Mit Erschrecken habe ich festgestellt, dass es schon Mitte März ist und ich ewig nichts mehr berichtet habe. Die Story unserer abenteuerlichen Reise während des Bird Census bin ich euch zwar noch schuldig, aber die gibt es nur im direkten Gespräch 😉
Mittlerweile ist der Harmattan zu Ende, das heißt, die staubigste Zeit des Jahres ist vorbei. Der Harmattan beginnt Mitte November / Anfang Dezember und zieht sich bis Anfang/ Mitte März. Er bringt Saharastaub nach Westafrika, trockene Luft und färbt den Himmel und das Land orange. Während des Harmattans sehe ich manchmal nicht einmal die nahen Hügel, von Lungi ganz zu schweigen. Es ist wunderschön, endlich wieder klaren Himmel zu haben und in die Ferne blicken zu können, ohne den Saharastaub in der Luft.
Während des Harmattan muss ich die Wohnung eigentlich täglich fegen, putze die Blätter meiner Pflanzen einmal in der Woche und befreie sie vom Staub, damit sie wieder atmen können und alles und jede sind von einer immerwährenden Staubschicht überzogen. Erst wenn die ersten Regenfälle kommen, wird der Staub endgültig von Pflanzen, Hausdächern und Straßen weggespült. Aber auch jetzt ist die Luft schon wieder merklich angenehmer, da weniger staubig. Während des Harmattans sind viele Leute krank. Der Staub legt sich auf die Atemwege, entzündet die Augen und bringt Erkältungen mit sich.
Nicht nur der Harmattan ist langsam zu Ende, auch eine für mich echt stressig Zeit in der Arbeit ist langsam am Abklingen. Die letzten Wochen waren sehr herausfordernd, aber seit zwei Tagen bin ich wieder entspannter und Ergebnisse sind in greifbarer Nähe.
Communication and Advocacy Stratety Workshop
Wir hatten diese Woche den ersten Workshop, um unsere Communication and Advocacy Strategy zu entwickeln. Das hatte mich ziemlich gestresst. Es gibt schon einen Strategic Plan für die Organisation, dann sind da die ganzen Projekte, die ihre eigenen Communication und Advocacy Activities haben und ich soll das nun alles zusammenführen und daraus eine Strategy basteln. Eigentlich ist das Vorgehen ein Anderes. Normalerweise würde ich erst Ziele entwickeln und dann daraus die Aktivitäten ableiten. Nun haben wir aber schon Aktivitäten, sollen aber unabhängig davon Ziele entwickeln und am Ende soll trotzdem alles zusammenpassen. Nach den drei Tagen Workshop war ich ziemlich erledigt, aber auch sehr zufrieden. Ich habe das Gefühl, wir sind auf einem guten Weg und die Teilnehmenden haben einiges mitgenommen, auch für ihre tägliche Arbeit.
Perfekt wäre es natürlich gewesen, den Workshop mit meinem Kollegen vorzubereiten. Ich soll ja Wissen transferieren. Mein Kollege macht aber noch ein Studium neben der Arbeit, weshalb eh gilt: Freitags ist er nie da. In den letzten zwei Wochen hatte er Examen und in der Woche davor war er sehr mit der Examensvorbereitung beschäftigt. Verstehe ich alles. Macht nur meine Arbeit oft schwierig und anstrengender.
Jetzt warte ich, bis mein Kollege sich meine Dokumentation angeschaut hat und wir die Ergebnisse noch einmal gemeinsam durchgehen und finalisieren, bevor wir sie in die große Feedback-Runde schicken. Und solange habe ich ganz entspannt Zeit, euch zu schreiben 😊
Ich halte ja sehr gerne Workshops. Und es hat mich sehr gefreut, dass sehr viel positives Feedback für mich kam. Meistens sind Workshops hier sehr Powerpoint orientiert, da ist es eine große Abwechslung, wenn ich die Sessions mit Kärtchen, Flip Charts und viel Gruppenarbeit fülle.
Die Videos nehmen Gestalt an
Ihr erinnert euch vielleicht auch noch dunkel daran, dass ich letztes Jahr im November und Dezember unterwegs war, um Filme zu drehen über unsere Arbeit. Es sieht so aus, als würden die Filme tatsächlich bis Ende April spätestens fertig werden. Das wäre ein Traum. Eigentlich könnten wir sogar schon Ende März schaffen, aber nur wenn alle Beteiligten auch immer gleichzeitig Zeit haben. Daran scheitert es meistens, wenn etwas nicht vorwärts geht.
Im Mai sind es unglaubliche zwei Jahre, dass ich hier bin. Für mich wäre es eine super Erleichterung, wenn wir bis dahin wirklich die Filme fertigen haben und im Mai auch unsere Kommunikationsstrategie verabschieden können. Das sind zwei große Projekte für meine Zeit hier. Und dann habe ich noch ein ganzes Jahre Zeit, um weiter an Prozessen und Capacity zu arbeiten.
Ich habe mir auch noch ein neues kleines Projekt an Land gezogen. Ein paar Kolleginnen und Kollegen von mir arbeiten an einem Vogelbuch (ab jetzt gibt es keinen Beitrag mehr ohne Vögel 😉): „Common Birds of Sierra Leone – an Indigenous Language Guide“. In dem Buch werden 60 Vögel des Landes vorgestellt und ihre Namen in drei Landessprachen. Ich mache das Layout des Buches. Die einzige Herausforderung nun ist, dass wir super hinter dem Zeitplan sind. Ich hatte im Februar und März eigentlich ganz gut Zeit, das noch nebenbei zu machen, aber wir sind jetzt schon drei Wochen hinterher. Im April habe ich ziemlich viel Urlaub und im Mai wird die Kommunikationsstrategie sehr klar Priorität haben. Mal schauen also, ob wir es schaffen, das Vogelbuch bis Ende Mai in den Druck zu schicken.
Für alle, die ein kleines bisschen Ahnung haben: eine Schwierigkeit ist zum Beispiel, dass ich Fotos bekommen habe mit 73KB. Es ist eine echte Herausforderung, ein Buch mit Bildern zu machen, wenn die Bilder von sehr geringer Qualität sind. Nun haben wir zumindest theoretisch high-quality Bilder zur Verfügung, aber ich habe es wegen schwachem Internet noch nicht geschafft, sie herunterzuladen. I keep on trying…
Nach wie vor ist es manchmal etwas schwierig, die Dinge, die wir in der Arbeit eigentlich gemeinsam planen auch umzusetzen, weil dann die Kollegin oder Kollege wieder nicht da sind oder weniger Output haben als ich. Wir wollten eigentlich die politischen Parteien noch mehr ansprechen vor den Wahlen und sie dazu bringen, feste Zusagen zu treffen, wie sie Umweltschutz umsetzen möchten, wenn sie die Wahlen gewinnen. Aber all das ist bis jetzt nicht passiert. Im April schließt das Parlament und dann ist bestimmt nicht mehr viel möglich. Aber mein Kollege war die letzten drei Wochen quasi nicht da, diese Woche ist er heute den ersten Tag im Büro und wir haben erstmal sehr viel Nachzuholen, da bleibt wenig Zeit für die Umsetzung von Plänen. Nächste Woche steht schon wieder ein zweitätiger Workshop an. Und dann ist der März auch fast vorbei.
Birdie K at the beach
In euren deutschen Winter hinein kann ich euch dafür sagen, dass ich es dieses Jahr ganz gut schaffe, regelmäßig am Strand zu sein. Da hatte es ja gegen Ende des letzten Jahres auch stark an der Umsetzungskompetenz meinerseits gemangelt. Aber: good news – dieses Jahr bin ich viel besser.
Nach meinen 10 Tagen auf dem Boot für den Waterbird Census, war ich direkt unter der Woche einmal eine Nacht in River No2, das war wirklich traumhaft. Ich schaffe es gerade auch ganz brav jedes Wochenende einmal an den Strand, sei es Cockle Point, No 2, Lakka oder Bureh. In Bureh hatten wir dann auch noch unser Peer Coaching mit den anderen Brot für die Welt Fachkräften und letztes Wochenende war ich eine Nacht bei Tobi. Der ist auch aus Deutschland und mit agiamondo hier. Er wohnt jetzt in einem Häuschen direkt am Strand (Privatstrand!). Da lässt es sich auch gut aushalten. Nach all dem Stress in der Arbeit, hatte ich mir das aber auch verdient.
Und ich bin nicht nur am Layouten unseres Vogelbuches, ich entwickle mich wahrlich zur Vogelfreak. Während des Peer-Coachings in Bureh musste ich einmal die Session kurz unterbrechen, um ein paar hundert Meter am Strand entlang zu gehen. Ich hatte Vögel in der Ferne gesehen, aber konnte nicht genau sehen, welche Vögel genau es waren, weil ich die Schnabelfarbe und das Gefieder nicht genau sehen konnte. Wie groß war da die Erleichterung, als ich ganz nahe hingehen konnte und sie sehr eindeutig als Crested Terns identifizieren konnte. Auch bei Tobi am Strand war mein Vogelwissen gefragt. Ich arbeite also an meinem Image als Birdie. Meine Peers in Bureh haben mir auch direkt meinen Namen gegeben: Birdie K 🙂
Als ich dann vor zwei Wochen am Cockle Point war und ein bisschen durch die Mangroven gewatet bin, wurde ich richtig nervös, weil ich den einen Vogel nicht identifizieren konnte. Zum Glück konnte mir mein Vogelbuch zuhause helfen. Es war wahrscheinlich ein Sandpiper. Puh. Dann konnte ich endlich wieder ruhig schlafen.
Hier jetzt für euch aber keine Vogelbilder, sondern diverse Strände – falls der Frühling und der Sommer zu lange auf sich warten lassen.
Der März ist offensichtlich der Monat der Geburtstage, nicht nur in Deutschland. So feiern wir schon seit zwei Wochen zwei bis drei Geburtstage pro Woche. Nach der einen Geburtstagsfeier am Mittwoch, stehen am Wochenende wieder vier Geburtstage an und zwei parallele Geburtstagsfeiern, wie ich das handle muss ich mal noch schauen. Heute ist St. Partick´s Day. Da gibt es natürlich auch ein kleines Fest. Und zu meiner Freude war auch mein Gästezimmer wieder häufig besucht in den letzten Wochen. So dass es wirklich nie langweilig wird.
Birdie K auf Wanderschaft
Nach fast zwei Jahren mache ich jetzt auch endlich noch mehr von den klassischen expat Sachen. Ich war jetzt schon zweimal bei der Sonntagmorgen-Wandergruppe dabei und vor zwei Wochen habe ich mir schön einen Yoga-Retreat in Tacugama, der Chimpanzee Sanctuary im Regenwald gegönnt!
Die Wandergruppe setzt sich aus Sierra Leonern und internationaler Community zusammen. Jeden Sonntagmorgen um 8Uhr ist Treffpunkt und dann geht es durch die Hügel, entlang der Strände oder auch mal durch abgeholztes Gebiet. Mein erster Trip war zum Sugarloave Mountain. Es gibt hier zwei bekannte Berge: Sugar Loave und Pickett Hill. Ich hatte mich mit einer neuen Freundin unterhalten, dass es super peinlich ist, dass ich fast zwei Jahre hier bin und noch keinen dieser Hügel bestiegen habe. Und wie es der Zufall so wollte, war der Plan der Sonntagsgruppe „Sugar Loave“, nur zwei Tage später. Also bin ich da mit und zwei Wochen später war ich direkt wieder dabei. Zum Sugar Loave war ein guter Teil des Weges durch den Wald. Nur ganz unten wurde gerade abgeholzt. Innerhalb der protected area. Aber die community Leuten meinten, wenn die Regierung nicht kommt und sie stoppt, machen sie einfach weiter.
Zwei Wochen später am Sonntag ging es noch mehr über entwaldete Hügel. Da seht ihr auch Charcoal burning bzw. die Vorbereitung. Meist wird eine Grube gegraben, darin wird dann das Holz geschlichtet. Es wird am Ende wieder mit Erde bedeckt und angezündet. Ein paar Löcher bleiben offen, damit der Rauch entweichen kann und die Glut nie ganz erstickt wird.
Zum Einstieg in die Wanderausflüge aber erst einmal der wunderschöne Blick vom Sugar Loave. Und am Ende jeder Wanderrung wartet schon ein kaltes Bier 🙂
Emotionale Höhen und Tiefen
Ihr seht also, gerade ist es eine ziemliche Mischung aus Arbeitsstress, Arbeitserfolgen und viel action in der Freizeit. Einen starken negativen Impact auf meine Stimmung hatte leider unserer Umsetzung während der Wahlen. Brot für die Welt schickt uns nach Ghana. Das hat in mir mehr ausgelöst, als ich erwartet hatte. Offensichtlich bedeutet der Gedanke, alleine für 4-5 Wochen in einem Hotel in Ghana zu sitzen, mich um alles selbst kümmern zu müssen und dann auch noch remote arbeiten zu müssen, sehr viel emotionalen Stress. Ich möchte das nun gar nicht vertiefen, weil es mich seit Februar immer wieder einholt und mich jedes Mal sehr herunterzieht und sich in mir alles verkrampft. Aber irgendeine Lösung, mit der ich mich gut fühle, werde ich hoffentlich noch finden. Bisher war einfach so viel anderes los, dass ich keine Kraft hatte, dieses – für mich anscheinend – große Thema sachlich anzugehen.
Balkonien wächst
Um nicht mit negativen Gefühlen zu Enden, möchte ich noch eine große Freude mit euch teilen: endlich wurde meine Hintertüre repariert, so dass sie sich, nach knapp fünf Monaten wieder öffnen lässt. Letzte Woche habe ich mir schon eine neue Pflanzkiste besorgt, nachdem meine beiden zerfallen sind, gestern habe ich schon den einen Balkon neu bepflanzt und heute hole ich – by the grace of god – frische Erde und kann am Wochenende endlich meinen Salat und meine Tomaten ansäen. 😊 Hier noch einmal ein Danke an Simon, der mir letztes Jahr die Lichterkette geschenkt hat. Sie macht sich super des Abends auf meinem „neuen“ Balkon zu einem Glas Weißwein.
Ach und dann gibt es ja noch eine super Verbesserung: meine Solarpanels sind seit ein paar Wochen auf dem Dach, so dass ich nun tatsächlich grünen Strom habe.
Und weil es so schön ist, der Sonnenuntergang von meinem neuen Lieblingsrestaurant am Lumley Beach 🙂









































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