Es ist Krieg in Europa. Auch wenn der Krieg für mich geographisch sehr weit weg ist, war ich nicht minder schockiert über den Kriegsbeginn in der Ukraine. Voller Ungläubigkeit verfolge ich die Nachrichten. Krieg – ich werde es wohl nie wirklich verstehen. Zu vielschichtig sind die Kriege dieser Welt und deshalb auch so schwierig für mich, sie zu verstehen. So schwierig, sie wieder zu beenden. Für Deutschland und Europa ist der Krieg nun auf einmal nah. Da wir sonst in einer Blase des Friedens leben, vergessen wir manchmal, dass Frieden wertvoll ist und nicht für alle Menschen selbstverständlich.

Für mich war klar, ich möchte etwas über „Krieg“ schreiben. Aber nun merke ich, wie schwer es mir fällt und wie sehr mir die Worte fehlen. Immer wenn ich anfange, mich über Kriege und Konflikte zu informieren, komme ich schnell an meine Grenzen. Sprachlos wegen des Leides, der Unsinnigkeit und Aussichtslosigkeit auf einen stabilen Frieden bleibe ich zurück.

Wer sich mit einem der für mich komplexesten Konflikte auseinandersetzen möchte, kann versuchen sich einen Überblick zu verschaffen zu den beteiligten Parteien, ihren Interessen und Verflechtungen des Konfliktes in der Demokratischen Republik Kongo. Der Konflikt forderte in den letzten 20 Jahren über 3 Millionen Menschenleben. Hinzukommen Fluchtgeschichten, Misshandlungen, Missbrauch – und vieles nur wegen der Rohstoffe, die unter anderem in unseren Smartphones stecken.

Manchmal ist es leichter, sich schweren Themen mit Zahlen zu nähern, deshalb hier eine Übersicht von Wikipedia zu Kriegen und Konflikten 2021/2022. Die verschiedenen Farben zeigen die Intensität der Gewalt und der Opferzahlen an. Leider hilft es mir beim Thema Krieg nicht, mich über Zahlen zu nähern. Da sie das schreckliche weltweite Ausmaß nur verdeutlichen.

dunkelrot: Major wars, 10,000+ deaths in current or past calendar year   
rot: Wars, 1,000–9,999 deaths in current or past calendar year   
orange: Minor conflicts, 100–999 deaths in current or past calendar year   
gelb: Skirmishes and clashes, 10–99 deaths in current or past calendar year

Was ist Krieg?

Vielleicht ist die Annährung über eine Definition einfacher? Es gibt verschiedene Definitionen für Krieg. Die meisten sind sich einig, dass es sich um einen mit Waffen und Gewalt ausgetragenen Konflikt zwischen mindestens zwei Parteien handelt. In einigen Definitionen ist beim Krieg mindestens eine der beteiligten Parteien ein Staat, und es gibt ein planmäßiges Vorgehen, um die eigenen Ziele zu erreichen. Der Krieg wird dadurch vom „bewaffneten Konflikt“ unterschieden. Der bewaffnete Konflikt kann sporadisch entstehen und muss nicht immer strategischer Natur sein. Ich erinnere mich auch noch wage, dass ich im Studium einmal gelernt habe, dass zwar die Opferzahl nicht alleinig ausschlaggebend ist für die Anwendung des Begriffs „Krieg“ auf einen Konflikt, aber ab 1.000 Todesopfern, spricht die Weltgemeinschaft meist nicht mehr von einem bewaffneten Konflikt, sondern von Krieg. Dass dies alles nur Zahlen und Definitionen sind, erfahren wir gerade wieder einmal jeden Tag über die Medien. Jeder Krieg bringt unglaubliches Leid über alle, die von ihm betroffen sind.

Konflikte ohne Ende

Als der Krieg in der Ukraine ausgebrochen ist, war mir klar, ich möchte meine Gedanken zum Krieg mit euch teilen. Die Menschen, die vor dem Krieg in der Ukraine fliehen, erfahren ein unglaubliches Maß an Solidarität und Anteilnahme aus Europa. Es tut sehr gut, das zu sehen. Zugleich zeigt es wieder einmal, wie unterschiedlich wir auf die Not von Menschen reagieren – je nachdem, ob sie uns gefühlt nahe sind, oder nicht. Neben den Kriegen und bewaffneten Konflikten, die es in die deutschen Abendnachrichten „schaffen“ – wie der Krieg in der Ukraine, der Krieg in Syrien und im Jemen – gibt es viele weitere bewaffnete Konflikte und Kriege auf der Welt, von denen wir nichts erfahren und von denen wir meist auch gar nichts wissen. Durch mein Studium und auch meine Arbeit und mein Interesse an der Welt, weiß ich von einigen dieser Konflikte, aber dennoch erschütterte mich die lange Liste der ongoing conflicts, insbesondere, da viele schon seit Jahrzehnten schwelen und immer wieder mit hoher Intensität ausbrechen.

In Kolumbien schwelt seit Mitte der 1960er Jahre ein regionalbegrenzter Krieg/bewaffneter Konflikt, von dem man in deutschen Nachrichten kaum etwas mitbekommt. Alleine in den ersten Monaten diesen Jahres sind dort schon knapp über 400 Menschen wegen des Konfliktes gestorben. Der somalische Bürgerkrieg begann 1991 und ist bis heute nicht beendet. Es gibt ruhiger und weniger ruhiger Phasen seitdem. Seit Januar sind schon fast 800 Menschen in diesem Konflikt verstorben. Im mexikanischen Drogenkrieg sind dieses Jahr schon über 1.200 Menschen getötet worden. Den terroristischen Aktionen von Boko Harram fielen dieses Jahr schon über 1.000 Menschen zum Opfer, in verschiedenen Ländern. Im Vergleich dazu starben im syrischen Bürgerkrieg im Jahr 2022 bisher knapp unter 1.000 Menschen. Die Zahlen habe ich Wikipedia entnommen.

Eigentlich wollte ich euch ein paar der “vergessenen” Konflikte heute näherbringen. Aber irgendwie fließt es nicht aus mir heraus. Der Artikel liegt nun schon seit über einer Woche unfertig auf meinem Desktop herum. An Stelle von langen Ausführungen und Darstellungen zu aktuellen Konflikten auf der Welt, gibt es deshalb heute nur einen kurzen Gedanken von mir.

Dankbarkeit und Demut

Es geht mir nicht darum, zu zeigen, wie schlecht es vielen anderen Menschen geht, wie viele Menschen weltweit Kriegsflüchtlinge sind – im eigenen Land oder in den Nachbarländern – ich denke nur, wir als in Deutschland (nach 1945) Geborene und/oder Lebende, sollten uns ab und an bewusst machen, welch ein verdammtes Glück wir bisher hatten, dass wir in Frieden leben dürfen, dass wir keine Angst haben müssen vor Bomben, Trümmern, zerstörten Häusern. Dass wir uns keine Sorgen machen müssen, um uns selbst, unsere Familien und Bekannten.

Ich bin emotional sehr ergriffen, wenn ich sehe, wie viel Solidarität die Menschen in der Ukraine erfahren und vor allem auch mit wie viel Tapferkeit und Entschlossenheit sie ihre Heimat und ihre Freiheit verteidigen. Ich hoffe, dass diese Solidarität sich vervielfältigt und auch allen anderen Menschen zuteilwird, die vor Krieg und Zerstörung fliehen und ihre Heimat verlassen müssen, weil sie dort nicht sicher sind.

In diesem Sinne überlasse ich euch euren eigenen Gedanken in der Hoffnung, dass möglichst viele Menschen auf der Welt Frieden erleben und in Frieden leben können.