“Was machst du da eigentlich?” war eine der am häufigsten gestellten Fragen auf die Information, dass ich nach Sierra Leone gehen werde. Noch weiß ich das selbst nicht so genau. Aber ich kann mit euch das Wissen teilen, das ich zum aktuellen Zeitpunkt schon habe.
“Da” das Sierra Leone in Westafrika. Für alle, die einen ähnlich tiefgehenden Erdkundeunterricht hatten wie ich: Am schnellsten findet ihr Sierra Leone auf der Karte, wenn ihr entweder den Namen in die Suche eingebt oder bei einer analogen Karte von Marokko aus die Küste nach unten wandert, bis ihr in Sierra Leone angekommen seid. Und da sitze ich nun, am Lumley Beach in Freetown (das ist die Hauptstadt). Infos zum Land und zur Stadt usw. kommen dann später irgendwann. Heute erst einmal: Was mache ich da eigentlich?
Ich bin als ZFD-Fachkraft bei der Conservation Society of Sierra Leone (CSSL). ZFD steht für Ziviler Friedensdienst oder auf Englisch Civil Peace Service. Dazu auch wann anders mal mehr Infos. Nur soviel sei noch gesagt: meine englische Bezeichnung hört sich um einiges cooler an: CPS Professional!
Mein neuer Arbeitgeber: Conservation Society of Sierra Leone
CSSL wurde 1986 gegründet und blickt auf eine lange Geschichte und viele Erfolge zurück. Wir haben ein Büro in Freetown und zwei Regionalbüros. Eines in der Nähe des Lake Sofon und eines beim Gola Nationalpark. Das sind die beiden Gegenden im Land, in denen CSSL neben Freetown hauptsächlich tätig ist. Wenn es gut läuft, werde ich die beiden Regionalbüros in der letzten Maiwoche besuchen und dabei dann auch etwas vom Land sehen!
CSSL ist eine Umweltschutzorganisation – in ihrem Visionstatement steht als oberstes Ziel die Bewahrung der Natur und ihrer Schätze und Vielfalt durch nachhaltige Nutzung natürlicher Ressourcen. Um dieses Ziel zu erreichen, arbeitet CSSL auf mehreren Ebenen: Sie betreiben Advocacy/Lobbyarbeit auf politischer Ebene und der Ebene internationaler Unternehmen, sie arbeiten auf der Ebene der kommunalen Verwaltung und Chiefdoms, betreiben Forschung zum Thema und machen Aufklärungsarbeit in Dorfgemeinden und mit Schulklassen. CSSL greift dafür auf ein großes nationales und internationales Netzwerk zurück und versucht so auf möglichst allen gesellschaftlichen Ebenen anzusetzen, um das wichtige Thema Umweltschutz und nachhaltige Nutzung natürlicher Ressourcen bekannt zu machen und eine Veränderung im Denken und Handeln anzustoßen.
Aber zurück zur Frage: Was mache ich da eigentlich? Ich unterstütze CSSL im Bereich Öffentlichkeitsarbeit und Advocacy. Advocacy bedeutet übersetzt Anwaltschaft. Meist wird Advocacy für eine Gruppe oder eine Sache übernommen, die selbst nicht in der Position oder in der Lage ist, für die eigenen Rechte zu kämpfen. Es ist eine Art von Lobbying für andere. Während meiner drei Jahre hier soll ich CSSL dabei unterstützen, ihre Advocacy und Öffentlichkeitsarbeit strategischer aufzustellen und ein bis zwei Kolleginnen oder Kollegen im Team mein Wissen in dem Bereich weitergeben. Ganz praktisch gehört dazu, die Website zu überarbeiten (check that one out: www.cssl1986.org), Informationsmaterial zu planen und zu erstellen, Kommunikationspläne zu erstellen, Themen zu identifizieren und Kampagnen zu entwerfen. Ich mache das wahrscheinlich hauptsächlich mit einem Kollegen, der für Advocacy zuständig ist und schon lange dabei ist, und einer Kollegin, die für den Bereich Umweltbildung zuständig ist. Und wenn dann noch Zeit und Energie übrig ist, soll ich helfen, eine Strategie für Ökotourismus zu entwicklen und ja – wir brauchen dann bestimmt ein paar Testpersonen 😉
Erster Online-Workshop im CPS-Netzwerk
Einen ersten Eindruck von der Arbeit und den Herausforderungen sowie von Kolleginnen und Kollegen von anderen Partnerorganisationen im CPS (Civil Peace Service) Netzwerk hier in Sierra Leone konnte ich am Mittwoch schon sammeln. Mittwochnachmittag war mein erster Online-Workshop hier. Es ging um das Thema “How strategic is your advocacy?”. Von 13 angemeldeten Teilnehmenden waren nur sieben da. Teilweise wohl dem Regen geschuldet, der in Teilen des Landes schon nachmittags ziemlich stark war und Strom und Internet gekappt hat. Vor dem Workshop war ich etwas aufgeregt. Es war ja das erste Mal, dass ich Kolleginnen und Kollegen kennenlernen würde. Bisher hatte ich nur meinen Chef und eine Kollegin live getroffen. Aber es war alles ganz easy.
Nach dem Einstieg mit einem muslimischen und einem christlichen Gebet wurde ich sehr herzlich empfangen und in die Gruppe aufgenommen. Es war sehr spannend direkt zu erfahren, wie Advocacy hier angegangen wird, welche Herausforderungen da sind und wie man sie wohl am besten angehen könnte. Außerdem habe ich direkt ein paar Partnerorganisationen bzw. Leute von den Partnerorganisationen kennengelernt. Da ist zum Beispiel Madame, die sich um Berufsausbildung bemühen, Organisationen, die sich für Frauen- und Mädchenrechte einsetzen, eine Organisation, die für das Recht auf Bildung kämpft usw. Ein sehr diverses Umfeld also, in dem ich tätig sein werde. Jede Organisation hat ihr eigenes Thema, aber es gibt immer wieder Schnittstellen. Über das CPS-Netzwerk soll Wissen und best practice ausgetauscht werden und gegebenenfalls auch gemeinsame Aktionen gestartet werden. Die Atmosphäre im Workshop war sehr gut, die Diskussionen sehr lebhaft und engagiert. Ich habe das Gefühl, da sind einige Leute mit sehr viel Energie und Willen, Situationen zu verändern. Aber auch die Schwierigkeiten scheinen nicht ohne zu sein. Jetzt am Mittwoch war der erste Teil des Workshops. Es folgen noch drei weitere Teile. Für mich war es auf jeden Fall ein guter Einstieg ins Thema und ein gutes Warm-Up für Montag. Da darf ich meine “Hotelquarantäne” verlassen und habe meinen ersten Tag im Büro. Das wird dann auch wieder etwas aufregend!
Falls ihr jetzt immer noch nicht so genau wisst, was ich hier eigentlich mache: keine Sorge. Mir geht es noch ganz ähnlich, auch wenn sich das Bild langsam schärft. Was ich wirklich hier machen werde, das werde ich wahrscheinlich erst nach und nach erfahren und erleben.
Allmächt! Kaddl, du bist so stark wie ARD und ZDF zusammen, ABS hast sowieso. Danke für die Erhellung. Ich drücke die Daumen für Montag! Darauf einen Advocaat, deine Testperson