Ich sitze im Büro und genieße die Stille. Kein Generator, keine Musik, kein Gottesdienst. Himmlische Ruhe. Der eine Kollege im Urlaub, die Kollegin auf wichtiger Mission außer Haus, alle anderen in wichtigen Besprechungen, so dass ich tatsächlich Zeit finde, etwas von meiner Arbeit der letzten Wochen zu berichten.

Das Jahr hat gut angefangen mit einer schönen Mischung aus arbeiten im Büro und unterwegs sein. Generell ist es gerade entspannt in der Arbeit. Es ist zwar viel zu tun, aber ich fühle mich gut eingebunden und mache Sachen, die Spaß machen.

School engagements zu threatened species

Im Januar haben wir, meine Kollegin Mariama, mein Kollege Abdul und ich, unsere School Nature Clubs besucht. Insgesamt sind es 15 an der Zahl, die auf der ganzen Peninsula verteilt sind. Da wir nicht einfach zu den Schulen fahren können, um dort einen Vortrag zu halten, sind wir erst alle Schulen abgefahren, um unseren Kalender 2024 zu verteilen, und zugleich zu fragen, ob wir in der Folgewoche kommen können für engagements mit den Schülerinnen und Schülern. Es ist etwas aufwendig, weil diese Terminfindung immer im direkten Kontakt und nicht per Telefon, Email oder messenger stattfindet. Aber immerhin: ein paar Tage nicht im Büro 😊

Für unser Spring Alive Programm habe ich dieses Jahr ein Plakat mit gefährdeten Vogelarten Sierra Leones gestaltet. Wir haben in den Schulen das Poster vorgestellt, die Schülerinnen und Schüler gefragt, welche Vögel sie kennen und sie aufgeklärt, warum es wichtig ist, alle Arten zu schützen.

Wir hatten wie immer spannende und sehr gute Fragen von den Schülerinnen und Schülern. Alle sind auch immer sehr interessiert, wenn ich von Deutschland erzähle und ihnen erkläre, dass viele Vögel und andere Tiere, die es hier gibt, sonst nirgends zu finden sind. Das macht sie sehr wertvoll.

Teilweise gibt es Bildbeschriftungen per mouse-over.

Hier ist das Poster für euch. Einige der Vögel habe ich schon gesehen:

Gola Malimbe, Timneh Parrot, Hooded Vulture, Woolly-necked Storck, Skimmer, White-necked Picathartes.

Ich habe zwar schon ein paar Hornbills gesehen, aber keinen von den beiden auf dem Poster und leider, leider haben wir auch wieder keine Flamingos gesehen beim Waterbird count.

Auf unserer website findet ihr noch ein kleines Quiz. Wenn man auf die Vogelbilder klickt, dann drehen sie sich um und zeigen den IUCN Redlist status.  https://cs-sl.org/threatened-bird-species/

IUCN Redlist – ein kleiner Exkurs

Ich bin mir nicht sicher, ob ich schon einmal über die IUCN Redlist geschrieben habe? IUCN steht für International Union for Conservation of Nature. IUCN vereint Regierungen und zivilgesellschaftliche Organisationen und Institutionen. Ein großes Mitglied ist Birdlife International und CSSL ist wiederum Teil von Birdlife. Die IUCN redlist führt Pflanzen, Pilze und Tiere weltweit und ihren Bedrohungsgrad.

Es gibt neun Kategorien: Not Evaluated, Data Deficient, Least Concern, Near Threatened, Vulnerable, Endangered, Critically Endangered, Extinct in the Wild und Extinct.

Auf der website könnt ihr auch schauen, welche Tiere in Deutschland vom Aussterben bedroht sind: https://www.iucnredlist.org/

Die Daten aus unseren Birdcounts zum Beispiel fließen in die IUCN Datenbank und die Bewertung des Bedrohungsstatus von Vögeln in Sierra Leone.

I am not a pet!

Letztes Jahr im Oktober zur Wildlife Week hatten wir schon Poster und Sticker vorbereitet für die School Nature Clubs zum Thema Wildlife. Wir haben eine Konferenz veranstaltet mit Vertreterinnen und Vertretern der Regierung, CSOs und communities zum Wildlife Act. Der Wildlife Act ist von 1972 und muss dringend überholt werden. Außerdem gibt es viel Unwissen zum Wildlife Act. Offiziell ist es verboten, bestimmte Tiere wie Schimpansen, Affen, Schuppentiere, Schildkröten, Papageien und weitere zu fangen, in Gefangenschaft zu halten, zu jagen, zu töten und zu essen. Aber es gibt überall Monkey soup und bushmeat.

Wir haben deshalb für die School Nature Clubs noch eine Einheit zum Thema I am not a pet organisiert mit Informationen, weshalb wilde Tiere in die Natur gehören und nicht in unsere Häuser. Ein wichtiger Punkt ist hier natürlich auch, dass Krankheiten wie Ebola und Covid von Tieren auf Menschen übertragen wurden. Immer wieder sehe ich Leute, die Affen zum Kauf anbieten, oder höre von Leuten, die Affen als Haustiere an der Leine halten, manchmal auch im Käfig eingesperrt, wie erst hier selbst fotografiert letzte Woche in Shenge. Ich habe es direkt der NPAA (National Protected Area Authority) gemeldet, aber ob die etwas machen, wenn der Affe einer einflussreichen Person gehört? Keine Ahnung.

World Wetlands Day

Am 2. Februar war World Wetlands Day. Einer unserer School Nature Clubs hat zu diesem Anlass den nahegelegenen Swamp besucht. Mariama und ich sind mitgegangen. Von der Schule aus erst einmal 20 Minuten ungefähr durch die Wohngegend, um dann eine kleine Einheit zur Bedeutung von Feuchtgebieten zu halten. Ich habe das alles ganz schön auf unserer website aufbereitet. Deshalb schreibe ich hier jetzt nicht nochmal alles. Ihr könnt einfach hier vorbeischauen und euch einlesen, in die Bedeutung von Wetlands for human well-being: https://cs-sl.org/world-wetlands-day-2024/

Noch eine kleine Anekdote: Meiner Kollegin ist der Schuh unterwegs kaputt gegangen. Aber kein Problem. Einer der Schüler arbeitet nach der Schule als Schuster. Er hat sofort Nadel und Faden ausgepackt und ihren Schuh eben mal schnell repariert.

Waterbird Census 2024

Und dann ging es letzte Woche endlich wieder Vögelzählen. Nachdem meine Kollegen im November ohne mich 10 Tage ein Rapid Biodiversity Assessment gemacht haben, hatten sie wohl ein schlechtes Gewissen. Eigentlich wollte ich da schon für 5 Tage mit, aber dann war natürlich wieder Kommunikation und zu wenig Benzingeld geplant… Also konnte ich nicht mehr dazustoßen. Dafür ging es dann letzte Woche wieder drei Tage auf´s Boot. Ich wäre gerne noch einen Tag länger geblieben, aber naja. Das Leben ist kein Wunschkonzert. Auch so war es super mal wieder drei Tage durch die Mangroven und vorbei an Stränden zu shippern, raus der Großstadt und rauf auf den mudflat.

Es war etwas stressig teilweise, weil ich alleine notiert habe und zwei Leute mir die Vogelnamen und Zahlen zugeworfen haben, aber ich bin ja quasi schon Profi. Tagsüber auf dem Boot, und dann abends noch Listen übertragen, Zahlen zusammenzählen und früh ins Bett. Ich habe die finalen Zahlen noch nicht, weil ich am ersten Tag nicht dabei war, aber in den drei Tagen, an denen ich dabei war, haben wir knapp 25.000 Vögel gezählt. Ärgerlicherweise habe ich natürlich die Kamera an Bord gelassen, als wir zwei Stunden lang am mudflat gezählt haben. Dabei waren wir da so mega nah an den Vögeln dran und haben sogar einen Black Heron gesehen. Das wären super Fotos gewesen. Ich kann nur hoffen, dass ich daraus lerne… Ich dachte erst, wir gehen nur kurz raus, zählen, steigen ein und fahren weiter. Das machen wir manchmal. Aber dann sind wir nicht mehr zurück zum Boot. Es ist auch ziemlich anstrengend. Es ist heiß, wir stehen da in der knallen Sonne auf dunklem Schlamm. Dann sinkt man, wenn man Glück hat, bis zum Knöchel ein, wenn man Pech hat, auch mal bis zum Knie. Könnt euch vorstellen, dass ich am nächsten Tag meine Beine gespürt habe nach über zwei Stunden Matsch-Staken. Ich ziehe immer meine Sneaker an, weil im Schlamm sind Muscheln, Austern, und andere Spitze Tiere, die einem echt die Fußsohlen aufreisen können. Das macht es aber nicht leichter beim Laufen.

Ein Favorit dieses Jahr: mal wieder die Great White Pelicans. Eine Gruppe ist direkt an uns vorbeigeflogen.

Dann gab es große Aufregung, weil wir dachten, wir hätten Flamingos gesehen, waren dann aber „leider“ Spoonbills. Spoonbills sind auch super. Die haben einen Schnabel, der wie ein Löffel geformt ist und gründeln damit im Schlamm. Der Black Heron wäre ein Megafoto gewesen. Damit ihr versteht, weshalb ich den so toll finde, habe ich euch Fotos aus wikipedia kopiert. Er öffnet seine Flügel wie einen Schirm, der Schatten spendet, zum Fischen. Die Fische sehen so nicht, wenn der Schnabel kommt. Sehr smart! Ich habe meinen ersten Purple Heron gesehen und mich sonst über viele Bekannte vom letzten Jahr gefreut.

Anmerkung: Die Namen erscheinen mit mouse-over. Ich kenne leider nur die englischen Namen. Heron und Egret bedeutet Reiher. Den Rest müsstet ihr euch selbst erschließen 😉

Dieses Mal gab es keinen Bootzwischenfall und wir waren beide Nächte in Shenge im Guesthouse. Also alles ganz unspektakulär 😉 Haben aber super billig seafood bekommen. Eine Tüte Krabben für nur 10 Leones (24.5 Leones sind gerade ein Euro) und den ganzen Eimer Hummer für nur 60 Leones. Schnäppchen. Shenge mag ich wirklich gerne. Es ist super entspannt hier, gibt immer gutes Essen und ich kenne mich schon aus, so dass ich den Kiosk und die Bar alleine finde.

Und: Am Morgen in Shenge habe ich endlich meine allerersten Timneh Parrots in freier Wildbahn gesehen!

Aufmerksamen ist aufgefallen: zwei der gefährdeten Vogelarten kommen in diesem Beitrag vor: Ihr kennt nun auch schon den Timneh Parrot und den Woolly-necked Storck!

Und wie immer die Rubrik, was geht sonst so?

Sehr viel. Das kulturelle Angebot ist gerade verrückt. Ich war bei einem Pop-up Space, bei dem verschiedene Künstlerinnen und Künstler aufgetreten sind. Der Pop-Up Space wird von einem Freund von mir organisiert und hat dieses Mal in der Wohnung einer Freundin stattgefunden. Es gab Lieder, Gedichte, Kunstwerke. Eine bunte Mischung. Wirklich sehr cool. In der gleichen Woche fand der italienische Abend statt, bei einer Italienerin, die bei der EU arbeitet, und einen wahnsinns Balkon hat. Die ganze Nacht wurde zu italienischer Musik getanzt und gesungen. Ich singe nun fließend italienisch. Dann gab es mal wieder eine riesen beachparty, weil fünf Leute ihre Geburtstage zusammengelegt haben und somit der ganze Beach zur Partyzone wurde. Letzten Samstag hat besagter Freund noch einen Poetry Slam organisiert und danach ging es zur Rooftop Party mit Pool und in der Woche zuvor hat die irische Botschaft gemeinsam mit House of Salone einen feministischen Abend veranstaltet. In der Kletterhalle hatten wir am Dienstag die dritte Movie-Night und heute Abend geht es mal wieder zum italien Dinner. Geburtstag von Baby Karl war auch noch. Hannah und Max haben und hatten auch schon wieder Besuch aus Deutschland, der bei mir unterkam. Es wird also nicht langweilig.

Es ist also ganz gut, dass die Arbeit gerade nicht zu stressig ist. Trotzdem habe ich es geschafft, an ein paar Workshops und dem Launch des Waterfunds teilzunehmen. Und unser Newsletter für das letzte Quartal 2023 ist auch endlich verschickt. Wer will kann sich gerne in unsere Mailingliste eintragen. Einfach kurz Bescheid geben. Wir sind jetzt übrigens auch auf insta. Da bekommt ihr alle Vogelfotos schon vorab 😉

Für mich geht es morgen nach Kono. Dort war ich noch nie, deshalb freue ich mich mega und bin schon sehr gespannt. Gemeinsam mit Hannah, Max und deren Besuch wollen wir den Sankan Biriwan, den zweithöchsten Berg Sierra Leones, besteigen. Das bedeutet auch zwei Nächte im Zelt auf dem Berg. Ich bin gespannt!

Anmerkung: Mir wurde gesagt, ich soll nicht so viele Fotos posten. Das wäre zuviel. Ich habe versucht, mich nun zu beschränken, aber es ist nicht einfach. Heute deshalb, zuviele Fotos…. Deshalb hier gleich noch eins zum Abschluss. 🙂