Das neue Jahr ist schon ein paar Tage alt, aber noch nicht zu alt, um hoffnungsvoll auf die kommenden Monate zu blicken. Inspiriert für meinen Hoffnungspost hat mich ein Buch, dass ich gestern Vormittag fertiggelesen habe: „Das Buch der Hoffnung“ von Douglas Abrams und Jane Goodall. Ich interessiere mich für die Arbeit von Jane Goodall, weil sie unglaublich viel für den Artenschutz und die Erhaltung der Biodiversität erreicht hat. Deshalb habe ich mir direkt das Ebook geholt, als ich von dem Buch gelesen hatte. Angefangen hat für sie alles mit ihrer Liebe zur Natur und vor allem zu den Schimpansen. Auch wenn das Buch sich stellenweise so liest, als wäre es für den amerikanischen Buchmarkt geschrieben, hat es mir tatsächlich Hoffnung gegeben. Und so hoffe ich, dass ich auch dem einen oder der anderen von euch die Augen öffnen kann für die Hoffnung.

Schlaflose Morgenstunden und zu viel im Kopf

An den ersten Tagen des neuen Jahres war meine Entspanntheit irgendwie auf einmal verflogen. Jeden Morgen bin ich aufgewacht mit Kopfkino und Gedankenkarusell. Die Gedanken drehten sich hauptsächlich um die Arbeit. Aber auch um den Alltag hier. Alles war so unsortiert und gleichzeitig so vielschichtig in meinem Kopf. Da sind so viele Aufgaben, die in der Arbeit auf mich warten und so viele Erwartungen, die an mich gestellt werden, dass ich sie nicht einmal alle aufzählen und benennen kann. Ich würde gerne alle Projekte angehen, die da auf mich warten, aber ich weiß gar nicht, wie ich das alles in einem 24 Stundentag schaffen soll. Wo anfangen, wann aufhören und bringt das dann überhaupt etwas?

Projektmanagement, Kommunikationsstrategie und Mitgliederbetreuung

Dazu kam, dass ich im alten Jahr nicht mehr alles geschafft hatte, was ich eigentlich vorhatte und was auch projektgebunden abgeschlossen werden sollte. Ich hatte über Weihnachten erfolgreich verdrängt, was alles als Ergebnis und als Herausforderungen und To Do´s aus unserem Workshop resultierte und was nun also angegangen werden möchte. Es fängt damit an, dass in den Projekten und allgemein in der Organisation das Projektmanagement verbessert werden könnte. Damit wäre dann auch unsere Arbeit als Kommunikationsteam leichter. Es wäre super, wenn alle ihre Arbeit planen würden und es gemeinsame Prozesse und Vorgehensweisen gäbe, die auch definiert sind. Es läuft schon alles, darum geht es nicht. Aber vieles wird adhoc gelöst. Ich denke, dass es für alle gut wäre, wenn wir in den verschiedenen Projekten langfristiger planen und organisieren würden und das Wissensmanagement verbessert werden würde. Gleichzeitig sind die Abgrenzungen zwischen den Bereichen nicht ganz klar und damit auch meine Rolle nicht wirklich. Eine meiner Aufgaben besteht ganz klar darin, eine Kommunikationsstrategie zu entwickeln, aber wir haben nicht wirklich Zeit dafür, weil zu viele Aktivitäten anstehen, die geplant, organisiert und umgesetzt werden müssen, so dass kaum Zeit dafür bleibt, das große Ganze zu betrachten und strategisch aufzusetzen.

Und dann kommen noch meine vielen kleinen „Nebenprojekte“ dazu. Auf einmal ist das Backend der Internetseite anders, so dass wir alle Seiten nochmal überarbeiten müssen. Eigentlich dachten wir ja, die Internetseite steht jetzt. Weit gefehlt. Jetzt müssen wir uns erst einmal mit dem neuen Backend vertraut machen und dann alle Seiten so überarbeiten, dass sie wieder so aussehen, wie wir das wollen. Gerade ist das nämlich nicht mehr der Fall. Dann soll ich der Kollegin helfen, die die Mitglieder betreut, das mit den E-Mail-Adressen klappt auch noch nicht und und und. Viel zu viel in meinem Kopf.

Und eigentlich wollen wir den Wald retten…

Wenn ich dann aus dem Fenster auf die abgeholzten Hügel blicke oder wir Richtung Strand fahren, entlang an trockenen Hängen, an denen bis vor wenigen Jahren noch dichter Wald gestanden hat, dann denke ich, eigentlich wollen wir den Wald retten, aber gefühlt bin ich mit so vielen anderen Dingen beschäftigt, dass ich gar nicht dazukommen, mir Gedanken für eine gute Kampagne zu machen, um das Abholzen zu stoppen und die Lebensgrundlage für Mensch und Tier zu retten.

Wenn ich mit Leuten spreche, die ich neu kennenlerne, fragen die natürlich immer, was ich hier mache. Wenn ich dann erzähle, dass ich für die Conservation Society arbeite und wir den Wald retten wollen, schauen alle immer beeindruckt, aber auch etwas mitleidig. Ein sinnloses Unterfangen. Wie soll man hier die Abholzung stoppen? Auch wenn es aussichtlos erscheint, müssen wir es probieren. Wir haben keine Wahl. Wir wissen, dass der Klimawandel voranschreitet und das Fenster immer kleiner wird, in dem wir die Folgen noch soweit abmindern können, dass wir weiterhin (gut und wie gewohnt) auf dem Planeten leben können.

Und dann sind da ja noch die Jungs vom Strand

Von meiner Begegnung mit den bettelnden Jungs am Strand habe ich ja berichtet (Please Ma, ah beg yu). Die sind auch noch in meinem Kopf. Wir haben schon ein paar Gedankennetze gesponnen, was eine Lösung sein könnte. Es gibt ein paar Männer am Strand, die den Müll dort sammeln. Ich weiß nicht wie regelmäßig und wie das Ganze finanziert wird oder ob die das auf Freiwilligenbasis machen. Tina hatte die Idee, man könnte ja das Müllkonzept von Festivals kopieren. Bei manchen Festivals in Deutschland werden Müllsäcke verteilt. Werden die dann voll zurückgebracht, gibt es einen kleinen Obolus. So etwas ähnliches könnte vielleicht auch hier klappen. Dann wäre der Strand sauber, es würde weniger Müll ins Meer geschwemmt werden und die Jungs hätten einen kleinen Verdienst und würden ihr Geld verdienen und nicht erbetteln. Das fühlt sich für sie gut an und sie erlangen eine gewisse Unabhängigkeit von milden Herzen. Ich muss mir das nochmal ein bisschen genauer überlegen und dann mit Mohammed sprechen. Das ist einer der Männer am Strand, die dort ab und an Müllsammeln. Vielleicht bekommen wir unser Projekt von den Strandlokalen finanziert. Für die wäre das ein Vorteil: deren Gäste werden nicht mehr angebettelt und der Blick auf einen sauberen Strand bringt vielleicht mehr Kundschaft. Das ist so eines der kleinen Nebenprojekte.

Die Hoffnung stirbt zuletzt

Als ich dann angefangen habe, das Buch der Hoffnung zu lesen, wurde mir bewusst, wie wichtig Hoffnung ist. Das Sprichwort „die Hoffnung stirbt zuletzt“ ist sehr weise und sehr wichtig. Es stimmt schon, wenn ich nicht zumindest eine klitzekleine Hoffnung hätte, dass wir es irgendwie schaffen können, den Wald und damit ja auch das Habitat der Tiere und die Wasserressourcen für uns Menschen zu bewahren, dass es eine Lösung gibt, für die vielen kleinen Probleme, die mir hier begegnen, dann müsste ich direkt meine Rucksäcke packen und nach Hause kommen. Andererseits denke ich mir, was dann? Was passiert denn, wenn ich zurückgehe? Dadurch, dass alles global verbunden ist, kann ich ja nicht wegrennen vor der Realität. Nur weil ich nicht mehr zusehe, wie die Wälder abgeholzt werden, heißt es ja nicht, dass es nicht mehr passiert. Nur dass ich nicht mehr angebettelt werde mit großen Augen und der typischen Handgeste vor dem Mund, heißt es ja nicht, dass die Jungs nicht mehr da sind und nicht mehr hungrig schlafen gehen.

In dem Buch werden einige hoffnungsvolle Geschichten erzählt, die zeigen, dass nicht nur die Natur einen unglaublichen Überlebenswillen und Resilienz besitzt, sondern auch wir Menschen. Solange Hoffnung da ist, machen wir weiter und können auch Unmögliches erreichen.

In Ruanda zum Beispiel wurde sehr viel Wald wieder aufgeforstet und die Natur erholt sich. Die berühmte Maya Bay in Thailand war für zwei oder drei Jahre für den Tourismus gesperrt, auch dort hat sich die Tier- und Pflanzenwelt erholt. Maritime Lebensräume benötigen laut Studien 10 bis 15 Jahre, um sich zu regenerieren (wenn die Zerstörung und der Schaden nicht zu weit vorgeschritten sind). Wälder brauchen länger, sie brauchen rund 45 Jahre. 45 Jahre mögen für manche wie ein langer Zeitraum erscheinen, aber ich finde, es ist ein sehr hoffnungsvoller kurzer Zeitraum. In meiner Familie ist es nur ein halbes Menschenleben. Ich musste direkt an den riesigen Baum auf Bunce Island denken. Ich habe mir auch schon überlegt, wie wundervoll es wäre, in 40 Jahren nach Sierra Leone zurückzukommen und nicht wegen komplett abgeholzten Hügelketten weinen zu müssen, sondern aus Freude, weil die Hügel wieder bewaldet sind. Ein sehr schöner Gedanke, wie ich finde.

Für mich waren die Geschichten in dem Buch, auch wenn sie teilweise ein bisschen plakativ waren, trotzdem irgendwie Hoffnungsquelle. Zu sehen, was andere Menschen erreicht haben, gibt mir wirklich Hoffnung und Kraft, dass wir auch hier einiges bewegen können.

In dem Buch wurde zum Beispiel mehrmals ein Film erwähnt, der von zwei Männern in China erzählt. Ein blinder Mann und ein Mann ohne Arme, die gemeinsam tausende Bäume pflanzen, um den Generationen nach ihnen einen Wald zu hinterlassen und um die Umweltzerstörung aufzuhalten. Eine wirklich beeindruckende Geschichte:

Hoffnung gibt Kraft

Auch wenn ich ein bisschen überfordert im Kopf ins neue Jahr gestartet bin, blicke ich jetzt voller hoffnungsfrohem Tatendrang auf die nächsten Monate. Es ist gerade nicht mehr der sorgenvolle Blick, bei dem ich denke – wie sollen wir das nur jemals schaffen. Sondern eher ein hoffnungsvolles Lächeln – wie gut es sich anfühlen wird, wenn wir es geschafft haben. Diese Vorfreude auf das Gefühl etwas erreicht zu haben, beflügelt. Was geschafft und erreicht denn nun? Ich denke, es werden ganz viele kleine Schritte sein, die ganz viele Menschen zusammen gehen müssen, um am Ende ans Ziel zu gelangen. Oder wie der Taufspruch meiner Nichte es ausdrückt:

Wenn viele kleine Menschen, an vielen kleinen Orten, viele kleine Schritte tun, können sie das Gesicht der Welt verändern.

Sprichwort aus Südafrika

Mein Ziel hier ist, die Vielfalt und Schönheit der Natur zu bewahren und damit auch die Lebensgrundlage der Menschen zu sichern. Wenn die Menschen Zusammenhänge verstehen und Optionen haben, dieses Wissen umzusetzen und ihre Gewohnheiten zu ändern, dann sind wir dem Ziel schon um einiges näher. Und dann müssen wir es natürlich noch schaffen, dass auch die Entscheidungsträger und Entscheidungsträgerinnen mit uns in die gleiche Richtung gehen.

Mir ist auf jeden Fall klar geworden, dass ich anscheinend ganz viel Hoffnung in mir trage. Hoffnung, die teilweise auch Gewissheit ist. Hoffnung, dass meine Freundschaften die große Distanz überstehen. Hoffnung, dass ich mit meiner Arbeit hier etwas zum besseren verändere. Hoffnung, dass ich nicht alleine bin, in meinen Bemühungen. Da ist mir auch wieder ein Zitat von Albert Camus eingefallen, dass mir in schwierigen Zeiten hilft.

Im tiefsten Winter erkannte ich, dass in mir ein unbezwingbarer Sommer wohnt.

Albert Camus

Um aus meinem Gedankenkarusell herauszukommen, habe ich zu  meinem bewährten Mittel gegriffen: ich habe Listen angelegt. Listen helfen mir immer immens, um Sachen zu sortieren, zu strukturieren und dann mit klarem Kopf nochmal zu betrachten. Eine Liste vermittelt mir immer das Gefühl, als könnte man sie abarbeiten. Ich weiß zwar immer noch nicht, ob ich alles schaffen kann, was ich mir vornehme für das kommende Jahr, aber ich bin voller Zuversicht, dass ich zumindest einiges Anstoßen und voranbringen kann und dann folgt diesem Jahr ja wieder eines.

Von einigen von euch weiß ich, dass ihr auch ein paar schwere Wochen oder manchmal auch nur Tage hattet in letzter Zeit. Jede und jeder hat ja ganz eigene innere dunkle Zeiten. Ich hoffe, dass ihr alle gut durch eure dunklen Zeiten kommt, die Hoffnung immer wieder findet und mit ihr voller Zuversicht in die Zukunft blicken könnt. Das hört sich jetzt alles etwas geschwollen an, aber ich weiß nicht so genau, wie man das anders ausdrückt.

Zum Ende noch ein Zitat aus dem Buch, das ich ganz gut fand und das ich mir besonders für meine Arbeit ans Herz legen möchte. Ich glaube, es kann sehr hilfreich sein für den Umgang mit meinen Mitmenschen und dafür wirklich Lösungen zu finden, die für die Menschen sind.

„Denken mit dem Hirn, Verstehen mit dem Herzen.“

Das buch der Hoffnung, Jane goodall

Und weil es bei mir hier ja irgendwie um Umweltschutz geht und darum, die Folgen des Klimawandels zu minimieren und ihnen entgegenzuwirken, möchte ich euch auch Jane Goodalls Aufruf an uns alle nicht vorenthalten:

„Lassen Sie uns das Geschenk des Lebens nutzen, um eine bessere Welt zu schaffen.“

Das buch der Hoffnung, Jane Goodall

In diesem Sinne: Auf ein hoffnungsvolles und tatkräftiges neues Jahr!

Und jetzt, wo ich eigentlich schon fertig bin, fällt mir noch eine weitere Hoffnungsgeschichte ein. Gestern war das Eröffnungsspiel des Africa Cup of Nations. Morgen ist das erste Spiel von Sierra Leone – wir haben uns das erste Mal seit 25 Jahren qualifiziert!