First day in my life as an expat

Wer auf Insta meine Fotos von meinem ersten Tag hier gesehen hat, denkt nun ich bin im Urlaubsparadies angekommen. Für die Menschen, die Urlaub machen können, mag das stimmen, für den Großteil der Bevölkerung hier nicht. Schon auf dem Weg von der Fähre zum Hotel sprangen die Anzeichen für die Lebensrealität, die mich in den kommen Jahren umgeben wird, ins Auge: selten habe ich so viele Menschen in einer Hauptstadt mit Wasserkanistern Wasserholen sehen, spielende Kinder im Wasser, bei dem ich lieber nicht nachdenke, was alles drin ist, kleine zusammengezimmerte Häuschen und vieles mehr. 

In meinem Kopf ist angekommen, das wird hier kein Urlaub, aber es ist gut zu wissen, dass es kleine Inseln gibt, auf denen ich Kraft sammeln kann. Die ersten Inseln habe ich direkt an meinem ersten Tag kennengelernt.

Ein Expat – was ist das?

Einige von euch fragen sich bei der Überschrift vielleicht, was ist ein expat? Ich kenne das Wort auch noch nicht so lange, aber als alte Lateinerin konnte ich es mir natürlich sofort erschließen: expat steht für expatriat – also die, die sich außerhalb ihrer Heimat befinden. Das Interessante an dem Konzept der Expats ist, dass es offensichtlich auch damit zusammenhängt, dass man keinen Wohnsitz mehr im Heimatland hat. Ich kenne niemanden, der als Student länger im Ausland war oder die als Freiwillige ein Jahr woanders gelebt hat und sich als “Expats” bezeichnen würden. Expats scheinen nur Leute zu sein, die für internationale Organisationen, Regierungsinstitutionen und ähnliches ins Ausland gehen und sich dort in ihrer Expat-Community zusammenfinden. Dabei ist es vollkommen egal, woher die Expats kommen. Es ist also eine sehr internationale Gemeinschaft.

Das Vorurteil, dass ich zu Expats in meinem Kopf habe, ist, dass sie in ihrer eigenen Blase in einer Art Parallelgesellschaft leben. Eigentlich ist es mein Ziel, die nächsten drei Jahre nicht in der Expat-Community zu verbringen. Es wird sich zeigen, ob ich es schaffe, mir auch außerhalb Freundschaften und Beziehungen aufzubauen. Der Einstieg hier in Sierra Leone war auf jeden ein Expat-Tag par excellence.

Start in den Tag als Expat

Der Tag eines Expats startet im besten Fall in einem klimatisierten Zimmer. Das Badezimmer mit fließend Warmwasser ist nicht weit und zum Frühstück gibt es natürlich Kaffee mit Milch und allerlei anderen guten Sachen. 

Nach dem Frühstück geht es im klimatisierten Geländewagen, den der Expat natürlich auch privat nutzen darf, zu einem Ausflugsziel, das jemand aus der lokalen Bevölkerung niemals besuchen würde. In meinem Fall war es der Guma Valley Dam. Der Guma Valley Dam wurde in den 1960er Jahren gebaut und versorgt Freetown mit Wasser. Abgeholt wurde ich von Jonas, einer anderen Fachkraft von Brot für die Welt, der schon eine Weile hier ist und bald zurückkehrt nach Deutschland. Gemeinsam mit ihm und seiner Freundin, die gerade zu Besuch ist, fuhren wir also zum Damm. Nach einigem Palaver mit dem Mann am Gate – eigentlich muss man in Freetown im Guma Dam Building einen Pass besorgen (wahrscheinlich eine Art Ticket oder Passierschein) – ging es dann auch ohne Pass. Allerdings zu Fuß, die angeblich 1,5 km zum Damm. Da wir über eine Stunde brauchten in Flipflops und in hoher Luftfeuchtigkeit, denke ich, es waren dann doch mehr als 1,5 km. Die kleine Wanderung ging durch wunderschön grünen Wald, mit rießen Schnecken auf dem Weg (wirklich groß, bestimmt 20cm lang), Vogelgezwitscher und sogar ein Affe wurde gesichtet sowie viele bunte Schmetterlinge. Oben am Damm gab es sogar eine Picknickstelle, leider hatten wir nichts dabei… Also genossen wir den Ausblick auf den Stausee und die in den Wolken mystisch wirkenden Hügel ohne Picknick. Jonas holte zwar eine Mango vom Baum, aber die war alles andere als reif.

Traumstrand als Ziel, der nur mit eigenem Auto erreichbar ist

Nach der schweißtreibenden Wanderung hatten wir uns unser nächstes Ziel – einen der Traumstrände in der Nähe von Freetown – redlich verdient. Den Strand findet nur, wer weiß, wo er ist. Sowohl auf dem Weg zum Damm als auch zum Strand sind die Hinweisschilder so platziert, dass sie erst erscheinen, wenn man den Weg eh schon gefunden hat. Also alles Geheimtipps hier 😉 Und natürlich kommt man dort auch nur mit eigenem Auto hin, am besten ein Geländewagen. 

Aus dem Corona-geplagten Deutschland kommend, wo alle seit Wochen auf die Öffnung der Außengastronomie warten, ist ein kühles Bier unter Palmen, neben den Mangroven und mit Blick auf weiße Strände und kristallklares Wasser doppelt so wertvoll und erfrischend. Und es war ja mein erstes Bier in Sierra Leone! Zum Bier gab es lecker Hummus (hier gibt es eine ziemlich große libanesische Community, deshalb gibt es überall Hummus). 

Giftgrüne Schlangen und Hexen

Und dann waren wir ganz lange einfach nur faul und haben nichts gemacht – bis uns eine kleine grüne Schlange aus unserem Nichtstun riess. Plopp – machte es und auf einmal fiel sie vom Himmel (also vom Baum) direkt neben uns in den Sand. Giftgrün, so dick wie ein Finger und vielleicht einen halben Meter lang.

Die Bedienung meinte, sie wäre zwar sehr giftig, aber “normale” Menschen greift sie nicht an. Sie beißt nur Hexen. Also müssten wir uns keine Sorgen machen. Er hat das mit so einer Ruhe gesagt, dass man wirklich das Gefühl bekam, Sorgen sind ganz und gar überflüssig. Leider weiß ich immernoch nicht, ob die Schlange giftig war, aber nur Hexen beißt oder ob sie einfach auch gar nicht giftig war und vor allem – wen definiert die Schlange als Hexe???

Zum Strand selbst ist nicht so viel zu sagen, außer, dass er wirklich sehr schön ist. Wer mehr Fotos sehen will: einfach mal Cockle Point Beach in die Suchmaschine eingeben. Von unserem kleinen Strandlokal, das etwas versteckt im Mangrovenwald war, musste man noch durch hüfttiefes Wasser waten, um an den Meeresstrand zu kommen. Weißer Sand, Sonnenschirme aus Palmblättern und sanft rauschende Wellen – das Wasser ist ganz weich und warm. Die Wellen schaukeln einen ganz angenehm und sanft. Blickt man Richtung Süden sieht man Banana Island, blickt man ins Landesinnere, sieht man die grüne Hügelkette und auf der anderen Seite ist der unendliche Ozean.

Back to reality

Nach so viel Urlaubsfeeling geht es zurück in die Realität. Dafür reicht schon ein Besuch im Supermarkt auf dem Heimweg mit leeren Regalen und wenig einladender Atmosphäre, dem Stromausfall, der in der Wohnung seit dem Morgen schon auf einen wartet und die teure Rechnung des Elektrikers, der das Problem innerhalb von Minuten aber mit sehr viel “Hirnleistung” behebt. 

Für mich war der Tag ziemlich voll gewesen. Neue Umgebung, viele Eindrücke, Hitze und hohe Luftfeuchtigkeit und noch ganz viel in mir drin zu Verarbeiten. Entsprechend knocked-out war ich dann am Folgetag. Aber zunächst ging es erst einmal ins Bett, an meinem ersten Tag als Expat.


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1 Kommentar

  1. Lauerin

    Toll beschrieben, Miss Prinzing, toll, toll! Ich bin beim Lesen dabei gewesen. Zum Glück hat sich die Schlange wenigstens nicht in dein Bier fallen lassen. Endlich passiert hier mal was 😉! Toi toi toi weiterhin beim Ankommen.

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