaut hatte. Nachmittags bei der Besprechung mit der Agentur konnte ich sie direkt mit Fragen und Ideen überschütten, so dass die anderen aus meinem Team ziemlich ins Staunen kamen. Kompetenz vortäuschen war ja noch nie mein Problem. Die neue Website gefällt mir sehr gut. Es fehlt noch einiges an Content von unserer Seite, Texte, Fotos und so. Ich habe auch noch ein paar Gestaltungsideen eingebracht, will aber jetzt nicht zuviel verraten. Ihr könnt euch die Website dann anschauen, wenn sie fertig ist. Endlich hatte ich etwas zu tun. Also habe ich gleich im Anschluss meine Notizen und Ideen auf einem Jamboard gesammelt (Jamboard ist eine Art digitales schwarzes Brett, auf dem man z.B. Post-Its sammeln kann. Den Link zum Jamboard kann man mit anderen teilen, so dass alle digital gemeinsam daran arbeiten können). Leider war Abdul, der Kollege aus dem Bereich Kommunikation, immer noch nicht im Büro. Er sollte erst am Mittwoch kommen. Also habe ich schon einmal alles für ein erstes Gespräch mit ihm vorbereitet. Ich habe am Mittwoch sogar noch Kärtchen, Marker und so was besorgt, damit wir richtig schön gemeinsam Ideen sammeln können und die neuen Inhalte gemeinsam ausarbeiten können. Ich weiß, ich weiß – das hört sich jetzt nicht so nach „small, small“ an. Aber es gibt sehr vieles, was wir gemeinsam besprechen müssen, bevor ich wirklich starten kann.

Der Dienstag verstrich mit zwei Besuchen beim Immigration Department, wo ich meine Aufenthaltserlaubnis abholen konnte. Sie erinnert mich etwas an meinen alten Schülerausweis 🙂 

Nachmittags habe ich die Zeit genutzt, um mich mit Mariama auszutauschen. Mariama ist aktuell hauptsächlich für den ganzen Bereich Umweltbildung verantwortlich. CSSL hat ein Programm, in dem sie School Nature Clubs gründen und betreuen, machen verschiedene Aktionen zum Weltumwelttag zum Beispiel und auch Umweltbildung in Dorfgemeinden. Das organisiert, plant und macht alles Mariama. Ich soll sie in den Bereich Öffentlichkeitsarbeit und Advocacy einarbeiten, damit sie diese Aufgaben dann mit übernehmen kann, gemeinsam mit Abdul. Als Sheku mir gesagt hatte, eine meiner Aufgaben wird es sein, eine Kollegin einzuarbeiten, war ich noch etwas verunsichert. Die Kollegin muss ja auch Lust darauf haben, sonst kann das sehr schwer werden. Aber Mariama hat wirklich Lust auf gemeinsames Arbeiten, Austausch und Lernen. Zumindest hat sie das gesagt. Im Gegenzug ist es ihre Aufgabe, mir beim Einleben und Eingewöhnen hier zu helfen. Damit haben wir gleich am Mittwoch in der Mittagspause begonnen mit einem gemeinsamen Einkaufstrip auf den Markt.

Am Mittwoch war dann auch endlich Abdul da. Wir hatten ein sehr gutes Dreiergespräch, Abdul, Mariama und ich. Wir haben ausgemacht, dass wir uns am Donnerstag in aller Ruhe zusammensetzen und alle aktuellen Projekte durchgehen und auch wegen des weiteren Vorgehens zur neuen Website sprechen. Nachmittags hatten wir wieder Online-Workshop. Ich war am Mittwoch echt sehr guter Dinge und habe mich mega gefreut. Ich hatte das Gefühl Abdul, Mariama und ich – wir können ein sehr gutes Team werden, weil wir sehr offen sprechen konnten und auch schon sehr viel zusammen gelacht haben. Aber dann kam mal wieder alles anders…

Und dann hieß es auf einmal: Quarantäne

Ich dachte ja eigentlich, ich wäre dem Corona-Virus entflohen. Den Anschein hatte es zumindest in den ersten Wochen hier. Nur zum Betreten eines Supermarktes sollte man eine Maske aufsetzen, gerne unterhalb der Nase oder auch des Kinns. Es gab in den letzten Tagen im ganzen Land immer so 0 – 10 neue Fälle pro Tag. Und nun dürft ihr raten, wo einer dieser Fälle wohnt. Richtig, im gleichen Guesthouse wie ich. Ich bin deshalb nun erst einmal für mindestens 10 Tage in Quarantäne bis wir alle zwei negative Tests vorweisen können.

Das ist insbesondere ärgerlich, als dass ich gehofft hatte, nun geht es endlich los mit der Arbeit und voller Elan war. Abdul und Mariama habe ich mit E-Mails versorgt, in denen ich ihnen meine Kommentare und Ideen geschickt habe und warte nun ab ob, wie und wann wir darüber sprechen, um zu klären, wie wir weiterarbeiten. Die beiden sind bestimmt jetzt schon genervt von der übermotivierten Deutschen. Am Wochenende wäre eigentlich ein Waldspaziergang mit Bird-Watching angestanden. Der President des Vorstandes von CSSL hatte mich eingeladen. Freitag hätte ich meinen Termin beim deutschen Botschafter gehabt, nächsten Montag bei einer Partnerorganisation und am Donnerstag wäre ich eigentlich übers Wochenende zu unserem Büro in Kenema mit anschließendem Trip in den Gola Rainforest gefahren. Naja “small, small”. Dann wird das alles eben nach hinten verschoben, in der Hoffnung, dass die Regenzeit nicht zu früh einsetzt und Reisen weiterhin möglich sind.

Small, small – also auch weiterhin

Nach Hotelquarantäne und Abwesenheit des für mich wichtigen Kollegen, kommt nun also eine neue Quarantäne mit eingeschränkten Internet und Strom hinzu. Alles in allem werde ich zur Entschleunigung gezwungen und habe nun viel Zeit von meinem Balkon aus in die Hügel zu blicken und auf neue Instruktionen aus dem Büro zu warten. Mein Homeoffice habe ich schon eingerichtet 🙂 

Achso, noch zum Thema Covid:

Ich war am Donnerstagvormittag beim Testen. Die eine Info war, dass wir Freitagnacht das Ergebnis bekommen, die andere, dass, wenn wir bis Sonntag nichts hören, wir negativ sind. Wir haben bis jetzt (Sonntagvormittag) kein Ergebnis. Ich habe keine Symptome, mein einer Schnelltest war negativ, ich bin geimpft und hatte nicht wirklich engen Kontakt mit der positiven Person. Ich mache mir also nicht so viele Sorgen, dass ich positiv bin. Den Artikel habe ich am Freitagvormittag verfasst. Ich habe ihn aber erst jetzt online gestellt. Ich wollte eigentlich noch auf mein Testergebnis warten, damit ihr euch keine Sorgen machen müsst. Geduld gehört ja nicht zu meinen Stärken, deshalb kommt der Artikel doch jetzt schon online. Vom Besuch im Krankenhaus und unserer Quarantäne kommt dann mehr in einem extra Artikel. Ich habe jetzt ja ganz viel Zeit 🙂

#NeuesDomizil

Nach zwei Wochen Hotel hieß es für mich letzten Donnerstag wieder Koffer packen. Am Freitag bin ich in mein Airbnb umgezogen. Überraschenderweise habe ich es fast nicht geschafft, alles zu verstauen, obwohl ich eigentlich nichts gekauft habe, seitdem ich hier bin. Komisch, komisch. Warum aber bin ich aus dem Hotel ausgezogen? 

Mehrfacher Monatslohn für ein Hotelzimmer

Ich bezahle für das Zimmer in dem Airbnb für sechs Wochen das Gleiche, wie im Hotel für eine Woche. Die Menschen hier verdienen normalerweise umgerechnet zwischen 250€ und 300€ pro Monat. In fast zwei Wochen Hotel habe ich mehr als den vierfachen normalen Monatslohn ausgegeben – nur für mein Hotelzimmer mit Frühstück. Das fand ich dann doch etwas zu cras, deshalb habe ich mir schon von Deutschland aus eine günstigere Unterkunft gesucht, in der ich nun bleibe, bis ich hoffentlich im August in Jonas Wohnung ziehen kann.

[Mir fällt gerade auf, das liest sich ja wie eine Textaufgabe aus dem Matheunterricht. Also, wer weiß die Lösung auf folgende Frage: Wie viel zahle ich für zwei Wochen Hotel bzw. sechs Wochen Airbnb? Als Preis gibt es eine Postkarte directly aus Freetown. Erhalte ich mehrere richtige Einsendungen, entscheidet das unparteiische Los. Antworten gerne per E-Mail, in den Kommentaren oder wie ihr sonst Kontakt zu mir aufnehmt.]

Raus aus der Komfortzone

Letzte Woche habe ich mich manchmal gefragt, ob ich es bereuen werde, das Hotel schon zu verlassen. Immerhin hatte ich nun Freunde gefunden, mit denen ich mich beim Frühstück unterhalten und mit denen ich abends noch auf ein Bier in die nächste Strandbar gehen konnte. Das Hotel war ja direkt am Strand und auch wenn es kein Badestrand ist, dann ist es doch einfach sehr schön direkt am Strand zu wohnen. Ich kannte mich schon etwas dort aus und nun hieß es wieder neue Umgebung, neue Menschen, neu zurechtfinden. Alles aufregend, aber auch echt anstrengend. Ich hatte deshalb tatsächlich mit dem Gedanken gespielt, meine Zeit im Hotel zu verlängern. Dann dachte ich mir aber, irgendwann muss ich ja doch raus aus dem Hotel, warum also nicht gleich den Sprung wagen… 

Schnuckeliges Zimmer mit schönem Balkon

Am Freitag habe ich morgens meine Koffer und Rucksäcke mit in die Arbeit genommen, um dann direkt von der Arbeit aus in mein neues Domizil zu fahren. In der Mittagspause habe ich mir von meinem einen Kollegen, Christopher, schon einmal die Einkaufsmöglichkeiten in der Nähe des Büros zeigen lassen, weil ich mich ja ab jetzt selbst versorgen muss. Es ist ziemlich perfekt. Wir haben direkt neben dem Büro einen kleinen Markt und einen kleinen Laden und so fünf Minuten zu Fuß entfernt ist ein sehr guter Supermarkt mit allem was das europäische Herz begehrt.

Mein neues Zuhause ist in einem zweistöckigem Haus in einer eher ruhigen Wohngegend. In dem Airbnb werden insgesamt fünf Zimmer vermietet, die mit mir nun alle belegt sind. Außer mir wohnen hier ein US-Amerikaner, Jonathan, der gerade auf Jobsuche ist, weil sein Job hier zu Ende ist; Marije, eine Deutsche und Ruirui, ebenfalls aus den USA, die beide über irgendein Volunteer Programm für Mitarbeitende von McKinsey hier sind. Das habe ich noch nicht so ganz verstanden. Und dann wohnt zur Zeit noch eine französische Journalistin hier.

Ich habe ein süßes kleines Zimmer mit eigenem Balkon. In den Balkon habe ich mich sofort verliebt: Mein Balkon geht nach hinten raus. Ich habe wunderschönen Weitblick in die Hügel (musste direkt an eine Freundin aus Berlin denken, die schon in Nürnberg begeistert war, ob der weiten Blicke ohne Menschenmassen), meine Hängematte passt genau auf den Balkon und er ist eingerahmt von Bäumen. Außerdem (@Dorothee) kann ich natürlich auch das Meer sehen, wenn ich zwischen den Ästen hindurch schaue und bekomme ab und an eine leichte Brise ab.

Was gibt es sonst noch so: wir haben im Erdgeschoss eine kleine Veranda, ein großzügiges Wohnzimmer und einen Essbereich sowie eine Gemeinschaftsküche. Im ersten Stock, wo mein Zimmer ist, sind noch drei weitere Gästezimmer, nochmal ein großer Esstisch und ein Gemeinschaftsbalkon, der vorne raus geht. Von dort aus hat man den Blick auf den Hof, den ihr unten seht. Dort gibt es einen Miniladen, wo ich Brot, Eier und sowas kaufen kann.

Die eine frühstückt, die anderen sind fleißig am Waschen

Samstag ist Waschtag in Sierra Leone. Während ich auf meinem Balkon mein spätes Frühstück – mit echtem Espresso!!!! – einnehme, ist die Nachbarin schon fleissig dabei Wäsche zu machen. Im Hinterhof unseres Hauses sind noch Zimmer, in denen drei junge Männer wohnen, die unsere Ansprechpartner sind, wenn wir irgendwas brauchen. Jack hat am Wochenende alle Sneakers und Turnschuhe blitzeblank geschrubbt. Ich bin sehr froh, dass ich meine Wäsche zum Waschen geben kann. Aus Mosambik weiß ich noch, wie schwierig und anstrengend Handwäsche ist. Vor allem glaube ich, dass meine Arme gerade viel zu schwach sind, um meine Kleidung wirklich sauber zu bekommen… 

Internet, Strom und Wasserdruck – mal da, mal weg

Dass ich nun selbst kochen muss, ist nur eine Veränderung seitdem ich aus dem Hotel ausgezogen bin. Seitdem ich im Airbnb bin, hatte ich kein Wifi mehr, deshalb poste ich heute zwei Artikel an einem Tag, obwohl ich den einen schon am Samstag geschrieben habe (Wieso sind keine Menschen auf den Strandfotos). Irgendetwas stimmt anscheinend mit dem Router nicht. Mal schauen, ob wir heute Abend dann wieder Internet haben. Das wäre sehr gut! 

Eine weitere Neuerung ist, dass nicht immer Strom da ist. Es wird gerade an den Stromleitungen in der Stadt gearbeitet. Was genau da gemacht wird, weiß ich nicht. Ich weiß nur, dass es seit einigen Tagen immer wieder zu längeren Stromausfällen kommt. Teilweise gibt es den halben oder auch den ganzen Tag keinen Strom. Ohne Strom, kein Internet, da ja dann der Router nicht geht. Kein Licht, keine Wasserpumpe und so weiter. Mich hat das bisher nicht wirklich betroffen, vor allem, da ich meine AC (Air Condition / Klimaanlage) eh nicht anschalte. Abends zwischen 19 und 23 Uhr wird der Generator angemacht, tagsüber aber nicht. Benzin ist in letzter Zeit etwas teuer geworden, deshalb wird gespart.

Nun ja, und dann ist da noch der Wasserdruck, der kaum existent ist. Das Wasser kommt nur sehr widerwillig aus dem Duschkopf. Ich bin deshalb direkt von Anfang an auf Eimerdusche umgestiegen. Dank zahlreicher Vorerfahrungen weiß ich, wie überraschend wenig Wasser man zum Duschen und Haarewaschen braucht. Ich kann mich noch gut an meine erste Eimerdusche in Mosambik erinnern. Als ich einen Eimer bekommen habe, dachte ich “Ernsthaft? Das bisschen Wasser soll reichen zum Duschen?”

Mittlerweile weiß ich, sogar ein halber Eimer reicht locker zum Duschen, ein ganzer Eimer ist nötig für Duschen und Haarewaschen. Fast habe ich schon die internationale Eimergesellschaft unter Verdacht, dass sie die Standardgröße für Eimer an der für eine Dusche nötige Wassermenge ausrichtet. Da das Wasser wie gesagt sehr langsam kommt, stelle ich das Wasser an und lege den Duschkopf in den Eimer. Bis genug Wasser im Eimer ist, kann ich ganz entspannt Zähneputzen, auf die Toilette gehen und dann ist mein Eimer normalerweise halbvoll. Wenn ich einen ganzen Eimer brauche, zum Haarewaschen, dann dauert es etwas länger.

Soviel also zu meinem neuen Domizil. Nun fragen sich bestimmt einige von euch “Arbeitet die da eigentlich auch was?” Na klar arbeitet die da auch. Ich hatte schon zwei Onlineworkshops, seit letzten Montag bin ich im Büro und habe schon ein bisschen mit meiner Analyse angefangen und heute um 14h habe ich die erste Besprechung mit dem Dienstleister zur neuen Website. Ausführlicheres kommt in den nächsten Tagen. Mit etwas Glück stelle ich den nächsten Beitrag dann mit perfekter Internetverbindung von meinem Balkon aus online 🙂

Wieso sind keine Menschen auf den Strandfotos?

An dieser Stelle möchte ich euch zunächst sagen, wie sehr ich mich freue, dass so viele Leute meinen Blog lesen und vielen, vielen Dank auch für die vielen Rückmeldungen. So erhielt ich zum Beispiel von meiner Mutter den Hinweis, dass ich den Beriff Advocacy erklären sollte – habe ich direkt angepasst. Hummel hat mich dankenswerter Weise darauf aufmerksam gemacht, dass das Foto von mir mit den Koffern nur auf Insta zu sehen war, aber nicht auf dem Blog. Auch das habe ich nun ergänzt. Im Artikel Und dann kam die Angst seht ihr mich jetzt mit meinen Koffern und Rucksäcken vor dem Abflug am Flughafen Frankfurt und auch mein erstes Selfie aus Sierra Leone. Mein Neffe stellte die wichtige Frage „Hast du schon eine Giraffe gesehen???“ – Nein, leider nicht. Erstens bin ich ja in der Stadt und zweitens gibt es in Sierra Leone meines Wissens gar keine Giraffen. Wir haben Leoparden, Schimpansen, Nilpferde und Antilopen, aber keine Giraffen. Und dann hat mich vor wenigen Tagen noch eine wichtige Frage per Voicenachricht erreicht:

„Kaddl, darf man im Meer denn baden?“

fragt Luise mich am frühen Donnerstagmorgen. Ihr kam die Frage, weil auf meinen Fotos zwar Strände zu sehen sind, aber nie Menschen im Wasser. Etwas verschlafen und unter mehreren Gähnern habe ich die Antwort zurückgeschickt. Im Nachhinein dachte ich mir aber, vielleicht interessieren sich mehr Leute für die Antwort auf diese Frage, deshalb hier nochmal für alle die Antwort, warum auf meinen Fotos keine Menschen beim Schwimmen zu beobachten sind 😊

Das Recht am eigenen Bild

Liebe Luise, warum sind auf meinen Fotos fast nie Menschen im Wasser zu sehen und auch so selten Menschen auf meinen Fotos. Das hat mehrere Gründe. Einer davon ist, dass jede Person ein Recht am eigenen Bild hat. Ich versuche dieses Recht möglichst zu akzeptieren, dass heißt, es anzuerkennen und darauf Rücksicht zu nehmen. Vielleicht möchten die Menschen gar nicht, dass ich sie einfach fotografiere und ihre Fotos dann ins Internet stelle, wo man das Foto von der ganzen Welt aus sehen kann. Vielleicht finden die Menschen sich nicht schön auf dem Foto oder ihnen ist die Situation unangenehm, in der ich sie fotografiere. Für mich ist das ein bisschen schwierig, weil ich euch dann nur schwer zeigen kann, wie es hier aussieht, weil die Menschen gehören ja zu meiner neuen Umgebung 😉 In meinem Beitrag Begegnungen zum Beispiel seht ihr Menschen auf den Fotos von meinem Ausflug ins City Center (City Center heißt auf Deutsch Stadtzentrum – City heißt Stadt und Center heißt Zentrum). Aber diese Menschen waren in der Stadt auf der Straße unterwegs. Ich hoffe deshalb, es ist in Ordnung, dass ich sie fotografiert und die Fotos verwendet habe. 

Der Strand ist nicht zum Schwimmen, sondern zum Fußballspielen da

Ein weiterer Grund, weshalb auf meinen Strandfotos kaum Menschen im Wasser sind, ist, dass die Menschen hier nicht unbedingt zum Strand gehen, um zu schwimmen. Der eine Strand, der Lumley Beach (Beach ist das englische Wort für Strand und Lumley ist der Name des Stadtteils), ist ein paar Kilometer lang und wird hauptsächlich an den Wochenenden als Ausflugsziel genutzt. Es ist quasi der Stadtstrand. An der „Strandpromenande“, der Straße, die am Strand entlang führt, gibt es ganz viele Restaurants und Strandbars. An Samstagen und Sonntagen ist der Strand voller Menschen, die dort ihr Picknick machen. Unter der Woche wird der Strand eher zum Sportmachen genutzt. Abends ab fünf gehen die Leute hier Joggen und es wird vor allem Fußball gespielt. Nach dem Fußball kühlen sich die Spieler auch in den Wellen ab. Aber richtig Schwimmen gehen sie nicht.

Der Strand ist manchmal schmutzig

Ich selbst war auch nicht schwimmen direkt an dem Strand bei meinem Hotel, obwohl ich einfach nur über die Straße gehen musste. Aber: das Wasser dort ist nicht wirklich sauber. Am Strand selbst sieht man das, weil einiges an Plastikmüll am Strand liegt. Plastikflaschen, Fetzen von Plastiktüten, Schuhe und noch einiges mehr. Der Müll kommt teilweise aus dem Meer, aber hauptsächlich wird er aus der nahen Bucht herausgeschwemmt. An den Ufern der Bucht, die ihr unten auf dem Foto seht, haben einige Familien sich Häuser gebaut. Es gibt dort aber weder Müllabfuhr, noch Toiletten noch sonst irgendetwas. Der Wasserstand in der Bucht ist sehr unterschiedlich. Je nachdem, ob gerade Flut ist (also viel Wasser in der Bucht ist) oder Ebbe (also wenig Wasser in der Bucht ist). Beim Wechsel zwischen Flut und Ebbe wird der ganze Müll und auch wortwörtlich die Scheiße, aus der Bucht herausgeschwemmt und am nächsten Strand – dem Lumley Beach – wieder an Land gespült. Das Wasser dort ist deshalb nicht so sauber. Es ist kein Dreck, den man sehen kann. Das Wasser sieht sauber aus, aber es kann „unsichtbaren“ Schmutz enthalten, von dem man krank werden kann. Ich bin deshalb dort lieber nicht schwimmen gegangen.

Starke Wellen und Unterwasserströmungen

So viel also zum Lumley Beach, an dem das Wasser nicht so sauber ist und wo die Leute eher Fußball spielen als schwimmen zu gehen. Es gibt aber ja noch ganz viele andere Strände. Zum Beispiel in Lakka. Lakka ist ein Ort etwas südlich von Freetown. Südlich heißt, dass man auf der Landkarte etwas nach unten gehen muss. Dort ist das Wasser sehr sauber und der Strand ist sehr schön. Aber auch hier – keine Menschen auf meinen Fotos. Ich kann jetzt schon verraten: an einem Teil des Strandes sind sehr viele Menschen im Wasser, aber nur an einer Stelle. An den anderen Stellen sind die Wellen und die Strömungen unter Wasser sehr stark. Die Wellen sehen von außen gar nicht so groß aus. Aber man sieht schon, dass unter Wasser sehr viel Bewegung ist und das Wasser dort sehr viel Kraft hat. Wenn man dort ins Wasser geht, kann es sein, dass die Wellen einen unter Wasser ziehen und die Strömung unter Wasser einen vom Strand wegzieht. Das kann gefährlich sein. Hier gibt es keine Bademeister. Und falls ihr einen Globus zur Hand habt (@Chris I.: sorry, dass ich in diese Wunde bohre) seht ihr, dass wenn ich hier in Sierra Leone aufs Meer gezogen werde von der Strömung, sehr lange warten muss, bis wieder Land kommt. Wenn man den Strand nicht kennt, muss man hier deshalb immer jemanden fragen, ob es gefährlich ist, bevor man ins Wasser geht. Die Leute, die direkt am Strand wohnen, wissen das normalerweise.

In der kleinen Bucht: Riesen Gaudi im Wellenbad

An einer Stelle am Strand in Lakka ist allerdings eine riesen Gaudi im Gange – zumindest am Feiertag und am Wochenende. Der Strand endet an einer kleinen Landzunge, so dass hier keine Strömung ist und man ohne Gefahr ins Wasser gehen kann. Als wir vom Auto durch die kleinen Gassen zwischen den Häusern an den Strand gelangen, empfängt uns ein ohrenbetäubender Lärm. Unzählige Kinder sind im Wasser und haben sichtlich Spaß daran, sich von den Wellen hin- und herwerfen zu lassen. Hier sind eindeutig viele (kleine) Menschen im Wasser.

Menschenleere Traumstrände

Natürlich kann ich keinen Beitrag über Strände veröffentlichen, ohne meinen Lieblingsstrand zu nennen: Cockle Point Beach. Ich habe schon davon berichtet in meinem Artikel First day in my live as an expat. Ich war mittlerweile jedes Wochenende mindestens einmal dort und es ist jedes Mal so wunderschön. Sehr ruhig, sehr angenehm – einfach Entspannung pur. Das Strandlokal ist am Ufer eines Flusses, der ins Meer mündet. Hier ist der perfekte Ort für einen Familienausflug. Das Wasser hier ist höchstens Hüfthoch (bei Erwachsenen) und es gibt keine Strömung. [Anmerkung: es gibt doch Strömungen, wenn die Gezeiten sich ändern und wenn die Flut kommt, ist das Wasser auch etwas tiefer.] Hier können also die Kinder super alleine ins Wasser oder an dem kleinen Strand spielen. Watet man rüber zum Meer sieht es etwas anders aus. Traumstrand mit weißem Sand der sich fast endlos zieht und das Meer, das in sanften Wellen anrauscht. Wer gerne badet, wird diesen Strand lieben. Einfach in die Wellen legen und schaukeln lassen, bis die Finger schrumpelig sind 😊 Hier sind aber auch keine Menschen im Wasser auf meinen Fotos. Das hat einen ganz einfachen Grund: Hier sind schlicht und ergreifend kaum andere Menschen. Mein schönster Strand bis jetzt und gleichzeitig der Leerste. Perfekte Mischung.

Liebe Luise, ich hoffe, ich konnte deine Frage einigermaßen beantworten. Wie du siehst, gibt es mehrere Gründe, weshalb kaum Menschen auf meinen Fotos beim Baden zu sehen sind. Falls euch auch Fragen im Kopf herumspuken, immer her damit. Ich versuche dann, sie zu beantworten. Nun muss ich leider los – ich wurde gerade von den anderen Leuten, die hier in meiner neuen Unterkunft wohnen, gefragt, ob ich Lust habe, zum Cockle Point mit zu fahren. Wie könnte ich da nein sagen…

Anmerkung: Den Artikel habe ich am Samstag geschrieben, konnte ihn aber nicht direkt veröffentlichen, weil ich kein Internet hatte. Nicht, dass ihr jetzt denkt, ich fahre einfach am Montagnachmittag an den Strand…

Norwegischer Lachs und westafrikanische Fischer

Langsam kommen wir den Themen, um die es für mich in den kommenden Jahren gehen wird, näher. Wahrscheinlich haben sich noch nicht so viele von euch Gedanken darüber gemacht, was unser Supermarkt-Lachs aus norwegischen Aquakulturen mit der Lebensgrundlage beziehungsweise der Zerstörung der Lebensgrundlage von Fischern an der westafrikanischen Küste zu tun hat. Auch mir war das Ausmaß der Wechselwirkungen bis gestern nicht wirklich bewusst. Und damit auch ihr nicht länger im Dunkeln tappen müsst und beim nächsten Griff ins Supermarktregal wisst, was norwegischer Lachs mit Fischern in Gambia, Senegal und Sierra Leone zu tun hat, hier ein paar Infos zum Thema.

Viele Informationen werden hier über Whatsapp-Gruppen verbreitet. Egal, ob es die Verkündung des Feiertages zum Ende des Ramadan ist, ein Restaurant-Tipp für den besten Burger in Town, der Austausch, welches Krankenhaus gerade am besten ist, Informationen zu verlässlichen Taxifahrern usw. Ich erhalte all diese Informationen über eine Whatsapp-Gruppe in der gute 200 Expats aus unterschiedlichsten Ländern vernetzt sind. Gestern wurden zwei Links zu Zeitungsartikeln eingestellt, die beide ein sehr ähnliches Thema behandeln.

“Catastrophic: Sierra Leone sells rainforest for Chinese fish plant”

lautete die Schlagzeile im Guardian. Anscheinend hat die Regierung ein Gelände direkt am Strand etwas südlich von Freetown an ein chinesisches Unternehmen verkauft, das dort einen Fischereihafen bauen möchte. Der Strand grenzt direkt an ein Naturschutzgebiet, in dem einige gefährdeteTierarten leben, zum Beispiel das Pangolin (das Schuppentier) und viele Fischpopulationen nutzen die Gewässer in Strandnähe zum Laichen. Außerdem sind die Gewässer direkt vor dem Strand die Lebensgrundlage der Bevölkerung vor Ort. Die meisten Familien leben vom Fischfang. Die lokalen Fischer fahren mit ihren kleinen Pirogen aufs Meer und fangen die Fische mit Netzen per Hand. Sie haben keine großen “Trawler” wie die internationalen Fischfangunternehmen und haben somit keine Chance gegen die Konkurrenz. Das Problem ist, dass die großen Fischereiboote weiter draußen am Meer alles wegfischen, so dass keine Fische mehr in Küstennähe zu finden sind. Angeblich will das chinesische Unternehmen “nur” einen Hafen bauen und keine Fischmehlfabrik, was noch um einiges katastrophaler wäre, aber die Leute hier trauen dem nicht wirklich. Und auch der Hafen hätte schlimme Folgen für das Wasser, die Tiere und die Menschen dort. Wer sich für mehr Details interessiert, kann den ganzen Artikel online lesen. Er ist frei verfügbar, allerdings nur auf Englisch: Artikel online lesen auf theguardian.com.

Und nun zu unserem Lachs im Supermarktregal

Schön und gut, mag sich die eine oder der andere nun denken. Was haben wir damit zu tun, dass die Chinesen die Weltmeere leer fischen und deshalb ein paar Fischer in Westafrika ihren Lebensunterhalt verlieren und ein paar Fischpopulationen dezimiert werden? Leider so einiges. 

Die chinesischen Trawler fischen die Weltmeere nicht unbedingt für die Ernährung in China leer, sondern vieles landet – wenn auch über Umwege – auf den Tellern in deutschen Esszimmern. Der Spiegel hat zu diesen Zusammenhängen einen sehr guten Artikel veröffentlicht. Er behandelt das Problem zwar nicht in Bezug auf Sierra Leone, sondern in Hinblick auf Gambia, aber die Situation ist sehr, sehr ähnlich. Und wenn hier am Strand tatsächlich eine weitere Fischmehlfabrik entstehen sollte, hätten Natur und Mensch kaum eine Chance damit klarzukommen. 

Da der Artikel auf Deutsch ist, möchte ich ihn jetzt hier nicht wirklich wiedergeben, lest am besten selbst: “Gambia: Chinas Trawler fischen Afrikas Küsten leer – für unseren Lachs aus Norwegen”. Nur so viel sei kurz angeteasert: die chinesischen Trawler fischen die Gewässer leer, um aus dem Fang Fischmehl zu produzieren. Diese Produktion ist nicht gerade umweltfreundlich, verursacht sehr viel Schmutz, Abfall und Gestank und hinterlässt nicht viel Positives. Das Fischmehl wird verwendet, um zum Beispiel Lachse in norwegischen Aquakulturen zu füttern.

Ein ziemlicher Irrsinn, wenn man es sich genau überlegt. Da werden Fische in Westafrika gefangen und zu Fischmehl verarbeitet, um damit Fische, die in Nordeuropa gezüchtet werden, zu füttern, damit dann in Europa die Menschen mit gutem Gewissen Lachs essen, der nicht etwa aus dem Meer stammt und somit nicht die Lachspopulation im Meer verringert – und zugleich werden ganze Ökosysteme in einem anderen Teil der Welt unwiederbringlich zerstört. Aber wie gesagt, lest den Artikel am besten selbst.

Zurück zu unserem schönen Stück Strand, das bald wahrscheinlich dem globalen Konsum zum Opfer fallen wird. CSSL ist mit einigen Partnern an dem Thema dran. Ich weiß noch nicht genau in welchem Rahmen und mit welchen Aktionen. Ich hoffe, dazu erfahre ich in den nächsten Tagen mehr. Und was den norwegischen Lachs auf euren Tellern angeht, nun, da müsst ihr künftig selbst entscheiden, zu welchem Preis ihr ihn genießen könnt 😉 Ich wünsche uns allen guten Appetit.

Begegnungen

Das Schöne und Spannende am Reisen sind ja bekanntlich die vielen Begegnungen, auf die man sich zuhause viel zu selten einlässt. So habe auch ich an meinen ersten Tagen hier schon einige interessante Begegnungen gemacht. Als Frau alleine unterwegs wird frau immer angesprochen und selbst wenn ich einfach nur einmal in Ruhe auf die Wellen schauen möchte, bietet sich schon Gesellschaft an. Wie zum Beispiel während meines ersten Spaziergangs alleine an der Strandpromenade.

Die zwei Ladies im Strandlokal

Letzten Dienstag habe ich mich nachmittags dann doch einmal alleine aus dem Hotel getraut. Vielleicht erinnert ihr euch: am Sonntag, meinem ersten Tag hier, habe ich es etwas übertrieben mit Ausflug, Wanderung und Strand, so dass ich am Montag vollkommen knocked-out im Hotel geblieben bin. Am Dienstag bin ich dann aber mal los, um ein bisschen die Umgebung zu erkunden. Eigentlich war mein Ziel ein libanesisches Café in dem es angeblich echten Kaffee gibt (und nicht nur Nescafé). Ein netter Spaziergang von circa 20 Minuten am Strand entlang. Da es aber noch ziemlich warm war, habe ich mich gegen den Kaffee und für eine kühle Coke in einem der kleinen Strandlokale/bars entschieden. Der warme Sand zwischen den Zehen, die Wellen vor mir und der Wind, der in den Bäumen spielte gemischt mit einer sanften Brise und einem kühlen Getränk – es war eine gute Wahl hierher zu kommen. 

Zwei Tische weiter saßen zwei Frauen, so Mitte 30, die ganz offensichtlich ein ernstes Thema besprachen und nicht 100% einer Meinung waren. Die eine war kurz einmal weg und schon hat die andere mich angesprochen. Wie es mir geht und ob sie sich zu mir setzen könnte. Ja klar, habe ich geantwortet. Über die Entfernung und mit dem Wellenrauschen im Hintergrund war sonst ja keine Konversation möglich. Die andere war nicht so begeistert, dass sie nun bei mir mit am Tisch saßen, aber nun ja. Teilweise unterhielten sie sich auf einer Sprache, die ich nicht verstehe, aber aus den Teilen, die ich verstanden habe und die kurzen Infos an mich auf Englisch, habe ich trotzdem erfahren, dass es um ihre Ehe bzw. ihre Ehemänner ging. Beide sind mit viel älteren Männern verheiratet. Die eine mit einem US-Amerikaner, die andere mit einem Italiener. Die Männer sind jeweils gute 30 Jahre älter als sie und natürlich gibt es unterschiedliche Vorstellungen zur Freizeitgestaltung und vor allem im Ausgeh-Verhalten. Ich wusste gar nicht wie mir geschah und schon war ich mittendrin im Talk über die Männer und wie man wohl mit ihrer Eifersucht und ihrer nicht vorhandenen Energie für Partywochenenden umgehen sollte…

Der nigerianische Arzt im Hotel

Einen Tag zuvor hatte ich schon Bekanntschaft mit einem Arzt aus Nigeria gemacht, der am Tag vor mir in Sierra Leone angekommen war und im gleichen Hotel untergebracht ist wie ich. Montag am späten Nachmittag bin ich ins Restaurant gegangen, das zum Hotel gehört, um ein frühes Abendessen einzunehmen, bevor mein Online-Yogakurs starten würde. Im Restaurant wurde ich dann von einem anderen Gast angesprochen, der sich zu mir setzte. Dr. Seriki kommt wie oben erwähnt aus Nigeria und ist ein medical doctor. Er arbeitet für eine Organisation, die aus den USA finanziert ist und die Regierung hier berät zum Thema Gesundheitskontrolle an den Landesgrenzen. Es geht hauptsächlich um die Grenzen zu den Nachbarländern und nicht so sehr um die Grenzübertritte am Flughafen. Es gibt mehrere offizielle Grenzübergänge zu Liberia und Guinea. 2015 kam Ebola wahrscheinlich aus Guinea/Liberia ins Land und auch Covid kam von außen. Mit diesem Projekt, das auf fünf Jahre angelegt ist, soll das Wissen und die Ausstattung der Grenzposten verbessert werden und so schneller und besser auf künftige Epidemien oder Pandemien reagiert werden können. Ich denke, es ist sehr ambitioniert, da die Grenze nicht einfach zu kontrollieren ist und ein wichtiges Element, die Kontaktverfolgung, kaum realisierbar. Das kennen wir ja auch aus Deutschland.

Mit Dr. Seriki habe ich dann am Freitag auch meinen ersten Ausflug mit dem Keke (so heißen hier die Tuktuks) in die Stadt zum berühmten Cotton Tree gemacht und mein erstes nigerianisches Essen probiert. 

Der Hotelbesitzer

Das Family Kingdom Ressort wurde mit der Idee gegründet, insbesondere Kindern einen Ort zu geben, an dem sie sich wohl fühlen und Spaß haben können. Das Herzstück des Hotels ist deshalb der Spielplatz.

Der Gründer des Hotels ist ein älterer Herr mit libanesischen Wurzeln. Er ist in einem Dorf im Norden Sierra Leones geboren und dann irgendwann nach Freetown gekommen. Er hat das Gelände, auf dem heute das Hotel steht, trocken gelegt, eine Mauer Richtung Strand errichtet, so dass das Wasser keinen Schaden anrichten kann und das Hotel gebaut. Das Hotel besteht aus mehreren Gebäuden, dem Spielplatz und auch einer Veranstaltungshalle. 

Der Hotelbesitzer ist sehr gut vernetzt in der High Society hier und war auch während des Krieges in der Stadt, so dass er ein paar Geschichten zu erzählen weiß aus dieser Zeit. Er kennt natürlich auch den deutschen Botschafter. Da er mitbekommen hat, dass ich aus Deutschland komme, hat er mir ein Mittagessen mit der Frau des Botschafters, des Stellvertreters des Botschafters und der Frau des GIZ-Direktors arrangiert. Ich bin schon sehr gespannt wie das wird. Ich sehe es als Arbeitsessen, da es für meine Advocacyarbeit wichtig ist, die richtigen Leute zu kennen und vor allem Leute mit Einfluss. Natürlich wäre mir ein Mittagessen mit dem Botschafter lieber – zumindest in Hinsicht auf Einfluss – aber Jonas hat mir schon die Nummer vom deutschen Botschafter weitergeleitet, so dass ich da einmal einen separaten Termin ausmachen werde.

Der Hotelbesitzer auf jeden Fall, hat einen Narren an mir gefressen und führt mich diese Woche noch zum Abendessen aus.

Der Simbabwer an der Hotelbar

Samstag war ein sehr fauler Tag bei mir. Ich habe das Hotelzimmer nur morgens zum Frühstück verlassen. Gut ich muss zu meiner Verteidigung sagen: ich hatte in der Nacht kaum geschlafen, da eine verrückte Party bis halb fünf Uhr morgens mich mit Musik beschallte. Anfangs noch 80er Jahre Mukke, dann hat es irgendwann gewechselt zu den besten Hits der 2000er a la Britney Spears, Ibiza Island und ähnliches bis es dann endlich in westafrikanischer Musik mündete. Vom Musikgeschmack mag man halten, was man will, aber die Boxen waren nicht die besten, somit war auch der Sound etwas schwierig im Ohr – und vor allem laut.

Das nur zum Hintergrund. Den Samstag habe ich also in meinem Hotelzimmer verbracht. Ich habe alibimäßig online ein bisschen nach Wohnungen geschaut, aber ohne großen Erfolg. Abends habe ich mich entschlossen, mein Zimmer doch mal noch zu verlassen und mich ins “wilde” Leben zu stürzen. Ich entschied mich für die Bar am Swimmingpool des Hotels, weil ich dachte, da ist weniger los und ich kann in Ruhe und entspannt etwas essen. 

Aber – siehe oben – alleine bleibt man hier nie lange. Nach wenigen Minuten schon gab es die ersten Kontaktaufnahmeversuche vom Nebentisch inklusive Angebot des gemeinsames Drogenkonsums. Ich habe selbstverständlich dankend abgelehnt. Ganz ungewohnt waren sehr viele Moskitos unterwegs, so dass ich dann doch lieber nochmal kurz ins Zimmer bin, um mich kräftig einzusprühen. Zurück an der Bar war mein gegrillter Fisch mit Reis auch schon da, dieses Mal setzte ich mich aber wo anders hin.

Und zack, kaum saß ich, kam schon das nächste Gespräch in Gange. Der eine Herr am Tresen stammte aus Simbabwe, war aber in den 1980er Jahren in Deutschland gewesen für ein Ausbildungsprogramm von der Regierung. Wie verrückt, dachte ich mir. Sitze ich hier in Sierra Leone, esse meinen gegrillten Fisch und ein Mann aus Simbabwe erzählt mir, wie es in den 80er Jahren war, wenn man von Aachen nach Westberlin gefahren ist. Immer wieder überraschend, unter welchen Umständen man Exkurse in die deutsch-deutsche Geschichte erhält. Der Simbabwer hat schon bei einigen Projekten mit internationalen Einrichtungen, z.B. der GIZ in verschiedenen Ländern mitgearbeitet, hauptsächlich im Bereich Berufsbildung. Er ist öfter für kürzere Aufenthalte in Sierra Leone um Regierungseinrichtungen und NGOs in diesem Themenbereich zu beraten und zu unterstützen.

Der Inder im Frühstücksraum

Mein neuester Bekannter ist ein Inder, der im Landwirtschaftssektor tätig ist und für ein Unternehmen arbeitet, dass hier den Reisanbau voranbringen will. Früher hat Sierra Leone andere westafrikanische Länder mit Landwirtschaftsprodukten wie Reis versorgt, heute importiert das Land laut dem Inder 60% seiner Lebensmittel. Der Boden hier ist fruchtbar, aber wegen des Krieges und der Ebolakrise sind viele Felder, die früher bewirtschaftet wurden, nun wieder von der Natur zurückerobert. Der Inder kennt natürlich auch einen Deutschen, der schon lange im Land ist und wird mich mit ihm bekannt machen. Mit etwas Glück werde ich zum indischen Abendessen eingeladen. Wieder ein neuer Kontakt.

Das sind ein paar meiner Begegnungen, aus meinen ersten Tagen hier. Viele weitere werden folgen. Als nächstes kommen die ersten Begegnungen mit meinen Kolleginnen und Kollegen und dann mal schauen 🙂 

Was machst du da eigentlich?

“Was machst du da eigentlich?” war eine der am häufigsten gestellten Fragen auf die Information, dass ich nach Sierra Leone gehen werde. Noch weiß ich das selbst nicht so genau. Aber ich kann mit euch das Wissen teilen, das ich zum aktuellen Zeitpunkt schon habe.

“Da” das Sierra Leone in Westafrika. Für alle, die einen ähnlich tiefgehenden Erdkundeunterricht hatten wie ich: Am schnellsten findet ihr Sierra Leone auf der Karte, wenn ihr entweder den Namen in die Suche eingebt oder bei einer analogen Karte von Marokko aus die Küste nach unten wandert, bis ihr in Sierra Leone angekommen seid. Und da sitze ich nun, am Lumley Beach in Freetown (das ist die Hauptstadt). Infos zum Land und zur Stadt usw. kommen dann später irgendwann. Heute erst einmal: Was mache ich da eigentlich?

Ich bin als ZFD-Fachkraft bei der Conservation Society of Sierra Leone (CSSL). ZFD steht für Ziviler Friedensdienst oder auf Englisch Civil Peace Service. Dazu auch wann anders mal mehr Infos. Nur soviel sei noch gesagt: meine englische Bezeichnung hört sich um einiges cooler an: CPS Professional! 

Mein neuer Arbeitgeber: Conservation Society of Sierra Leone

CSSL wurde 1986 gegründet und blickt auf eine lange Geschichte und viele Erfolge zurück. Wir haben ein Büro in Freetown und zwei Regionalbüros. Eines in der Nähe des Lake Sofon und eines beim Gola Nationalpark. Das sind die beiden Gegenden im Land, in denen CSSL neben Freetown hauptsächlich tätig ist. Wenn es gut läuft, werde ich die beiden Regionalbüros in der letzten Maiwoche besuchen und dabei dann auch etwas vom Land sehen!

CSSL ist eine Umweltschutzorganisation – in ihrem Visionstatement steht als oberstes Ziel die Bewahrung der Natur und ihrer Schätze und Vielfalt durch nachhaltige Nutzung natürlicher Ressourcen. Um dieses Ziel zu erreichen, arbeitet CSSL auf mehreren Ebenen: Sie betreiben Advocacy/Lobbyarbeit auf politischer Ebene und der Ebene internationaler Unternehmen, sie arbeiten auf der Ebene der kommunalen Verwaltung und Chiefdoms, betreiben Forschung zum Thema und machen Aufklärungsarbeit in Dorfgemeinden und mit Schulklassen. CSSL greift dafür auf ein großes nationales und internationales Netzwerk zurück und versucht so auf möglichst allen gesellschaftlichen Ebenen anzusetzen, um das wichtige Thema Umweltschutz und nachhaltige Nutzung natürlicher Ressourcen bekannt zu machen und eine Veränderung im Denken und Handeln anzustoßen.

Aber zurück zur Frage: Was mache ich da eigentlich? Ich unterstütze CSSL im Bereich Öffentlichkeitsarbeit und Advocacy. Advocacy bedeutet übersetzt Anwaltschaft. Meist wird Advocacy für eine Gruppe oder eine Sache übernommen, die selbst nicht in der Position oder in der Lage ist, für die eigenen Rechte zu kämpfen. Es ist eine Art von Lobbying für andere. Während meiner drei Jahre hier soll ich CSSL dabei unterstützen, ihre Advocacy und Öffentlichkeitsarbeit strategischer aufzustellen und ein bis zwei Kolleginnen oder Kollegen im Team mein Wissen in dem Bereich weitergeben. Ganz praktisch gehört dazu, die Website zu überarbeiten (check that one out: www.cssl1986.org), Informationsmaterial zu planen und zu erstellen, Kommunikationspläne zu erstellen, Themen zu identifizieren und Kampagnen zu entwerfen. Ich mache das wahrscheinlich hauptsächlich mit einem Kollegen, der für Advocacy zuständig ist und schon lange dabei ist, und einer Kollegin, die für den Bereich Umweltbildung zuständig ist. Und wenn dann noch Zeit und Energie übrig ist, soll ich helfen, eine Strategie für Ökotourismus zu entwicklen und ja – wir brauchen dann bestimmt ein paar Testpersonen 😉

Erster Online-Workshop im CPS-Netzwerk

Einen ersten Eindruck von der Arbeit und den Herausforderungen sowie von Kolleginnen und Kollegen von anderen Partnerorganisationen im CPS (Civil Peace Service) Netzwerk hier in Sierra Leone konnte ich am Mittwoch schon sammeln. Mittwochnachmittag war mein erster Online-Workshop hier. Es ging um das Thema “How strategic is your advocacy?”. Von 13 angemeldeten Teilnehmenden waren nur sieben da. Teilweise wohl dem Regen geschuldet, der in Teilen des Landes schon nachmittags ziemlich stark war und Strom und Internet gekappt hat. Vor dem Workshop war ich etwas aufgeregt. Es war ja das erste Mal, dass ich Kolleginnen und Kollegen kennenlernen würde. Bisher hatte ich nur meinen Chef und eine Kollegin live getroffen. Aber es war alles ganz easy. 

Nach dem Einstieg mit einem muslimischen und einem christlichen Gebet wurde ich sehr herzlich empfangen und in die Gruppe aufgenommen. Es war sehr spannend direkt zu erfahren, wie Advocacy hier angegangen wird, welche Herausforderungen da sind und wie man sie wohl am besten angehen könnte. Außerdem habe ich direkt ein paar Partnerorganisationen bzw. Leute von den Partnerorganisationen kennengelernt. Da ist zum Beispiel Madame, die sich um Berufsausbildung bemühen, Organisationen, die sich für Frauen- und Mädchenrechte einsetzen, eine Organisation, die für das Recht auf Bildung kämpft usw. Ein sehr diverses Umfeld also, in dem ich tätig sein werde. Jede Organisation hat ihr eigenes Thema, aber es gibt immer wieder Schnittstellen. Über das CPS-Netzwerk soll Wissen und best practice ausgetauscht werden und gegebenenfalls auch gemeinsame Aktionen gestartet werden. Die Atmosphäre im Workshop war sehr gut, die Diskussionen sehr lebhaft und engagiert. Ich habe das Gefühl, da sind einige Leute mit sehr viel Energie und Willen, Situationen zu verändern. Aber auch die Schwierigkeiten scheinen nicht ohne zu sein. Jetzt am Mittwoch war der erste Teil des Workshops. Es folgen noch drei weitere Teile. Für mich war es auf jeden Fall ein guter Einstieg ins Thema und ein gutes Warm-Up für Montag. Da darf ich meine “Hotelquarantäne” verlassen und habe meinen ersten Tag im Büro. Das wird dann auch wieder etwas aufregend!   

Falls ihr jetzt immer noch nicht so genau wisst, was ich hier eigentlich mache: keine Sorge. Mir geht es noch ganz ähnlich, auch wenn sich das Bild langsam schärft. Was ich wirklich hier machen werde, das werde ich wahrscheinlich erst nach und nach erfahren und erleben.

First day in my life as an expat

Wer auf Insta meine Fotos von meinem ersten Tag hier gesehen hat, denkt nun ich bin im Urlaubsparadies angekommen. Für die Menschen, die Urlaub machen können, mag das stimmen, für den Großteil der Bevölkerung hier nicht. Schon auf dem Weg von der Fähre zum Hotel sprangen die Anzeichen für die Lebensrealität, die mich in den kommen Jahren umgeben wird, ins Auge: selten habe ich so viele Menschen in einer Hauptstadt mit Wasserkanistern Wasserholen sehen, spielende Kinder im Wasser, bei dem ich lieber nicht nachdenke, was alles drin ist, kleine zusammengezimmerte Häuschen und vieles mehr. 

In meinem Kopf ist angekommen, das wird hier kein Urlaub, aber es ist gut zu wissen, dass es kleine Inseln gibt, auf denen ich Kraft sammeln kann. Die ersten Inseln habe ich direkt an meinem ersten Tag kennengelernt.

Ein Expat – was ist das?

Einige von euch fragen sich bei der Überschrift vielleicht, was ist ein expat? Ich kenne das Wort auch noch nicht so lange, aber als alte Lateinerin konnte ich es mir natürlich sofort erschließen: expat steht für expatriat – also die, die sich außerhalb ihrer Heimat befinden. Das Interessante an dem Konzept der Expats ist, dass es offensichtlich auch damit zusammenhängt, dass man keinen Wohnsitz mehr im Heimatland hat. Ich kenne niemanden, der als Student länger im Ausland war oder die als Freiwillige ein Jahr woanders gelebt hat und sich als “Expats” bezeichnen würden. Expats scheinen nur Leute zu sein, die für internationale Organisationen, Regierungsinstitutionen und ähnliches ins Ausland gehen und sich dort in ihrer Expat-Community zusammenfinden. Dabei ist es vollkommen egal, woher die Expats kommen. Es ist also eine sehr internationale Gemeinschaft.

Das Vorurteil, dass ich zu Expats in meinem Kopf habe, ist, dass sie in ihrer eigenen Blase in einer Art Parallelgesellschaft leben. Eigentlich ist es mein Ziel, die nächsten drei Jahre nicht in der Expat-Community zu verbringen. Es wird sich zeigen, ob ich es schaffe, mir auch außerhalb Freundschaften und Beziehungen aufzubauen. Der Einstieg hier in Sierra Leone war auf jeden ein Expat-Tag par excellence.

Start in den Tag als Expat

Der Tag eines Expats startet im besten Fall in einem klimatisierten Zimmer. Das Badezimmer mit fließend Warmwasser ist nicht weit und zum Frühstück gibt es natürlich Kaffee mit Milch und allerlei anderen guten Sachen. 

Nach dem Frühstück geht es im klimatisierten Geländewagen, den der Expat natürlich auch privat nutzen darf, zu einem Ausflugsziel, das jemand aus der lokalen Bevölkerung niemals besuchen würde. In meinem Fall war es der Guma Valley Dam. Der Guma Valley Dam wurde in den 1960er Jahren gebaut und versorgt Freetown mit Wasser. Abgeholt wurde ich von Jonas, einer anderen Fachkraft von Brot für die Welt, der schon eine Weile hier ist und bald zurückkehrt nach Deutschland. Gemeinsam mit ihm und seiner Freundin, die gerade zu Besuch ist, fuhren wir also zum Damm. Nach einigem Palaver mit dem Mann am Gate – eigentlich muss man in Freetown im Guma Dam Building einen Pass besorgen (wahrscheinlich eine Art Ticket oder Passierschein) – ging es dann auch ohne Pass. Allerdings zu Fuß, die angeblich 1,5 km zum Damm. Da wir über eine Stunde brauchten in Flipflops und in hoher Luftfeuchtigkeit, denke ich, es waren dann doch mehr als 1,5 km. Die kleine Wanderung ging durch wunderschön grünen Wald, mit rießen Schnecken auf dem Weg (wirklich groß, bestimmt 20cm lang), Vogelgezwitscher und sogar ein Affe wurde gesichtet sowie viele bunte Schmetterlinge. Oben am Damm gab es sogar eine Picknickstelle, leider hatten wir nichts dabei… Also genossen wir den Ausblick auf den Stausee und die in den Wolken mystisch wirkenden Hügel ohne Picknick. Jonas holte zwar eine Mango vom Baum, aber die war alles andere als reif.

Traumstrand als Ziel, der nur mit eigenem Auto erreichbar ist

Nach der schweißtreibenden Wanderung hatten wir uns unser nächstes Ziel – einen der Traumstrände in der Nähe von Freetown – redlich verdient. Den Strand findet nur, wer weiß, wo er ist. Sowohl auf dem Weg zum Damm als auch zum Strand sind die Hinweisschilder so platziert, dass sie erst erscheinen, wenn man den Weg eh schon gefunden hat. Also alles Geheimtipps hier 😉 Und natürlich kommt man dort auch nur mit eigenem Auto hin, am besten ein Geländewagen. 

Aus dem Corona-geplagten Deutschland kommend, wo alle seit Wochen auf die Öffnung der Außengastronomie warten, ist ein kühles Bier unter Palmen, neben den Mangroven und mit Blick auf weiße Strände und kristallklares Wasser doppelt so wertvoll und erfrischend. Und es war ja mein erstes Bier in Sierra Leone! Zum Bier gab es lecker Hummus (hier gibt es eine ziemlich große libanesische Community, deshalb gibt es überall Hummus). 

Giftgrüne Schlangen und Hexen

Und dann waren wir ganz lange einfach nur faul und haben nichts gemacht – bis uns eine kleine grüne Schlange aus unserem Nichtstun riess. Plopp – machte es und auf einmal fiel sie vom Himmel (also vom Baum) direkt neben uns in den Sand. Giftgrün, so dick wie ein Finger und vielleicht einen halben Meter lang.

Die Bedienung meinte, sie wäre zwar sehr giftig, aber “normale” Menschen greift sie nicht an. Sie beißt nur Hexen. Also müssten wir uns keine Sorgen machen. Er hat das mit so einer Ruhe gesagt, dass man wirklich das Gefühl bekam, Sorgen sind ganz und gar überflüssig. Leider weiß ich immernoch nicht, ob die Schlange giftig war, aber nur Hexen beißt oder ob sie einfach auch gar nicht giftig war und vor allem – wen definiert die Schlange als Hexe???

Zum Strand selbst ist nicht so viel zu sagen, außer, dass er wirklich sehr schön ist. Wer mehr Fotos sehen will: einfach mal Cockle Point Beach in die Suchmaschine eingeben. Von unserem kleinen Strandlokal, das etwas versteckt im Mangrovenwald war, musste man noch durch hüfttiefes Wasser waten, um an den Meeresstrand zu kommen. Weißer Sand, Sonnenschirme aus Palmblättern und sanft rauschende Wellen – das Wasser ist ganz weich und warm. Die Wellen schaukeln einen ganz angenehm und sanft. Blickt man Richtung Süden sieht man Banana Island, blickt man ins Landesinnere, sieht man die grüne Hügelkette und auf der anderen Seite ist der unendliche Ozean.

Back to reality

Nach so viel Urlaubsfeeling geht es zurück in die Realität. Dafür reicht schon ein Besuch im Supermarkt auf dem Heimweg mit leeren Regalen und wenig einladender Atmosphäre, dem Stromausfall, der in der Wohnung seit dem Morgen schon auf einen wartet und die teure Rechnung des Elektrikers, der das Problem innerhalb von Minuten aber mit sehr viel “Hirnleistung” behebt. 

Für mich war der Tag ziemlich voll gewesen. Neue Umgebung, viele Eindrücke, Hitze und hohe Luftfeuchtigkeit und noch ganz viel in mir drin zu Verarbeiten. Entsprechend knocked-out war ich dann am Folgetag. Aber zunächst ging es erst einmal ins Bett, an meinem ersten Tag als Expat.


Noch eine Info: Ich habe jetzt einen Newsletter.

Ihr findet unten rechts ein Formular-Feld, über das ihr euch für meinen Newsletter anmelden könnt. Mir hat es gestern das Format zerschossen, ich schaue, dass ich das bald wieder hinbekomme, aber vielleicht kommt ihr trotzdem klar. Ihr müsst nur eure E-Mail-Adresse eingeben und auf „jetzt anmelden“ klicken. Dann bekommt ihr immer eine Info per E-Mail, wenn ein neuer Beitrag von mir veröffentlicht wurde und nur dann 😉

Und dann kam die Angst

Wenn ihr diese Zeilen lest, habe ich schon mein zweites Frühstück in Sierra Leone und einen aufregenden und vollen ersten Tag hier hinter mir. Mir geht es gut – nur an das Klima muss sich mein Körper noch etwas gewöhnen. Aber weil nicht immer alles nur easy läuft und diese Zeiten für mich innerlich doch sehr aufwühlend sind, möchte ich euch natürlich auch meine Zweifel und Ängste nicht vorenthalten. Hier deshalb ein kurzer Rückblick auf den Herflug:

Ich bin also wirklich gestartet. Ich habe von Anfang an gesagt, ich glaube es erst, wenn ich in Sierra Leone aus dem Flieger steige. Zu Lange hat sich die ganze Geschichte hingezogen. Zu sehr habe ich monatelang gehofft, dass es endlich losgeht für mich. Und dann saß ich auf einmal im Flieger, der Blick aus dem Fenster hat sich definitiv verändert: Ich sehe Frankreich unter den Schäfchenwolken vorbeiziehen und auf einmal bekomme ich es mit der Angst zu tun. Die Angst hat mich vollkommen überrascht. Darauf war ich nicht vorbereitet. Auf einmal war sie da. Dabei hatte der Tag so gut begonnen. Voller Tatendrang und Spannung auf das, was mich erwartet, habe ich die letzten Gepäckstücke zum Auto gebracht und mein bis-auf-weiteres letztes Laugenbrötchen gegessen. Auf dem Weg zum Flughafen habe ich die letzten Tränen des inneren Abschieds vergossen – der größte Teil der Tränen floss schon in den Tagen zuvor – und war am Flughafen frohen Mutes. Gepäckaufgabe, Check-In, überteuerter Flughafenkaffee, letzte Telefonate innerhalb Deutschlands, alles lief ohne Stress und ohne Wartezeit, nahezu perfekt also. 

Und auf einmal kommt die Angst. Angst, dass ich das alles niemals schaffen werde ohne meine Familie und meine Freundinnen und Freunde, die mich im Alltag immer stützen und begleiten. Angst, dass ich mich toll überfordere. Dass mich auch niemand davon abgehalten hat, denke ich mir noch. Ich komme mir schon vor, wie diese armen Gestalten aus den Gesang-Castings-Shows, bei denen sich immer alle denken “OMG! Hat die Person keinen Freundeskreis, der mal sagt, dass sich das furchtbar anhört????”. Ich denke mir also auch “OMG! Wieso hat in den vergangen Wochen niemand wenigstens versucht, mich von dieser Idee abzubringen?” So sitze ich da nun – Klein-Kaddl – die denkt, sie kann einfach mal alleine nach Sierra Leone fliegen, um dort ja was eigentlich zu tun? Der einzige andere echte Zweifel an der ganzen Unternehmung ist noch keine 24 Stunden alt. Nachdem ich mich von meinen Geschwistern und Großeltern verabschiedet hatte, hatte ich kurz mit dem Gedanken gespielt, mich einfach irgendwo zu verstecken und dann nicht fliegen zu müssen. Das zeugt von einem sehr reifen Umgang mit Stresssituationen wie ich finde 😉 Aus irgendeinem Grund habe ich mich aber doch fürs Fliegen entschieden. 

Die Angst kam zum ungünstigsten oder zum besten Zeitpunkt – das werden die nächsten Wochen zeigen. Auf jeden Fall gab es in dem Moment als sie kam, kein Zurück mehr. Ich saß auch nicht am Emergency-Exit; ich hatte also wirklich keine Option und musste erst einmal weiterfliegen. Da mir in der aktuellen Situation nichts anderes übrig blieb, entschied ich mich für das Gulasch aus dem Bordbistro (natürlich kein Vergleich zum Gulasch meiner Mutter, das ich erst am Vortag hatte), schaltete Meryl Streep ein und hoffte auf meine große Verdrängungskompetenz.

Notiz an mich: ich sollte meine Verdrängungskompetenz bei kommenden Vorstellungsgesprächen unbedingt bei meinen Stärken nennen. Nach dem Gulasch und dem Film ging es mir gleich viel besser. Vielleicht hat auch der Blick auf die beruhigende Eintönigkeit und Wellenförmigkeit der Sahara das ihrige dazugetan. 

Wie immer bei längeren Flügen, habe ich bei der Ankunft das Gefühl auf einmal und ohne jede Vorwarnung aus diesem ruhigen, behüteten Raum des Flugzeuges ins Unbekannte geworfen zu werden. Bam! und Hallo Luftfeuchtigkeit. Wo genau soll ich jetzt hin und wer will wann welche Zettel von mir sehen? Ah – hier ist nur die Temperaturmessstation…

Die Ankunft am Flughafen und vor allem der Weg vom Flughafen zum Hotel sind ein kleines Abenteuer für sich, auf das sich alle freuen dürfen, die planen, mich zu besuchen. Der Internationale Flughafen ist nicht in Freetown, sondern in Lungi. Nach Passkontrolle, Gepäckausgabe und Covid-Test muss man zunächst mit dem Bus zur Fähre und dann mit selbiger nach Freetown übersetzen. Ich jedenfalls habe es genossen, das Gewusel bei der Gepäckaufgabe für die Fähre, wie drei Männer mit vollem Körpereinsatz meinen während des Fluges geöffneten Koffer wieder zusammenzurrten (ich habe immer noch nicht reingeschaut, was alles nicht mehr im Koffer ist), die Busfahrt über Stock und Stein und Off-Road-Gassen zum Anleger, den wackeligen Holzsteg zur Fähre und die Überfahrt. Alles bei Dunkelheit, deshalb ohne overload an visuellen Eindrücken. 

Endlich im Hotel angekommen blieb mir nur noch die Klimaanlage, die auf 16° eingestellt war, auszuschalten, zu duschen und dann im Bett liegend meinem ersten Regenzeit-Sturm zu lauschen und einzuschlafen – ganz ohne Angst.

How to start this blog?

Ja, wie eigentlich anfangen mit diesem Blog, der euch von meinem Leben in Sierra Leone berichten soll, wenn ich selbst gerade an meinem Küchentisch in Moorenbrunn sitze und in den winterlichen Maimorgen blicke.

Nach langer Wartezeit und Geduldsprobe ist seit Januar klar: es geht für mich für drei Jahre nach Sierra Leone, Westafrika. Auf einmal ging gefühlt dann doch alles ganz schnell. Knapp über zwei Monate Vorbereitungszeit liegen nun hinter mir. In diesen Wochen habe ich erste Einblicke bekommen in Geographie, Geschichte, Kultur und Menschen Sierra Leones. Ich wurde vorbereitet auf meine Rolle als Fachkraft aus Europa, als Beraterin vor Ort, auf schwierige Lebensumstände wie nicht existierender Gesundheitsversorgung, Mangel an (Trink)wasser, nicht vorhandener Infrastruktur, marodes Bildungssystem und Korruption begleitet von großer Armut und Perspektivlosigkeit. Gleichzeitig habe ich viel gehört und gelesen (natürlich in renommierten Fachartikeln) über die positive Energie der Menschen. 

Ich bin also sehr gespannt auf mein Leben zwischen den Spannungsfeldern von unglaublichen Herausforderungen und energiegeladenen Veränderungswillen.

Meine neuen Kolleginnen und Kollegen gehören – was ich bisher mitbekommen habe – auf jeden Fall zur energiegeladenen Seite der Medaille. Ich werde in Freetown bei der Conservation Society of Sierra Leone (CSSL) arbeiten, die sich für Umweltschutz und nachhaltige Nutzung natürlicher Ressourcen einsetzt. Was CSSL genau macht und wo CSSL überall tätig ist, dazu in späteren Posts mehr, wenn ich selbst mehr darüber weiß.

In den nächsten Tagen muss ich erst einmal die Herausforderung bewältigen, mich hier von meinem Küchentisch, von meinem Blick aus dem Fenster und vor allem von all den Menschen hier zu verabschieden und gut in den neuen Abschnitt meines Lebens zu starten.

Ich bin mir sicher, die Vorbereitungszeit ist eine Stütze und ich werde öfter darauf zurückgreifen, aber ob sie wirklich vorbereiten kann, auf das was kommt? Ich weiß es nicht. Ich weiß nur, dass ich besonders in der ersten Zeit auf die Geduld und die Hilfe der Menschen in meiner Umgebung und auch von euch zu Hause angewiesen bin. Ich freue mich, wenn ihr mich in dieser Zeit begleitet und bin gespannt auf Rückmeldungen und Anregungen.

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