Autor: TheKaddl (Seite 8 von 9)

Was sagt das Herz nach fünf Wochen Salone

Eigentlich wollte ich mir etwas mehr Zeit lassen, bevor ich ein kleines Gefühlsresümee abgebe, aber in den letzten Tagen häufen sich die Fragen nach meiner Gefühlslage. Per E-Mail, per Messengerdienst, am Telefon – immer wieder die Frage “Wie geht es dir denn nach über einem Monat?” Es ist gar nicht so leicht für mich, diese Frage zu beantworten. Wenn ich in mich hineinfühle, kommt keine klare Antwort zustande. Ich schwanke zwischen Dankbarkeit und alles ist gut und Heimweh. Wahrscheinlich bleiben diese Gefühle die nächsten Jahre meine Begleiterinnen.

Ganz generell: Mir geht es gut

Vorneweg gestellt sei, dass es mir gut geht. Eigentlich sogar sehr gut, würde ich sagen. Ich habe ein schönes Zimmer, in dem ich mich wohl fühle, nette Leute um mich und die Arbeit macht auch Spaß. Auch wenn ich manchmal sehnsüchtig an kalte Bergseen denke und mit großer Freude und etwas Wehmut die ganzen Fotos von Biergärten und grünen Landschaften im schönen Franken betrachte, ist es hier nicht ganz schlecht. Ich mag das bunte Treiben auf der Straße, das große Wimmelbild im Hof gegenüber, den Blick in die Palmen und Bananenbäume, die Fahrt mit dem Keke an der Strandpromenande entlang und die Netflix-Abende im Guesthouse. Es hat auch etwas, wenn man am Sonntagabend einfach einen kleinen Spaziergang zum Strand machen kann, sich dann vor dem Regen ins nächstbeste Lokal rettet und zufälligerweise eine Liveband erwischt, die eigentlich Reggae spielt, aber auch einen meiner Lieblings-80er 🙂

Umweltschutz by heart

Je mehr ich über die Arbeit von CSSL lese, umso mehr wächst mein Respekt vor der Arbeit der Kolleginnen und Kollegen und zugleich freue ich mich immer mehr, dass ich diese Arbeit unterstützen darf. Es tut mir sehr gut, für eine Organisation zu arbeiten, die so viel so sinnvolle Arbeit leistet. Bis jetzt komme ich jeden Morgen mit viel Elan ins Büro, gespannt, was ich Neues erfahre, gepaart mit ersten Ideen für die Umsetzung meiner Aufgaben. Und by the way: Gibt es etwas besseres als eine Dienstreise in den Regenwald? Ich werde es dieses Wochenende herausfinden…

Und wie geht es mir wirklich?

Oberflächlich ist also alles fine. Und in mir drinnen? Das ist der schwierige Part der Antwort. Ich fühle mich hier wohl. Ich will auch gar nicht weg, sondern eigentlich weiter eintauchen in das Leben hier. Aber ich vermisse meine Familie und viele von euch – es wäre mal an der Zeit für einen Weekendtrip nach Hause, um euch mal wiederzusehen und einfach zusammen cool abzuhängen. Ich bin sehr dankbar, dass ich hier schon so viele Leute kennengelernt habe, mit denen ich etwas unternehmen kann. Keine Sorge also, ich vereinsame hier nicht. Aber Heimweh hat anscheinend nichts mit Einsamkeit zu tun. Ich habe mich tatsächlich schon bei dem Gedanken erwischt, vielleicht doch früher als geplant mal nach Deutschland zu fliegen…

Armut, Privilegien und wie damit umgehen?

Natürlich hört sich das hier immer alles ganz spannend und urlaubsmäßig an. Spaziergang am Strand, Sundowner mit Blick in die Wellen, Wochenende im Ecotourismus-Projekt auf der Insel, lachende Kolleginnen und Kollegen, lecker Bananenbrot und so weiter. Aber es gibt auch noch weitere Seiten des Lebens hier in Sierra Leone. Ich wusste, bevor ich gekommen bin, Sierra Leone ist eines der ärmsten Länder der Welt; es gibt kaum fließend Wasser; Stromausfälle gehören zum Alltag, zumindest für die Menschen, die normalerweise Strom zuhause haben; die Gesundheitsversorgung ist sehr rudimentär und Ebola und Covid haben die wirtschaftliche Situation der Menschen noch verschlimmert.

Ich war auch darauf vorbereitet, dass ich hier mit sehr vielen Privilegien unterwegs bin. Und schon in der Vorbereitung war es eine meiner Hauptfragen: wie werde ich mit meinen Privilegien umgehen? Wie schaffe ich es, dass es mir mit meinen Privilegien auch innerlich gut geht? Das Thema begleitet mich überall hin – ins Büro, an den Strand, auf den Markt, auf die Insel. Es ist einfach immer da. Da es ein ziemlich großes und wichtiges Thema ist, will ich es hier nur kurz anschneiden und komme lieber in einem extra Beitrag ausführlicher darauf zurück. Aber bei der Frage nach meinem Gemütszustand, muss ich es erwähnen.

Alltag, Party-Crew und Freizeitaktivitäten

Ich weiß, es ist viel verlangt, nach fünf Wochen schon ganz angekommen sein zu wollen. Das wird noch lange dauern. Ich hätte allerdings mal wieder Lust, jemand zu treffen, den oder die ich länger als fünf Wochen kenne. Die meisten Gespräche hier sind eher auf einem oberflächlichen Niveau, weil man sich noch nicht so lange kennt. Die meisten Leute haben super interessante Lebensläufe und machen spannende Sachen, aber ich fände es mal wieder schön, einfach einen Abend mit Bier und Gschmarri zu verbringen. Oder auch mal wieder ein Gespräch ohne Kommunikationsprobleme, ohne dass ich nach Worten suchen muss und nicht genau das sagen kann, was ich sagen will. Das mit der Sprache wird sich bestimmt in der nächsten Zeit geben, eine Crew muss ich aber wahrscheinlich aktiv suchen. 

Eine meiner Aufgaben für die nächsten Wochen ist es also, eine neue Partycrew zu finden. Ich weiß noch nicht, wie ich dazu am besten vorgehe. Meine Kolleginnen und Kollegen sind sehr nett, aber scheinen mir jetzt nicht so die Partypeople zu sein. Bei mir im Guesthouse sind zwar andere Gäste, aber die bleiben alle immer nur für ein paar Wochen. Ich glaube, es ist relativ easy in der Expat-Community Leute kennenzulernen, aber darauf wollte ich mich nicht beschränken. Die Jungs, die im Guesthouse arbeiten, sind ganz goldig, aber um einiges jünger und gehen normalerweise nicht aus. Meine neue Partycrew finden – das wird noch eine Challenge werden. Aber ich bin guter Dinge.

Als Königin des Aufschiebens habe ich es bisher außerdem erfolgreich geschafft, mich von allen Sportaktivitäten fernzuhalten. Es gibt ausreichend Angebote: Montag und Mittwoch Yoga, Donnerstags Lauftreff am Strand, Donnerstags ist auch Open-Climbing in der Boulderhalle usw. Wer mich kennt, weiß, ich bin nie um eine Ausrede verlegen, wenn es darum geht, lieber faul in der Hängematte liegen zu bleiben. Aber langsam fehlt mir wirklich die Bewegung. Ich fahre täglich mit dem Auto in die Arbeit und wieder nach Hause. Bewegen tue ich mich eigentlich nur, wenn ich mal die Treppen rauf und runter gehe oder Einkaufen gehe. Deshalb sind wir gestern auch zu Fuß zum Strand gelaufen und am Samstag gab es vor dem Abendessen mit Sonnenuntergang im Meer auch einen Spaziergang am Strand. Mein Problem ist so ein bisschen die Temperatur hier, muss ich zugeben. Ganz viele Leute gehen am Strand joggen. Aber mir ist es echt zu heiß. Ich muss mal schauen, ob ich es irgendwie schaffe, morgens früher aufzustehen und vor der Arbeit zu joggen. Ob ich das tatsächlich jemals schaffen werde, steht in den Sternen, aber ich will es nicht ganz ausschließen. Und vielleicht gehe ich auch mal zu diesen Lauftreff-Geschichten. Immerhin ist das auch eine gute Möglichkeit, um Leute kennenzulernen.

Alles in allem geht es mir also gut. Ich fühle mich hier wohl und freue mich darauf, noch mehr anzukommen in den nächsten Wochen und Monaten. Gleichzeitig kommt seit einer Woche immer wieder mal Heimweh auf und die Lust auf ein Bier oder einen Drink mit alten Freunden und Freundinnen oder gemeinsames Grillen mit der Familie. Bis ich meine neue Crew hier habe, erfreue ich mich deshalb weiter an euren Fotos und stoße in Gedanken mit euch an. Und was meinen inneren Zwiespalt zu meinen Privilegien angeht, dazu kommt demnächst mal mehr.

Au de Woke?

Wenn ich abends nach der Arbeit nach Hause komme, begrüßen mich normalerweise James und Abdul. James ist für das Tor verantwortlich, dass heißt, wenn jemand klopft oder hupt, dann spitzt erstmal James Kopf heraus und er schaut, wer vor dem Tor steht. Da ich während der Quarantäne angefangen habe, etwas Krio zu lernen, werde ich nun immer auf Krio begrüßt. Und nach der Frage nach dem Befinden kommt natürlich die Frage “Au de woke?” – “How is work?” oder auch “Wie läuft´s in der Arbeit?” Die Standardantwort darauf ist “De woke fine”. Aber mit dieser Antwort möchte ich euch heute nicht abspeisen. Da ein paar von euch nachgefragt haben, wie es in der Arbeit so ist, gibt es für euch heute mehr Infos als nur: De woke fine.

Morgenroutine im Büro

Bis jetzt fahre ich noch nicht selbst Auto – ich traue mich noch nicht so ganz in den Verkehr hier. Also werde ich morgens nach wie vor von meinem Fahrer abgeholt. Seit Juni habe ich einen neuen Fahrer, Sinneh. Er hat erst im Juni bei CSSL angefangen. Anfangs war er etwas nervös, aber ich glaube, wir nähern uns langsam an. Hier kann ich es ja sagen: an Musa kommt er nicht ran.

Wenn ich morgens im Büro ankomme, stelle ich erst einmal meine Laptop-Tasche und meinen Stoffbeutel ab, dann öffne ich die Vorhänge, mache das Fenster einmal auf zum Lüften und schalte an der Steckdose den Strom an. Als nächstes wird meine Flybox (mein W-Lan-Router, den ich abends immer mit nach Hause nehme) in die schöne pastellfarbene Steckerleiste eingesteckt und mein Laptop auf dem Schreibtisch positioniert. Der Ventilator wird angeschaltet und dann hole ich mir erst einmal einen Kaffee. D.h. ich löffle etwas Nescafé und Milchpulver in meine Tasse und hole mir im Eingangsbereich am Wasserspender heißes Wasser. Nun kann der Arbeitstag starten 🙂 

Meine Kolleginnen und Kollegen

Während all dieser Aktivitäten begrüße ich natürlich die Kolleginnen und Kollegen, die ich dabei antreffe. Normalerweise ist Christopher da, Fatmata, unsere Sekretärin sitzt normalerweise auch schon an ihrem Tisch, Margaret und manchmal sind noch Project Officer da. Wann die im Büro sind und wann nicht, habe ich noch nicht ganz durchblickt. Zur Zeit sind Andrea und Dauda meist da. Letzte Woche war ihr Büro immer leer.

Oben im ersten Stock sind Abdul und Mariama (mein Kommunikationsteam), manchmal sind Papanie (Biodiversity Manager) oder Aruna (Project Officer aus Kenema) bei ihnen im Büro. Dann gibt es natürlich noch Edward, den Programmmanager, meinen Chef und das Finanzteam bestehend aus Isata, Kadiatu und Michael. Und nicht zu vergessen, die anderen Fahrer Musa und Mustapher und manchmal ist der Fahrer aus Kenema noch da, Samuel.

Soweit ich das bisher verstehe, ist Edward als Programmmanager für die meiste Kommunikation mit internationalen Partnern und Geldgebern verantwortlich. Er hat den Überblick über die Projekte, die wir durchführen. Er hatte auch den Kontakt mit der Agentur, die unsere Internetseite neu macht. Aber die Kommunikation habe ich nun übernommen. Die Project Officer arbeiten in Kenema und Kabala. Das sind diejenigen, die direkt mit den Communities arbeiten und auch die Berichte am Ende verfassen. Wenn ich Auskunft zum aktuellen Stand von Projekten haben will oder mehr darüber erfahren möchte, was wir genau in den Projekten machen, sind das die richtigen Ansprechpersonen. Das Finanzteam macht Buchhaltung, Abrechnungen, ganz klassisch. Dann haben wir ja noch Christopher, der ist so ein bisschen der Junge für alles. Er übernimmt kleine Botengänge, schmeißt den Generator an, wenn der Strom weg ist; besorgt mir Handyguthaben oder druckt Aufkleber aus. Außerdem gibt es noch Fatmata, wie gesagt unsere Sekretärin und Margaret, die für Personalangelegenheiten zuständig ist.

Was für Aufkleber Christopher ausdruckt? Na die Aufkleber eben. Sagt bloß, in eurem Büro sind keine Aufkleber auf Tisch, Stuhl, Drucker, Ventilator und Besucherstühlen??? Ich hoffe, zumindest auf eurem Dienstwagen ist ein Aufkleber?

Und wie sind sie nun die Kolleginnen und Kollegen? Bisher sind alle sehr nett, es wird viel gelacht und dabei auch geschäftig gearbeitet. Für mich also eine perfekte Mischung. Ich habe noch nicht mit allen richtig gesprochen. Besonders auf den Austausch mit den Projektleuten freue ich mich, damit ich verstehe, was wir so machen und vor allem auch wie wir unsere Arbeit machen. Wahrscheinlich ist es ganz sinnvoll, dass ich gerade schon sämtliche Projektanträge und -berichte lese. Dann kann ich später sehr viele Fragen stellen…

Projektabsprachen und meine Rolle im Team

Wie immer, wenn man irgendwo neu zu arbeiten anfängt, dauert es ja ein bisschen, bis man seinen Platz findet und weiß wie es so läuft. Ich befinde mich noch in dieser Orientierungsphase. Da ich noch nicht so viele Präsenztage im Büro hatte, dauert es wahrscheinlich ein bisschen länger. Aber ich komme dem Ganzen schon näher. Hauptsächlich in unserem kleinen Kommunikationsteam taste ich mich langsam an meine Rolle heran. Es ist nicht ganz einfach, herauszufinden, was von mir erwartet, was von mir gewünscht und was auf keinen Fall gewünscht ist. Anfangs hatte ich mich noch etwas zurückgehalten. CSSL ist gerade dabei, die Internetseite neu aufzusetzen. Ich wollte nicht in das laufende Projekt hineingrätschen, weil ich nicht wusste, welche Idee, Absprachen usw. es schon gab. Mittlerweile habe ich das Gefühl, ich darf einfach machen und alle sind dankbar, wenn ich bei diesem Projekt die Führung übernehme. Also versuche ich mein strukturiertes Vorgehen, meine Arbeitspakete, Post-Its, Dokumente und Gedanken möglichst passend einzubringen. Meine eine Wand im Büro färbt sich langsam gelb, weil ich mir meine Aufgaben schön visualisiert habe. Gleichzeitig versuche ich mit den Kolleginnen und Kollegen herauszufinden, wie wir am besten zusammen an Dokumenten arbeiten können, ohne uns alles immer per E-Mail zu schicken. Aber small, small.

Mariama und ich arbeiten eigentlich ziemlich eng zusammen, was die neuen Inhalte der Internetseite angeht. Leider ist Mariama seit zwei Tagen etwas kränklich und heute gar nicht da. Ich bin gerade sehr froh, dass ich so lange in Quarantäne war und es auf keinen Fall ich sein kann, die sie mit irgendetwas angesteckt hat. Mariama hilft mir dabei, zu verstehen, wer wann wie eingebunden werden will, wie ich welche Dinge am besten anfrage und außerdem gehen wir manchmal zusammen in der Mittagspause auf einen der Märkte, damit ich die nach und nach kennenlerne.

Wie schon im letzten Beitrag angeklungen, ist es manchmal mit der Kommunikation hier etwas schwierig für mich. Wir besprechen uns manchmal zu dritt und die anderen beiden scheinen immer zu wissen, was abgemacht wurde. Ich muss immer fünfmal nachfragen, bis ich mir sicher bin, dass es alles klar ist. Vielleicht ist das aber auch ein europäisches Denkproblem, dass immer alles ganz genau definiert sein muss. Vielleicht lässt man hier einfach mehr Freiheiten, weil es oft passiert, dass das eigentlich Geplante nicht umsetzbar ist. Ich bleibe an diesem Thema auf jeden Fall dran. Meine ehemaligen Kolleginnen und Kollegen wissen, wie sehr ich es liebe, wenn Dinge klar angesprochen und Entscheidungen festgehalten werden. Hier muss ich nun schwimmen lernen, in für mich unklaren Vereinbarungen.

Fotospaß im Innenhof

Für die neue Internetseite brauchen wir neue Teamfotos. Auf der aktuellen Seite sind nur Fotos vom Vorstand und auch die sind nicht alle in bester Qualität. Unser Ziel ist es deshalb, einheitliche Fotos vom Team und vom Vorstand zu machen. Damit das Ganze auch eine Verbindung zu unserem Thema hat, haben wir das Fotoshooting im Innenhof vor einem der Bäume gemacht. Die Aktion wurde ein rießen Erfolg und hatte am Ende mehr von einem Teambuilding als von einem Fotoshooting. Da meist nicht nur die Person da war, die gerade fotografiert wurde, sondern immer mehrere aus dem Team herumstanden und Tipps, Ratschläge zur Kleidung und Kommentare zum Gesichtsausdruck parat hatten, haben wir nun sehr viele Fotos, auf denen wir herzhaft lachen – leider haben wir noch nicht von allen ein gutes Foto für die Internetseite. Ich muss zum Beispiel nochmal antreten zum Fotoshooting. Mit euch aber darf ich die Funphotos teilen, damit ihr seht, mit wie vielen freundlichen Gesichtern ich es hier täglich zu tun habe. We really love what we do!

Und jetzt heißt es content, content, content

Unsere neue Internetseite soll möglichst im Juni noch live gehen. Ich zweifle noch etwas an diesem Zeitplan, aber okay. Dann heißt es jetzt eben content, content, content oder Inhalte, Inhalte, Inhalte. Da wir meines Erachtens noch nicht final über die Struktur entschieden haben, können wir noch nicht alle Inhalte generieren. Ich weiß nicht so genau, ob mein Vorschlag für die neue Struktur angenommen wurde oder wir nochmal drüber reden. Das sind so die kleinen Schwierigkeiten für mich, die ich oben schon erwähnt hatte. Ich konzentriere mich deshalb seit gestern auf die Inhalte, die auf jeden Fall kommen und auf die Projekte. Auf der neuen Seite sollen unsere wichtigsten Projekte vorgestellt werden. Ich lese gerade also sehr viel über die Arbeit von CSSL. Es ist sehr spannend, aber auch sehr, sehr viel. Gestern Abend war ich ziemlich erschlagen. Zu viel Input. Ich glaube, ich werde meine zweite weiße Wand bald auch mit Post-Its zutapezieren, diesmal aber, um mir einen Überblick über die Projekte zu verschaffen.

Regen am Morgen, am Vormittag, am Nachmittag – eigentlich den ganzen Tag

Gestern kam ein weiterer Vorgeschmack auf die Regenzeit. Es hatte schon morgens angefangen zu Schütten, bevor ich zur Arbeit los bin und hat fast den ganzen Tag durchgeregnet. Mal mehr, mal weniger stark. Selbst die größeren Straßen waren vollkommen überschwemmt. Als ich abends nach Hause bin, war die Sturzflut schon wieder vorbei. Eigentlich wollte ich hier ein Video hochladen, aber das Internet schwächelt… Vielleicht kommt das Video später irgendwann noch.

Wie ihr seht: de woke fine. Und auch das Wetter ist fine. Regen heißt nämlich, dass es kühler ist. Gestern hatte ich tatsächlich meine Jeans an! Jetzt mache ich mich mal wieder an die Arbeit. Die Infos zum Thema „Mitglied werden“ wollen noch verbessert werden. By the way: es gibt auch internationale Mitgliedschaften für nur 30 US-Dollar pro Jahr. Den Link zu mehr Infos lasse ich euch bei Gelegenheit zukommen. Wenn die Texte für die Mitgliedschaft fertig sind, kann ich mich ab morgen voll und ganz auf die Projekte konzentrieren.

World Environment Day auf Tasso Island

Freitagabend wurde schon gemunkelt, wir würden am Samstag aus der Quarantäne entlassen werden. Ruirui, unsere positiv-getestete Person, war schon auf dem Weg zum Flughafen und nur noch Marije und ich waren in Quarantäne verblieben. Jack informierte uns, dass unsere Soldaten am Samstagvormittag abgezogen werden würden. Wir wagten zu hoffen, waren uns aber nicht 100% sicher.

World Environment Day Celebration

Ich hatte gehofft, wir würden schon am Freitag freigelassen werden. Am Samstag war World Environment Day (Internationaler Tag der Umwelt) mit dem diesjährigen Motto “Ecosystem Restoration” (Wiederherstellung von Ökosystemen). CSSL hat dazu eine Feier mit verschiedenen Aktivitäten veranstaltet. Das Ganze fand in der Big Water Community in der Nähe von Freetown statt. Es wäre mein erstes großes Event gewesen, mit Ansprachen von CSSL und Vertretern der zuständigen Behörde der Regierung. 

Am Tag zuvor gab es schon Fotos in der Whatsapp-Gruppe aus der Arbeit, die zeigten, wie Jugendliche der Big Water Community das Gelände für den World Environment Day vorbereiteten. 

Neben Ansprachen und fröhlichem Beisammensein, war auch eine Baumpflanzaktion geplant – passend zum Motto Ecosystem Restoration. Mein Kollege Papanie hat nicht nur diese Celebration vorbereitet, er arbeitet auch sonst mit der Community. Es geht CSSL darum, dass die Community die Bedeutung der Biodiversität versteht und mithilft, den Wald zu beschützen. Das Problem an vielen Orten ist, dass die Menschen vom Wald leben – vom Holz, von den Tieren und den Früchten. Teilweise wird auch Wald gerodet, um weiteres Ackerland zu erhalten. CSSL versucht immer gemeinsam mit den Communities, die dort wohnen, Wege zu finden, wie einerseits der Wald und damit auch langfristig die Lebensgrundlage der Menschen gesichert werden kann und zugleich die Menschen neue Möglichkeiten kennenlernen, wie sie kurzfristig ihren Lebensunterhalt sichern können. Nicht immer ein leichtes Unterfangen.

Ich wäre sehr gerne bei der Aktion in der Big Water Community dabei gewesen, um mehr Einblicke in diese Arbeit zu bekommen. Leider fuhr der Bus schon morgens um sieben Uhr los, da wusste ich noch nicht sicher, ob ich tatsächlich aus der Quarantäne raus darf oder nicht. Wir wurden leider erst gegen 10:30h in die Freiheit entlassen. Ich zeige euch trotzdem ein paar Bilder inklusive Gruppenfoto und Baumpflanzaktion, auch wenn ich selbst nicht dabei war.

Erste Ecolodge-Analyse

Um das Wochenende in neugewonnener Freiheit nicht ganz untätig zu verbringen, entschloss ich spontan, mich Marije und ein paar Leuten, die sie kennt, anzuschließen und nach Tasso Island zu fahren. Wenn ich schon nicht beim Baumpflanzen dabei sein konnte, so konnte ich wenigstens mit meiner Analyse des Ökotourismus in Sierra Leone starten. Eine meiner Aufgaben bei CSSL wird es sein, eine Strategie für Ökotourismus-Projekte in den Communities zu entwickeln. Wie oben schon beschrieben, ist das Problem, dass viele Menschen vom Wald leben. Es bringt nichts, zu erklären, dass wir die Natur schützen müssen, weil das auch für uns Menschen gut ist. Die Menschen müssen von irgendetwas leben. Eine Idee ist es deshalb, community-based Ökotourismus einzuführen. Es gibt schon ein paar Beispiele dafür im Land. Eines davon ist auf Tasso Island. Vor meiner Abreise nach Sierra Leone hatte ich online einen Kurs zum Thema Ökotourismus gemacht und auch schon ein Gespräch mit der Kollegin von Tourism Watch geführt. Ich hatte also einige wichtige Punkte im Hinterkopf, was bei der Einführung von Ökotourismus zu beachten wäre und wo die Schwierigkeiten liegen könnten. So etwas wie Wasserverbrauch (Touristinnen und Touristen verbrauchen horrend viel Wasser im Vergleich zur lokalen Bevölkerung, nicht nur zum Duschen, auch zum Bettwäsche waschen, putzen, kochen und so weiter), gerechte Verteilung der erwirtschafteten Mittel, beste Einbeziehung der lokalen Bevölkerung, Grenzen des Möglichen.

Aus der Quarantäne ab auf die Insel

Aber zunächst ging es einmal ab auf die Insel. Wie gesagt, es war super spontan. Um halb zehn haben wir erfahren, dass die Soldaten wirklich gehen und wir wieder raus dürfen und eine Stunde später kam das Taxi, um mich abzuholen. Insgesamt waren wir zu fünft – Marije, ihre Kollegin Paula aus Spanien, ihre Kollegin Isa aus Brasilien zusammen mit ihrem Freund Gui, ebenfalls aus Brasilien. Ich bin mit dem Taxi los und habe unterwegs noch Isa und Gui eingesammelt, dann ging es weiter Richtung Kissiy Ferry Terminal. Einmal quer durch die Stadt und mit einer super Verzögerung, weil an einer Stelle, die Straße quasi blockiert war. Auf der Gegenfahrbahn stand ein Auto. Die Motorradtaxis haben deshalb die komplette Fahrbahn eingenommen, weshalb von der Gegenseite niemand mehr weiterfahren konnte, auch an dem Fahrzeug kam niemand mehr vorbei. Da auch die Motorradtaxis von der anderen Seite versuchten, irgendwie durchzukommen, war einfach alles komplett verstopft. Irgendwann kamen wir – wenn auch im Schneckentempo – doch voran und gelangten an die Ablegestelle für die Boote nach Lungi, Kissy und wahrscheinlich weiteren Orten und Inseln. Uns erwartete schon unser Kapitän, Mohammed, der uns durch das Gewusel führte, durch einen engen Durchgang und dann einen schmalen Weg entlang, links das schlakige Wasser der Bucht, rechts ging die Uferbefestigung teilweise steil nach oben. Da gerade Ebbe war, bestand die Bucht aus einem Matsch-Plastikteppich. Mir tut immer das Herz ein bisschen weh, wenn ich so etwas sehe. Besonders am Welt-Umwelt-Tag… Wir wurden dann auf der mal mehr mal weniger steilen Uferbefestigung abgesetzt und sollten warten, bis unser Boot ablegen würde. Das war mal wieder einer der Momente, an denen ich mich frage, welche Besucherinnen und Besucher sich hier wohlfühlen würden. Menschen, die es nicht gewohnt sind, voller Vertrauen, anderen Menschen zu folgen, sich einfach in Mitten der Leute niederzulassen, von allen angestarrt zu werden und zu warten, bis irgendwer kommt und dich auffordert, mitzukommen, die könnten es schwer haben, entspannt nach Tasso Island zu gelangen.

Ich versuche mich in neuen Fotogalerien. Ihr kommt mit den Pfeilen oder mit Klick auf die Punkte zum nächsten Foto.

Wir mussten nur circa 20 Minuten warten, dann rief uns Mohammed und es ging los. Die Ecolodge Tasso Island hat ihr eigenes Boot für Gäste. Es ist etwas teuer und es gibt auch eine viel günstigere Variante, wie ich später erfahren habe. Aber wir wissen ja, alle Erlöse gehen in die communities auf Tasso. Wir waren nur zu zehnt auf unserem Boot, während die anderen Boote, die ablegten, ziemlich überfüllt waren und teilweise Motorräder, Kühlschränke und ich weiß nicht, was noch an Bord hatten. Aber: alle an Bord tragen Rettungswesten.

Die Überfahrt nach Tasso Island dauert circa 1,5 Stunden. Alex, ein Tourguide, war mit an Bord und erzählte uns einiges über die Geschichte Sierra Leones. Er war mit dabei, weil man mit dem Boot auch nach Bunce Island fahren kann. Dort gibt es noch Überreste des Forts in dem die Sklaven eingesperrt waren, bevor sie “verschifft” wurden. Ich bin dieses Mal nicht mit nach Bunce Island gefahren, weil ich dachte, das mache ich dann, wenn jemand von euch mich besucht.

Wie es der Zufall so will, kam ich mit Alex ins Gespräch und siehe da: er ist Mitglied der Conservation Society of Sierra Leone (CSSL – mein Arbeitgeber). Das hat mich natürlich sehr gefreut, dass ich direkt mal ein Mitglied unseres Vereins zufällig treffe und kennenlerne.

Marije und ich sind dann auf Tasso Island von Bord gegangen, die anderen drei sind weitergefahren nach Bunce Island und kamen am späten Nachmittag zu uns auf die Insel.

Tasso Island – ein kleines Paradies in Gefahr

Es ist eine wahre Wohltat, auf Tasso anzukommen. Insbesondere, wenn man frisch aus dem Verkehr und der Luftverschmutzung Freetowns kommt. Nichts als das Geräusch der Wellen, der Palmblätter im Wind und der Vögel im Ohr. Wirklich nichts anderes? Oh – fast habe ich schon vergessen, dass überall Bäume stehen, die ihre kleinen runden Früchte abwerfen. Jedes Mal, wenn eine Frucht auf einem Dach landet, vermutet man, dass ein Loch entstanden sein muss, so laut ist das Geräusch. Aber abgesehen davon – Ruhe, Frieden, frische Luft 🙂

Die Hütten der Tasso Ecolodge stehen direkt am Strand zwischen den Bäumen. Sie wurden von den Dorfbewohnern auf der Insel gebaut. Sie sind schlicht, aber sehr gemütlich und einfach perfekt zum Entspannen. Da es kaum Süßwasser auf der Insel gibt, wartet im Badezimmer eine Wassertonne mit Wasser zum Duschen und Waschen. Fließend Wasser gibt es nicht. Das Licht ist solarbetrieben, AC und Ventilator gibt es auch nicht. Dafür haben die Hütten keine Glasfenster, sondern nur Fliegengitter und Vorhänge. Werden die Vorhänge aufgezogen, kommt eine angenehme Brise in die Hütte. Und der Ausblick von der Veranda: Wellen und am Horizont Freetown in den Hügeln des Festlandes. Alle Mitarbeitenden sind super nett und sehr zuvorkommend. Wir haben uns sofort wohlgefühlt.

Kommunikation und ihre Rätsel

Am Samstag war die Devise ankommen und entspannen. Wir hatten am Vormittag Lunch bestellt, das dann auch quasi schon fast fertig war, als wir ankamen. Brauner Reis mit Fisch oder Hühnchen. Witzig wurde es dann bei der Bestellung des Abendessens. Ibrahim und Lami, zwei von den Mitarbeitern der Ecolodge, fragten so um halb sechs, wann und was wir gerne essen würden. Marije hatte von der Managerin der Ecolodge in Freetown per Whatsapp das Menü zugeschickt bekommen. Ibrahim und Lami berieten uns, erklärten, was sich hinter Tola und dem Tasso Special verbergen würde und so bekamen wir den Eindruck, dass alles, was auf der Karte war, auch verfügbar war. Nach längerem Hin und Her, wer was essen würde, war die Bestellung dann komplett. Ich bin also vor zur Küche und wollte unsere Bestellung aufgeben. Da kam dann die Info aus der Küche – Vegetable? We only have carrots and onion. – Hm. Schade. Eigentlich wollte ich gerade Gurkensalat bestellen… – You want Spaghetti and Chicken? – Äh, eigentlich wollten wir ein paar andere Sachen? – It can be Spaghetti or Spaghetti with Chicken? – Nun gut, dann eben Spaghetti und Spaghetti with Chicken… At what time you want to eat? – So gegen acht? – Oh, that is late. We want to go home – Okay, dann eben früher… 

Wir nahmen es mit Humor. Irgendwie haben wir alle es mit der Kommunikation hier noch nicht so ganz raus. Es ist nicht das erste Mal, dass wir als Nicht-aus-Westafrika-stammende-Personen mit der Kommunikation hier etwas verunsichert waren. Uns ist es allen schon passiert, dass es aus unserer Sicht eine Absprache gab, die aber für die andere Person offensichtlich dann doch nicht fest abgesprochen war. Gleichzeitig passiert es immer, dass für uns gefühlt nichts klar gesagt wurde, aber alle anderen anscheinend ganz genau wissen, wie weiter vorgegangen wird. Mir ist das auch in der Arbeit schon ein paar Mal passiert. So dass ich dann immer nicht wusste, checken jetzt alle, was gemeint war und ich bin die einzige, die es nicht mitbekommen hat? Das mit der Kommunikation muss ich auf jeden Fall noch etwas vertiefen und hoffe, dass ich es irgendwann lerne. Im Falle der Essensbestellung scheint es, dass zunächst uns als Gästen die Wahl gelassen wird, was wir essen wollen, und dann werden wir sanft darauf hin gelenkt, was wir bestellen wollen – mit anderen Worten, was wirklich verfügbar ist: Spaghetti mit Chicken!

Kanutour durch die Mangroven und verdammt viele Kinder

Gui hatte die hervorragende Idee, eine Birdwatching-Tour zu machen. Also sind wir am nächsten Morgen nach dem Frühstück – leider gabe es gerade kein Brot, nur fried Plantain und Rührei, aber ich glaube, wir wollten gar kein Brot… – also auf jeden Fall nach dem Frühstück sind wir dann los mit zwei Kanus zum Birdwatching aufgebrochen. Birdwatching heißt Vögel beobachten. Die Höflichkeit uns gegenüber oder unsere Unfähigkeit die richtigen Fragen zu stellen und die Antworten richtig zu verstehen, hat leider verhindert, dass wir schon morgens um sieben, wenn der beste Zeitpunkt für den Start gewesen wäre, gestartet sind. Morgens hätten wir mehr Vögel gesehen und vor allem hätten unsere Paddler, die uns durch die Mangroven manövrierten, nicht so schwitzen müssen. Uns hat es trotzdem sehr gut gefallen. Zunächst ging es kurz am Strand entlang und dann rein in die Mangroven.

Da die Ebbe einsetzte, konnten wir nicht direkt bis Tasso Village fahren, sondern haben den letzten Teil des Weges zu Fuß zurückgelegt. Die ganze Zeit an unserer Seite: Ibrahim, einer der Angestellten der Ecolodge und Touristenführer.

Gemeinsam sind wir also auf dem Weg, der rot durch die grünen Pflanzendickichte führte, nach Tasso gelaufen. Manchmal kamen Motorradtaxis vorbei. Auf Tasso gibt es insgesamt vier Dörfer und die Ecolodge. Das Dorf Tasso ist genau am anderen Ende der Insel. In Tasso “besichtigten” wir die Schule und das Gesundheitszentrum. Das Gesundheitszentrum wird durch die Einnahmen der Ökolodge finanziert. Spätestens seitdem wir in die Nähe des Dorfes gekommen waren, sammelte sich eine Traube von Kindern, die uns ab da begleitete und konstant anwuchs. Sie riefen uns immer “Oporto, Oporto” zu. Was Gui anfangs für eine Begrüßung hielt und freudig mit “Oporto, Oporto” zurück grüßte, ist in Wirklichkeit das Temne-Wort für “weißer Mensch”. Es geht auf die Zeit zurück, als die ersten Portugiesen in die Gegend kamen.

Temne? Was ist nun denn wieder Temne? Temne, ist eine weitere Sprache, die in Sierra Leone gesprochen wird. Nur 1,5 Bootsstunden von Freetown entfernt, bringen mir meine geringen Kriokenntnisse gar nichts, wenn ich mit den Kindern reden will. Also mussten wir noch schnell ein bisschen Temne lernen, um zumindest freundlich grüßen und Grüße beantworten zu können. Vor allem, da wir auch dem Chief kurz vorgestellt wurden.

Auf einem Fotos seht ihr einen Zaun, der etwas windschief daherkommt. So sehen meistens die Zäune aus, die die Gemüsegärten schützen. Bei mir in Freetown, am Nachbargrundstück gibt es auch ein paar Stellen, die so abgetrennt sind. Da Kühe, Hühner und Ziegen frei herumlaufen, ist das der einzige Weg, um das Gemüse zu schützen. Die Boote auf den Bildern sind die Fischerboote. Die Inselbewohnerinnen und Bewohner leben größtenteils vom Fischfang. Die Männer fahren raus aufs Wasser und fangen die Fische. Die Frauen trocknen sie und verkaufen sie anschließend in Freetown. Da der Boden auf der Insel sehr sandig ist und schnell austrocknet, wächst nicht so viel Gemüse und Obst auf der Insel. Das meiste muss vom Festland geholt werden. 

Vorgeschmack auf die Regenzeit

Nach der Besichtigung des Dorfes ging es zurück zur Ecolodge – diesmal zu Fuß, einmal quer über die Insel. Wir hatten unsere Hausaufgaben gemacht und schon nach dem Frühstück das Mittagessen bestellt. So gab es dieses Mal tatsächlich das Tasso Special (Fisch und Krabben in einer gelblichen Soße) und Tola (eine rötliche Soße mit zerstampften Samen irgendeiner Pflanze mit Fisch). Zu beidem gab es natürlich Reis, was sonst. Eigentlich wollten wir nach dem langen Marsch durch Sonne und Sand ins Meer tauchen, aber leider war das Wasser weg. Es war Ebbe. Also hieß es warten, bis die Flut kommt. Doch anstelle der Flut kam eine starke Brise – oder in unseren Worten ein Unwetter. Das Meer wurde aufgepeitscht vom Wind während zugleich der Himmel alle Schleusen geöffnet hatte. Und das war viel besser als eine kleine Erfrischung im Meer. Außerdem konnten wir den Regen nutzen und das von uns verbrauchte Duschwasser wieder auffüllen. Eigentlich wollten wir langsam aufbrechen, zurück nach Freetown, aber bei dem Wetter blieb uns nichts anderes übrig, als dazusitzen und auf den Regen und die Wellen zu schauen, bis der Regen nach über einer Stunde nachlassen würde und wir wieder sicher mit dem Boot übersetzen konnten. Zum Glück war Ibrahim gerade am Strand, als der Regen einsetzte. Ich habe ihm bei uns auf der Veranda Unterschlupf angeboten und konnte die Gelegenheit nutzen, nochmal ein paar tiefergehende Fragen zum Ecolodge-Projekt zustellen. Was die Schwierigkeiten am Anfang waren, was unternommen wurde, um die Schwierigkeiten zu überwinden, was gut läuft und was nicht so gut läuft und wie das Geld eingesetzt wird. Somit hat der Regen uns nicht nur Abkühlung gebracht, sondern mir auch noch eine Extraportion Wissen. Auch darüber, wie schwer es für die Menschen auf der Insel ist während der Regenzeit. Immerhin ist ihnen der Weg nach Freetown dann manchmal abgeschnitten und sie können weder ihren Fisch verkaufen, noch Einkäufe tätigen.  

Nach dem Regen gab es noch eine Fotosession mit mehreren Gruppenfotos und am Ende winkten uns Lami, Ibrahim und Osnata zu, bis wir sie nicht mehr sehen konnten.

Zurück in Freetown begrüßte uns der ganze Plastikmüll, der bei unserer Abreise bei Ebbe in der Bucht lag, nun schwimmend auf dem Wasser. Nach unseren zwei Tagen in einem kleinen Paradies, zurück in der Wirklichkeit. Auch auf Tasso waren an manchen Stellen in den Mangroven Plastiktüten in den Ästen gehangen, am Strand lagen Plastikflaschen, alles angeschwemmt vom Festland. Vielleicht starten wir von CSSL mal eine Aktion, die zum diesjährigen Motto des Welt-Umwelt-Tages in Deutschland passt: Nein zu Wegwerf-Plastik – ja zu Mehrweg! Für mich war es trotz des Plastikteppichs und der Abgase in Freetown ein sehr gutes Wochenende. Es war ziemlich spannend, gleichzeitig Gast und Analystin zu sein. Ich freue mich schon, auf meine Analysen der weiteren Ökolodges in Sierra Leone.

WG-Leben in Zeiten von Covid-Quarantäne

Nun ja, was macht man so, wenn man unter Quarantäne gestellt ist? Wohnung schön herrichten, lesen, telefonieren und natürlich kochen. Da gibt es nicht so große Unterschiede zwischen Deutschland und Sierra Leone für mich.

Die Quarantäne hat vielleicht bald ein Ende. Gerade hat Ruirui ihr negatives Testergebnis bekommen und kann hoffentlich morgen in den Flieger in die USA steigen. Mal schauen, was das für uns anderen bedeutet. Eigentlich hieß es gestern auf einmal, wir müssen auf jeden Fall bis nächsten Freitag in Quarantäne bleiben. Die Infos ändern sich gefühlt täglich, so dass wir nun hoffen, sie ändern sich morgen nochmal.

Trotz Quarantäne immer was los – Der Generator

Auch wenn ich unser Grundstück seit einer Woche nicht mehr verlassen habe, ist natürlich trotzdem ein bisschen was geboten hier. Eine spannende Geschichte, die uns nun schon seit letzten Samstag begleitet, ist unser Generator. Er ist seit letztem Wochenende kaputt und irgendwie haben sie es noch nicht geschafft, ihn zu reparieren. Am Wochenende war das erst etwas nervig, weil auch der Strom weg war und irgendwann fast alle Batterien aufgebraucht waren. Ich konnte etwas aushelfen, da ich ja mit Powerbanks und Solarpanel versorgt bin. Aber das hilft nur zur Überbrückung. In den letzten Tagen war immer mal Strom da, also ist es nicht so schlimm für mich, dass der Generator nicht geht. Und sie arbeiten immer mal wieder daran, dass er wieder läuft. Ach ja, unser einer Kühlschrank ist auch schon seit Tagen kaputt…

Gemeinsamer Kinoabend und Essen für alle

Da wir nicht raus gehen dürfen, geht netterweise Abdul für uns Einkaufen, wenn wir etwas brauchen. Auf Wunsch kocht er manchmal auch für uns. Ihr seht ihn unten auf dem einen Bild. Natürlich sitzen wir dann nicht zusammen am Tisch, sondern jeder und jede verzieht sich wieder auf einen Balkon oder in ein Zimmerchen, aber ein bisschen Gemeinschaftsgefühl vermittelt es trotzdem.

Am Montag war dann mein großer Auftritt. Die US-Amerikanerin, die vor mir in meinem Zimmer war, hat einen Videoabend eingeführt und eigentlich ist es meine Aufgabe, diese Tradition fortzuführen. An meinem ersten Montagabend hatte ich es vergessen. Aber diesen Montag haben wir im Hinterhof eine Outdoor-Kinovorstellung gemacht. Danke nochmal an die Kolleginnen und Kollegen vom BAMF, die mir ja einen tollen Mini-Beamer zum Abschied geschenkt hatten. Vor der Vorstellung wurde noch ein Bettlaken an die Mauer gezimmert und die Plastikstühle wurden aufgereiht. So konnten wir schön an der frischen Luft und mit Abstand gemeinsam “Adú” anschauen. Den Film hatte James ausgewählt. Er handelt von einem sechsjährigen Jungen, der sich von Kamerun aus auf die Flucht nach Europa begibt. Den Film gibt es auf Netflix. Die eine Nebenstory ist so lala, aber sonst ist der Film wirklich gut. Nicht unbedingt leichte Kost, aber tagesaktuell, wenn ich an die Berichte über die Menschen denke, die versuchten die spanische Enklave in Marokko zu erreichen. Genau das ist nämlich auch das Ziel von Adú.

Kochen, Kochen und Backen

Ich arbeite zwar auch von hier aus. Habe Zoom-Konferenzen und arbeite mich weiter in unsere Projekte ein. Aber ich brauche irgendeinen Ausgleich und einen Grund, aus meinem Zimmer rauszugehen. Was liegt da näher als die Küche 😉

Schon letztes Wochenende habe ich mich an meinem ersten Bananenkuchen versucht. Die Zutaten hatte ich schon am Mittwoch gekauft, als ich noch nichts von der anstehenden Quarantäne wusste und die Bananen mussten endlich verwertet werden. Beim Erstellen meiner Einkaufsliste hatte ich nicht bedacht, dass ich hier keine Waage habe. Deshalb war noch eine kurze Online-Recherche nötig, um ein Rezept zu finden, zu dem meine Zutaten passen und für das keine Waage benötigt wurde. Und here we go – mein erster Bananenkuchen à la Salone:

Weiter ging es dann Anfang der Woche. Ich hatte vor meiner Abreise auch ein paar exquisite Gewürzmischungen inklusive Rezepten geschenkt bekommen. Was würde da näher liegen, als das Mango-Curry zu testen, wo es hier Mangos in unterschiedlichsten Größen und Reifezuständen gibt. Dafür gab es leider keine Paprika und der Spinat ist eher Mangold. Die größte Herausforderung war die Kokosmilch. Aber nachdem die Kokosnuss geöffnet (mit gezielten Schlägen auf einen harten Boden hauen), das Kokoswasser getrunken und das weiße “Fruchtfleisch” (wie nennt man das denn richtig) geraspelt war, wurde auch diese Hürde genommen. Und am Ende kam ein ganz gutes Curry heraus, von dem alle begeistert kosteten.

Heute dann startete mein Salone Kochkurs. Ich habe Abdul geholfen, das Abendessen für uns zu kochen. Es gab gebraten Fisch mit Erdnusssoße und Reis. Die Fische mussten erst noch entschuppt und ausgenommen werden. Die Erdnüsse kann man zum Glück am Markt schon zu Paste verarbeiten lassen, so dass wir nicht wie bei der Kokosnuss auch noch damit beschäftigt waren. Bis jetzt ist das mein Lieblingsessen hier. Und eigentlich ganz easy zu kochen: Reis kochen. Fische ausnehmen und saubermachen, dann mit weißem und schwarzen Pfeffer sowie einer Gewürzmischung bestreuen, anschließen in ausreichend Öl frittieren. Für die Soße Wasser erhitzen, gehackte Zwiebeln und Chilli dazugeben. Alles eine Zeit lang köcheln lassen. Anschließend von der Erdnusspaste dazugeben. Weiterköcheln lassen. Dann Maggi-Würfel und Tomatenmark dazugeben, umrühren und solange köcheln lassen, bis die gewünschte Konsistenz erreicht ist. Sieht vielleicht nicht so super aus, ist es aber!

Können Rosen töten?

Anscheinend ja. Neben Fisch mit Erdnusssoße kochen, war das mein Learning heute. Abdul hatte gestern im Hof ein rosenähnliches Gewächs mit der Machete bearbeitet, da es von irgendeinem Pilz befallen ist. Heute morgen hatte er dann einen sehr schmerzhaft angeschwollen Finger. Das Internet verriet mir: Gefahr von Tetanus! Unbedingt sofort zum Arzt und Tetanusschutz geben lassen. Meine Nachfrage bei der Medizinerin und dem Mediziner meines Vertrauens bestätigte meine Befürchtung. Zum Glück ließ Abdul sich überzeugen, dass mit der Sache nicht zu spaßen wäre und hat sich impfen lassen. Das geht hier anscheinend direkt in der Apotheke, wo man auch den Impfstoff kauft.
Mir hat es mal wieder gezeigt, wie verletzlich das Leben hier ist. In Deutschland sind wahrscheinlich die meisten Menschen gegen Tetanus geimpft, oder? Hier kann es echt böse ausgehen, wenn einem die umgerechnet 5-6€ fehlen oder man vielleicht auch gar nicht mitbekommt, dass es sich um eine ernsthafte Gefahr handeln kann. Wir hoffen, Abduls Finger erholt sich und es gibt keine schlimmere Infektion.

Nach der Berg-und-Talfahrt der letzten zwei Tage in Bezug auf Infos zu unserer Quarantäne, hoffe ich, dass sich morgen der Nebel lichtet und im besten Falle unsere Quarantäne aufgehoben wird. Ich mag mein Zimmer, meinen Balkon und meine Wohngemeinschaft hier zwar sehr gerne, aber was man so hört, soll es auch Leben jenseits der Mauern geben…

Covid-Response Sierra Leone Style

Seitdem meine Kolleginnen und Kollegen wissen, dass ich in Quarantäne bin, zeigt sich ein großes Ausmaß an Fürsorge und Mitgefühl. Täglich melden sich mindestens drei manchmal auch fünf von ihnen bei mir, um nachzufragen, wie es mir gehe, ob ich was brauche und mit besten Wünschen und Gebeten für mich. Ich bin wirklich sehr gerührt! Gefühlt habe ich seit meiner Quarantäne mit mehr Leuten aus dem Team Kontakt als während meiner kurzen Präsenzzeit im Büro. Ihr seht also, ich bin stets umsorgt und umhegt. Ganz abgesehen davon, dass ich weit davon entfernt bin zu hungern oder zu vereinsamen. Aber nun erst einmal von vorne. Wie kam es denn zu meiner Quarantäne.

Covid-Test im Krankenhaus oder Ist das hier die Geburtenstation?

In meinem letzten Beitrag ist ja schon angeklungen, dass ich mich in Quarantäne befinde, natürlich wegen Covid. Es ist ziemlich ärgerlich und ein riesengroßes Pech, wenn man bedenkt, dass in Sierra Leone zur Zeit null bis zehn neue Fälle pro Tag registriert werden. Einer dieser Fälle wohnt ausgerechnet bei mir im Guesthouse. 

Als ich letzten Mittwoch voller Elan und frohen Mutes nach der Arbeit nach Hause gekommen bin, wartete die schlechte Nachricht auf mich. Ruirui hatte sich am Montag getestet und nun ein positives Covid-Testergebnis erhalten. Ich habe daraufhin direkt Sheku informiert und nachgefragt, wie das Vorgehen bei CSSL in diesem Fall sei. Natürlich gab es so einen Fall noch nicht. Wir waren uns aber schnell einig, dass es besser wäre, wenn ich sicherheitshalber – trotz Impfung – einen PCR-Test machen würde und erst wieder ins Büro komme, wenn das Ergebnis da ist. War natürlich ein bisschen Mist, da ich ja einiges an Besprechungen vorhatte für Donnerstag und Freitag, aber what to do. Das Risiko, dass ich am Ende eine Kollegin oder einen Kollegen anstecken würde, war mir ehrlich gesagt zu hoch. Selbst wenn ich einen milden Verlauf haben würde, dank meiner Impfung, ist ja noch nicht ganz klar, ob Geimpfte das Virus noch übertragen können oder nicht.

Donnerstagvormittag bin ich also mit Marije, der anderen Deutschen aus dem Guesthouse, zum Krankenhaus gefahren, um einen Test zu machen. Über die Arbeit kennt Marije dort jemanden, weshalb wir zwar trotzdem erst zu drei verschiedenen Stellen geführt wurden, bis wir dann getestet wurden, aber es ging ohne große Wartezeit.

Schon vor dem Krankenhaus sind die Covid-Impf-Plakate zu sehen. Zwischen Tor und Krankenhauseingang (das sind vielleicht fünf bis sechs Meter) werden die Impfungen durchgeführt. Man geht durch das Tor, registriert sich rechts an einem Tisch, geht dann nach links und wartet. Wird man aufgerufen, geht man wieder nach rechts hinter den Anmeldetisch und erhält dort die Impfung. Die Impfdosen sind in Kühlboxen gelagert. Nach der Impfung bekommt man von einer Dame mit weißer Haube den blauen Impfausweis (die Frau seht ihr auf dem einen Foto am linken Rand), während zwei Meter weiter gerade eine Lieferung Einmal-Handschuhe und weitere Kisten ausgeladen werden. Hat man den blauen Impfausweis, muss man noch ins Gebäude. Was dann passiert, konnte ich nicht sehen. Aber alle sind mit ihren Ausweisen zur Anmeldung, wo wildes Gedränge herrschte. Vielleicht gibt es dort den offiziellen Stempel? Im Krankenhaus trägt kaum jemand eine Maske, zumindest nicht über Mund und Nase. Das war etwas irritierend für uns. By the way: Wir haben die ganze Zeit brav unsere FFP2-Masken getragen, auch auf der Fahrt im Keke und auch an den Folgetagen immer im Guesthouse, sobald wir unsere Zimmer verlassen haben.

Es war ziemlich viel los im Krankenhaus. Gefühlt war es eine einzige Mutter-Kind-Station, da fast nur Schwangere und Frauen mit wirklich gaaaanz kleinen Babys da waren. Wie wir erfahren haben, liegt das daran, dass Schwangere, “frische” Mütter und Kinder bis zu einem gewissen Alter, kostenfreie Behandlung erhalten. Deshalb kommen viele von ihnen nun ins Krankenhaus zur Geburt, aber auch zur Behandlung von Krankheiten von Kindern. Sierra Leone ist noch weit davon entfernt, die SDGs im Bereich Mütter- und Kindersterblichkeit zu erreichen. Dies ist eine Maßnahme, um den Zielen näher zu kommen. 

[SDG ist die Abkürzung für Sustainable Development Goals (Nachhaltige Entwicklungsziele). Es sind die weltweiten Ziele, auf die sich die UN geeinigt haben und für deren erreichen weltweit fast alle Staaten zusammenarbeiten. Mehr Infos unter: https://sdgs.un.org/goals]

Unser Test wurde in der Isolierstation durchgeführt. Allerdings war gerade niemand dort isoliert – hoffen wir zumindest. Immerhin war ein Loch in der Wand und die Fenster offen. Die Isolier- und Teststation besteht aus mehreren Containern, die wahrscheinlich im Rahmen der Covid-Response auf dem Hof des Krankenhauses aufgestellt wurden. Wir haben im Krankenhaus die Info bekommen: Wenn wir bis Sonntag nichts hören, sind wir negativ. 

Anschließend waren wir noch kurz Obst und Gemüse kaufen und ich habe mir ein MiFi gekauft. Natürlich alles mit FFP2-Maske. Zum Glück habe ich mir das MiFi besorgt, denn am Wochenende waren Strom und Internet weg. Auch jetzt für meine Woche zuhause ist es super, immer Internet zu haben.

Covid Response unter militärischer Bewachung

Ehrlich gesagt, war ich schon etwas genervt von der Tatsache, dass ich Donnerstag und Freitag nicht ins Büro konnte und bis Montag warten sollte, um weiterzuarbeiten. Und dann kam es ja noch schlimmer. Aber alle Kolleginnen und Kollegen und sonstige Leute, die ich in meiner kurzen Zeit hier schon kennengelernt hatte, haben mir sehr viel support gegeben. Alle haben angeboten, mir Sachen zu bringen, wenn ich irgendetwas benötigen würde. Aber dank der nicht ganz verständlichen Quarantäneregeln, bin ich hier nach wie vor gut versorgt.

Am Donnerstag kam ein Mann vom National Covid-Response Center (NaCOVERC), um nach Ruirui zu schauen, unserer positiv-getesteten Person. Er erklärte uns, dass wir alle in Quarantäne bleiben müssten, bis wir alle zwei negative Testergebnisse vorweisen können, wobei die Tests immer im 7-Tage-Abstand gemacht werden. Damit war mein Tag erstmal gelaufen. Ich dachte, es könnte ja ewig dauern, bis Ruirui auch negativ ist… Um sicherzustellen, dass wir das Grundstück nicht verlassen, wurden ab Freitag auch drei Militärs abgestellt, die uns bewachen sollten. Seit Sonntag sind sie weg. Vielleicht passen sie also nur am Wochenende auf? Jeden Morgen wird aber abgefragt, ob wir alle da sind. Da ich meist auf meinem Balkon sitze, bin ich am leichtesten zu finden für unsere Zuständigen von NaCOVERC. Es ist nun mein morgendliches Ritual während ich meinen Kaffee trinke:

Erst höre ich ein leises „Hello, hello“. Dann stehe ich auf und antworte mit: „Good morning“ „Good morning – how are you“ „I am fine. Thank you. How are you“ „Fine fine. Are you Marije?“ „No. I am Kathrin.“ „Where is Marije?“ „She is in her room.“ „Where is Ruirui?“ „She is in her room.“ „Where is Mr Jonathan?“ „He is in his room.“ „Are you Kathrin?“ „Yes, I am.“ „So all are here. Thank you. Stay well.“ Witziger Weise fragt er mich jeden Morgen, ob ich Marije bin. Nur vorhin, als er kam und Mr Jonathan suchte, hat er mich mit Kathrin angesprochen? Ich muss nicht alles verstehen. Ich bin ja erst drei Wochen hier…

Das Interessante ist, dass nur wir vier aus dem ersten Stock in Quarantäne sind. Alle anderen dürfen das Grundstück verlassen, kommen und gehen, wie sie wollen. Zuerst wollte der Mann vom NaCOVERC alle testen und unter Quarantäne stellen. Aber Jack meinte, I have to run this place. I cannot stay under quarantine. Damit war das geklärt. Auch Jenna, unsere französische Journalistin, ist nicht unter Quarantäne. Sie war gestern bei mir in der Arbeit, weil ich ihr einen Interviewtermin bei meinem Chef besorgt habe, zum Black Johnson Beach (Ihr erinnert euch, das war die Story mit dem norwegischen Lachs). Sie hat mir meine Notizen aus dem Büro mitgebracht…

Food supply und andere Kuriositäten

Ruirui hat heute erfahren, dass sie die Auflagen nicht erfüllt hat. Welche Konsequenzen das haben wird, wissen wir nicht. Eigentlich hätte sie sich für die Isolation mit Sauerstoff und anderen Sachen eindecken müssen. Umgerechnet im Wert von 100 US-Dollar. Das hat sie nicht gemacht. Ich muss dazusagen: sie ist mit Johnson-Impfstoff geimpft und ihr geht es sehr gut. Sie hatte nur Samstagvormittag Symptome, seitdem nicht mehr. Es hieß, sie schicken ihr heute einen Krankenwagen vorbei. Wir wissen aber nicht, was die dann machen wollen.

Und dann war auch der NaCOVERC-Mann, er heißt übrigens Cesar, wieder da. Er wollte aber mit Mr Jonathan sprechen. Ich denke, weil Jonathan der einzige Mann im ersten Stock und somit selbstverständlich unser Haushaltsvorstand und “Bestimmer” ist. Wie es hier üblich ist, kam Cesar zunächst um Jonathan anzukündigen, dass er sich später nochmal melden würde, weil er etwas mit ihm besprechen müsste. Um was es geht, hat er nicht verraten. Aber er hat sich die Nummer notiert. Circa fünf bis zehn Minuten später kam er wieder. Offensichtlich wollte er nun reden. Jonathan ist also mit runter. Und siehe da, was es wichtiges zu besprechen gab: Wir haben Essen bekommen. Wir wollen uns nicht beschweren. Klar, wir sind schon seit fünf Tagen in Quarantäne und sowohl der getrocknete Fisch als auch die potatoe leaves (Kartoffelblätter), die hier zum Nationalgericht verarbeitet werden, sehen alles andere als frisch aus und: nicht mal Reis wurde mitgeliefert. Aber ein kleiner Kanister Palmöl und ein paar Dosen Tomatenmark und so Zeug. Zusammen mit James und Abdul, die beide hier arbeiten, haben wir uns mehrfach gewundert, über den Zeitpunkt der Lieferung und vor allem über das Essen selbst. Keine Ahnung, ob das irgendwer hier essen wird. James meinte, er auf jeden Fall nicht… 

Aber wie gesagt, wir wollen uns nicht beschweren. Immerhin schickt uns die Regierung hier was zu Essen in die Quarantäne. Das habe ich aus Deutschland noch nicht gehört. 

Und noch eine schöne Geschichte aus unserer Covid-Erfahrung hier: Gestern waren zwei Sozialarbeiter und eine Frau bei Ruirui, um sie zu besuchen und ihr Witze zu erzählen. Dabei handelt es sich um die psychosoziale Betreuung von Covid-Erkrankten. Wahrscheinlich soll es ihnen die Selbstisolation erleichtern. Auch ein sehr schönes Angebot wie ich finde. Es ist zwar etwas seltsam, eine Person in Selbstisolation zu verbannen und dann alle zwei Tage jemanden vorbeizuschicken, aber gut.

Ich habe es mir in der Zwischenzeit hier ganz nett eingerichtet. Und mit Arbeit, Vogelbeobachtung und Hängematte lässt sich die Quarantäne eigentlich ganz gut aushalten. Das Vogelfoto habe ich leider nicht selbst gemacht, aber der Vogel, ein Village Weaver, saß fast auf meinem Balkon. Das Foto ist von Wikipedia. Gestern habe ich tatsächlich ziemlich viel gearbeitet. Was mich sehr freut. Heute bin ich leider etwas unmotiviert, aber jetzt muss ich dann doch mal ein bisschen was für die Arbeit machen.

Und die beste Nachricht: Wir dürfen jetzt doch schon wieder raus, wenn wir persönlich zweimal negativ getestet sind. Unabhängig von den Testergebnissen der anderen. Marije, Jonathan und ich haben unser erstes Negativ-Ergebnis schon bekommen. Also blicke ich voller Vorfreude aufs Wochenende und auf die nächste Woche. Und bis dahin genieße ich das Leben in unserer internationalen WG. Wie wir uns so die Zeit vertreiben, dazu mehr in den nächsten Tagen.

Ein Arbeitsstart mit Hindernissen

In meinem letzten Beitrag hatte ich versprochen, jetzt kommen endlich ein paar Eindrücke aus der Arbeit. In den letzten Tagen hat sich allerdings wieder ein trennendes Element aufgetan, dass mich von meinem Büro und den Kolleginnen und den Kollegen fernhält. Aber nicht zu viel Spoiler an dieser Stelle. Ein Arbeitsstart mit Hindernissen – die Überschrift gibt ja schon einen kleinen Hint, auf das was kommen wird.

Erste Woche Quarantäne im Hotel

Angefangen hat alles mit meiner ersten Woche Quarantäne im Hotel. Ehrlich gesagt, war ich sehr dankbar, dass ich nicht direkt am ersten Montagmorgen im Büro erwartet wurde, sondern erst einmal etwas Zeit hatte, anzukommen und klarzukommen. In der ersten Woche hatte ich nur drei kleine “Arbeitsmeetings” im Hotel. Mein Chef, Dr. Sheku Kamara, hatte mich direkt am ersten Montag zusammen mit Margret, unserer Verwaltungsassistentin, im Hotel besucht. Die beiden waren circa 30 Minuten da. Es ging eher ums Kennenlernen und um die ersten nötigen Schritte, um meine Aufenthaltserlaubnis und meine Arbeitsgenehmigung zu beantragen. Sheku kam noch einmal im Laufe der Woche für einen etwas längeren Besuch, bei dem wir besprochen haben, was er von mir erwartet, wie wir in den ersten Wochen vorgehen werden und vor allem mit der Info “small, small”. “Small, small” wird auf Krio verwendet für “Gemach, Gemach”, “step by step”, “pole pole” oder wie man auch immer sagen möchte. 

Krio ist eine der Sprachen Sierra Leones. Es gibt zwar nicht so viele Menschen, die Krio als Erstsprache sprechen, aber so gut wie alle Menschen im Land verstehen und sprechen Krio. Es ist die Verkehrssprache hier, also die Sprache, in der alle miteinander kommunizieren können. Ähnlich wie Englisch in Europa. Krio ist eine Mischung aus Englisch und westafrikanischen Sprachen. Ich werde hoffentlich bald etwas Krio lernen. Es ist auf jeden Fall hilfreich, da die Leute auf dem Markt oder die Keke-Fahrer meist nicht so viel Englisch sprechen.

Aber nun: back to work. Ebenfalls in der ersten Woche kam Adenike kurz bei mir im Hotel vorbei. Ich habe ja in einem anderen Beitrag geschrieben, dass ich als ZFD-Fachkraft hier bin. Adenike ist die ZFD-Koordinatorin für Sierra Leone, gemeinsam mit meinem Chef Sheku. Somit ist auch Adenike für mich und “mein Wohlbefinden” zuständig. Deshalb hat sie mich besucht. Und dann war in meiner ersten Arbeitswoche der erste Online-Workshop zum Thema Advocacy. Darüber habe ich auch schon berichtet. Viel mehr Arbeit gab es in meiner ersten Woche nicht.

“Small, small” in der ersten Woche im Büro

Und dann ging es endlich ins Büro. Ich war etwas aufgeregt, wie das so werden wird. Ist ja immer etwas spannend, wenn man einen neuen Job anfängt. Mein Fahrer Musa hat mich pünktlichst beim Hotel abgeholt, so dass ich um neun in der Arbeit war. Musa seht ihr unten auf dem Foto bei den Autos stehen. Links ist dann das Bürogebäude. Rechts seht ihr noch ein niedriges Gebäude angedeutet, da verbringen unsere Fahrer die Zeit, wenn sie gerade niemanden herumfahren. Die anderen Fotos zeigen die Einfahrt, unser Gebäude, unseren Eingang inklusive Generator (mein Bürofenster ist links neben dem Strauch, den ihr im Hintergrund seht) und ein paar Eindrücke aus meinem Büro inklusive Mittagessen (Reis mit Casavaleaf). Das letzte Bild zeigt einen Stromregulator. Den braucht man für einige elektronische Geräte, da es ziemlich starke Spannungsschwankungen gibt. Manche Geräte vertragen das nicht. Die normalen Bürozeiten hier sind 9-17 Uhr. Wie lange offiziell Mittagspause ist, habe ich noch nicht mitbekommen. Ich mache das nach Gefühl.

Am ersten Arbeitstag kam gleich die nächsten Lektion in “small, small”. Ich wurde erst von Sheku allen anwesenden Kolleginnen und Kollegen kurz vorgestellt. Dann wurde ich in mein Büro geführt mit der Information, dass ich mich jetzt erst einmal einrichten kann. Gesagt, getan. Ich habe meinen Laptop auf den Schreibtisch gestellt und war eingerichtet. Das war circa um 9:22h…  

Ich habe den Luxus eines eigenen Druckers. Mit der Hilfe von Christopher, dem Büroassistenten, haben wir die nötigen Kabel besorgt, die wir für den Drucker brauchten. Der Drucker hatte zwar ein Kabel für den Strom, aber das Kabel, um ihn mit einem Laptop zu verbinden, war nicht dabei. Das mussten wir erst noch wo auch immer holen. Und dann war ich tatsächlich bis nachmittags mit der Einrichtung des Druckers beschäftigt. Dank sehr langsamen Internet hat es gute 3,5 Stunden gedauert, bis alles heruntergeladen und installiert war. Also mein erster Erfolg direkt am ersten Arbeitstag: Drucker eingerichtet!

Ich habe in einem anderen Artikel geschrieben, dass ich CSSL im Bereich Advocacy und Öffentlichkeitsarbeit unterstützen soll. Ich werde wahrscheinlich hauptsächlich mit Abdul und Mariama zusammenarbeiten. Da die beiden aber die ganze Woche in einem Workshop waren, konnte ich nicht wirklich loslegen. Es war ja niemand da, der oder die mich an die Hand genommen hätte, um mich einzuarbeiten und zu erklären, was wie gemacht wird und womit ich anfangen könnte. Also: small, small.

Am Dienstagvormittag bin ich erst einmal mit Musa und Margret ins Stadtzentrum gefahren, um Passfotos zu machen für meine Aufenthaltserlaubnis. Ich kenne das Prozedere schon aus Südafrika. Es gibt an einer Stelle in der Stadt die Passfoto-Fotografen. Wenn man die gefunden hat, wird man vor einer weißen Wand oder einem weißen Tuch platziert, das Foto wird gemacht und direkt ausgedruckt. Hier die Luxusvariante, sogar mit Schattenspendendem-Sonnen-/Regenschirm-Halter. Wenn ich gewusst hätte, dass an dem Tag ein Fototermin ansteht, hätte ich mich natürlich etwas mehr gestylt… Von dort ging es weiter zu zwei Internet-/ Telefonanbietern und dann habe ich noch kurz im Postoffice reingeschaut. Wie in einigen anderen Ländern, die ich kenne und die keine bekannten Reiseziele sind, gibt es nur im Postoffice Postkarten. In diesem Fall gibt es ganze drei Motive. Es handelt sich offensichtlich um Restbestände aus den 1980er Jahren. Ich versuche, die Restbestände in den kommenden Monaten aufzubrauchen, vielleicht gibt es dann bald auch aktuellere Postkartenmotive aus Sierra Leone. Und ich habe mir „Kaffee“ und Milchpulver besorgt, damit ich im Büro mit Heißgetränken versorgt bin.

Am Dienstag habe ich schon Mittags Feierabend gemacht, da der Hotelbesitzer ein Mittagessen mit den Ehefrauen der deutschen Botschafter und des GIZ-Direktors für mich organisiert hatte. Ihr erinnert euch vielleicht. Zu dem Mittagsessen nur ganz kurz: es war eine sehr lockere und lustige Runde. Nun habe ich noch ein paar Kontakte, falls ich mal irgendetwas brauchen sollte. Tutu, die Frau des GIZ-Direktors, backt zum Beispiel Wahnsinnstorten. Falls ich also mal ein Jubiläum hier feiern möchte, mit bunter Thementorte, kein Problem.

Mittwoch war ich im Homeoffice wegen des zweiten Online-Workshops. Im Hotel war das Internet um Längen besser als im Büro. Im Büro gibt es gerade keinen Internetanbieter. Die Kolleginnen und Kollegen nutzen kleine tragbare MiFis für das Internet. Die sind ganz okay für Handy-Messenger-Dienste, aber nicht so gut, wenn man wirklich arbeiten möchte. Wie das hier genau mit Strom und Internet läuft, schreibe ich auch noch einmal etwas ausführlicher.

Da ich nur ungern untätig herumsitze, habe ich am Donnerstag und Freitag mit meiner ersten Analyse der aktuellen Internetseite und des Newsletter begonnen. Ich wusste, dass die Internetseite überarbeitet werden soll. Ich wusste nur nicht, ob der Prozess schon gestartet wurde und was in dem Bereich schon an Gedankenspielen, Analysen und Planungen stattgefunden hatten. Ich habe also einfach mal drauflos gearbeitet und mir alle Inhalte angeschaut und meine Notizen gemacht. Zum Glück – wie ich am Montag erfahren sollte.

“Erst mal die Basics“

Das war mein Gedanke nach meiner ersten Woche im Büro. Es gibt aktuell noch keine Datenbank oder gemeinsame Ordnerstruktur, auf die alle zugreifen können. Ich glaube, aktuell benutzen auch noch alle ihre privaten E-Mail-Adressen. Die CSSL-Email-Adressen kommen mit der neuen Website. Um eine Datenbank und eine gemeinsame Ordnerstruktur darf ich mich anscheinend sehr gerne kümmern. Engagierter Einsatz wird freudig erwartet. Ich hoffe, ich habe dafür während der Regenzeit Zeit. Vielleicht kann ich mich dann um solche Dinge kümmern wie Ordnerstruktur überlegen, Shared-File-System einführen und das Übertragen der Inhalte planen. Vielleicht nehme ich mir aber auch zu viel vor und sollte lieber mal ein bisschen “small, small” machen.

Endlich geht´s los mit der Arbeit

Waren die Kolleginnen und Kollegen in meiner ersten Woche noch etwas schüchtern und ich bekam sie nicht wirklich zu sehen, so rannten sie mir ab Montag die Türe ein. Anscheinend wollten sie mir alle erst einmal die Möglichkeit geben “small, small” anzukommen. Mittlerweile habe ich schon mit einigen gesprochen und ja, was soll ich sagen, jede und jeder hat eigene Erwartungen daran, was ich alles machen werde. Das wird noch spannend werden. Aber alle sind sehr, sehr nett. Es wird viel gelacht und zugleich ernsthaft gearbeitet. Vielleicht etwas anders, als es in Deutschland der Fall wäre, aber das war ja zu erwarten. Edward, der Programm-Manager und Stellvertreter von Sheku, erklärte mir am Montagvormittag, das nachmittags die Agentur kommen würde, die die neue Website für uns macht. Er hat mir die neue Website auch gezeigt. Da war es natürlich hervorragend, dass ich mir die alte schon so genau angeschaut hatte. Nachmittags bei der Besprechung mit der Agentur konnte ich sie direkt mit Fragen und Ideen überschütten, so dass die anderen aus meinem Team ziemlich ins Staunen kamen. Kompetenz vortäuschen war ja noch nie mein Problem. Die neue Website gefällt mir sehr gut. Es fehlt noch einiges an Content von unserer Seite, Texte, Fotos und so. Ich habe auch noch ein paar Gestaltungsideen eingebracht, will aber jetzt nicht zuviel verraten. Ihr könnt euch die Website dann anschauen, wenn sie fertig ist. Endlich hatte ich etwas zu tun. Also habe ich gleich im Anschluss meine Notizen und Ideen auf einem Jamboard gesammelt (Jamboard ist eine Art digitales schwarzes Brett, auf dem man z.B. Post-Its sammeln kann. Den Link zum Jamboard kann man mit anderen teilen, so dass alle digital gemeinsam daran arbeiten können). Leider war Abdul, der Kollege aus dem Bereich Kommunikation, immer noch nicht im Büro. Er sollte erst am Mittwoch kommen. Also habe ich schon einmal alles für ein erstes Gespräch mit ihm vorbereitet. Ich habe am Mittwoch sogar noch Kärtchen, Marker und so was besorgt, damit wir richtig schön gemeinsam Ideen sammeln können und die neuen Inhalte gemeinsam ausarbeiten können. Ich weiß, ich weiß – das hört sich jetzt nicht so nach „small, small“ an. Aber es gibt sehr vieles, was wir gemeinsam besprechen müssen, bevor ich wirklich starten kann.

Der Dienstag verstrich mit zwei Besuchen beim Immigration Department, wo ich meine Aufenthaltserlaubnis abholen konnte. Sie erinnert mich etwas an meinen alten Schülerausweis 🙂 

Nachmittags habe ich die Zeit genutzt, um mich mit Mariama auszutauschen. Mariama ist aktuell hauptsächlich für den ganzen Bereich Umweltbildung verantwortlich. CSSL hat ein Programm, in dem sie School Nature Clubs gründen und betreuen, machen verschiedene Aktionen zum Weltumwelttag zum Beispiel und auch Umweltbildung in Dorfgemeinden. Das organisiert, plant und macht alles Mariama. Ich soll sie in den Bereich Öffentlichkeitsarbeit und Advocacy einarbeiten, damit sie diese Aufgaben dann mit übernehmen kann, gemeinsam mit Abdul. Als Sheku mir gesagt hatte, eine meiner Aufgaben wird es sein, eine Kollegin einzuarbeiten, war ich noch etwas verunsichert. Die Kollegin muss ja auch Lust darauf haben, sonst kann das sehr schwer werden. Aber Mariama hat wirklich Lust auf gemeinsames Arbeiten, Austausch und Lernen. Zumindest hat sie das gesagt. Im Gegenzug ist es ihre Aufgabe, mir beim Einleben und Eingewöhnen hier zu helfen. Damit haben wir gleich am Mittwoch in der Mittagspause begonnen mit einem gemeinsamen Einkaufstrip auf den Markt.

Am Mittwoch war dann auch endlich Abdul da. Wir hatten ein sehr gutes Dreiergespräch, Abdul, Mariama und ich. Wir haben ausgemacht, dass wir uns am Donnerstag in aller Ruhe zusammensetzen und alle aktuellen Projekte durchgehen und auch wegen des weiteren Vorgehens zur neuen Website sprechen. Nachmittags hatten wir wieder Online-Workshop. Ich war am Mittwoch echt sehr guter Dinge und habe mich mega gefreut. Ich hatte das Gefühl Abdul, Mariama und ich – wir können ein sehr gutes Team werden, weil wir sehr offen sprechen konnten und auch schon sehr viel zusammen gelacht haben. Aber dann kam mal wieder alles anders…

Und dann hieß es auf einmal: Quarantäne

Ich dachte ja eigentlich, ich wäre dem Corona-Virus entflohen. Den Anschein hatte es zumindest in den ersten Wochen hier. Nur zum Betreten eines Supermarktes sollte man eine Maske aufsetzen, gerne unterhalb der Nase oder auch des Kinns. Es gab in den letzten Tagen im ganzen Land immer so 0 – 10 neue Fälle pro Tag. Und nun dürft ihr raten, wo einer dieser Fälle wohnt. Richtig, im gleichen Guesthouse wie ich. Ich bin deshalb nun erst einmal für mindestens 10 Tage in Quarantäne bis wir alle zwei negative Tests vorweisen können.

Das ist insbesondere ärgerlich, als dass ich gehofft hatte, nun geht es endlich los mit der Arbeit und voller Elan war. Abdul und Mariama habe ich mit E-Mails versorgt, in denen ich ihnen meine Kommentare und Ideen geschickt habe und warte nun ab ob, wie und wann wir darüber sprechen, um zu klären, wie wir weiterarbeiten. Die beiden sind bestimmt jetzt schon genervt von der übermotivierten Deutschen. Am Wochenende wäre eigentlich ein Waldspaziergang mit Bird-Watching angestanden. Der President des Vorstandes von CSSL hatte mich eingeladen. Freitag hätte ich meinen Termin beim deutschen Botschafter gehabt, nächsten Montag bei einer Partnerorganisation und am Donnerstag wäre ich eigentlich übers Wochenende zu unserem Büro in Kenema mit anschließendem Trip in den Gola Rainforest gefahren. Naja “small, small”. Dann wird das alles eben nach hinten verschoben, in der Hoffnung, dass die Regenzeit nicht zu früh einsetzt und Reisen weiterhin möglich sind.

Small, small – also auch weiterhin

Nach Hotelquarantäne und Abwesenheit des für mich wichtigen Kollegen, kommt nun also eine neue Quarantäne mit eingeschränkten Internet und Strom hinzu. Alles in allem werde ich zur Entschleunigung gezwungen und habe nun viel Zeit von meinem Balkon aus in die Hügel zu blicken und auf neue Instruktionen aus dem Büro zu warten. Mein Homeoffice habe ich schon eingerichtet 🙂 

Achso, noch zum Thema Covid:

Ich war am Donnerstagvormittag beim Testen. Die eine Info war, dass wir Freitagnacht das Ergebnis bekommen, die andere, dass, wenn wir bis Sonntag nichts hören, wir negativ sind. Wir haben bis jetzt (Sonntagvormittag) kein Ergebnis. Ich habe keine Symptome, mein einer Schnelltest war negativ, ich bin geimpft und hatte nicht wirklich engen Kontakt mit der positiven Person. Ich mache mir also nicht so viele Sorgen, dass ich positiv bin. Den Artikel habe ich am Freitagvormittag verfasst. Ich habe ihn aber erst jetzt online gestellt. Ich wollte eigentlich noch auf mein Testergebnis warten, damit ihr euch keine Sorgen machen müsst. Geduld gehört ja nicht zu meinen Stärken, deshalb kommt der Artikel doch jetzt schon online. Vom Besuch im Krankenhaus und unserer Quarantäne kommt dann mehr in einem extra Artikel. Ich habe jetzt ja ganz viel Zeit 🙂

#NeuesDomizil

Nach zwei Wochen Hotel hieß es für mich letzten Donnerstag wieder Koffer packen. Am Freitag bin ich in mein Airbnb umgezogen. Überraschenderweise habe ich es fast nicht geschafft, alles zu verstauen, obwohl ich eigentlich nichts gekauft habe, seitdem ich hier bin. Komisch, komisch. Warum aber bin ich aus dem Hotel ausgezogen? 

Mehrfacher Monatslohn für ein Hotelzimmer

Ich bezahle für das Zimmer in dem Airbnb für sechs Wochen das Gleiche, wie im Hotel für eine Woche. Die Menschen hier verdienen normalerweise umgerechnet zwischen 250€ und 300€ pro Monat. In fast zwei Wochen Hotel habe ich mehr als den vierfachen normalen Monatslohn ausgegeben – nur für mein Hotelzimmer mit Frühstück. Das fand ich dann doch etwas zu cras, deshalb habe ich mir schon von Deutschland aus eine günstigere Unterkunft gesucht, in der ich nun bleibe, bis ich hoffentlich im August in Jonas Wohnung ziehen kann.

[Mir fällt gerade auf, das liest sich ja wie eine Textaufgabe aus dem Matheunterricht. Also, wer weiß die Lösung auf folgende Frage: Wie viel zahle ich für zwei Wochen Hotel bzw. sechs Wochen Airbnb? Als Preis gibt es eine Postkarte directly aus Freetown. Erhalte ich mehrere richtige Einsendungen, entscheidet das unparteiische Los. Antworten gerne per E-Mail, in den Kommentaren oder wie ihr sonst Kontakt zu mir aufnehmt.]

Raus aus der Komfortzone

Letzte Woche habe ich mich manchmal gefragt, ob ich es bereuen werde, das Hotel schon zu verlassen. Immerhin hatte ich nun Freunde gefunden, mit denen ich mich beim Frühstück unterhalten und mit denen ich abends noch auf ein Bier in die nächste Strandbar gehen konnte. Das Hotel war ja direkt am Strand und auch wenn es kein Badestrand ist, dann ist es doch einfach sehr schön direkt am Strand zu wohnen. Ich kannte mich schon etwas dort aus und nun hieß es wieder neue Umgebung, neue Menschen, neu zurechtfinden. Alles aufregend, aber auch echt anstrengend. Ich hatte deshalb tatsächlich mit dem Gedanken gespielt, meine Zeit im Hotel zu verlängern. Dann dachte ich mir aber, irgendwann muss ich ja doch raus aus dem Hotel, warum also nicht gleich den Sprung wagen… 

Schnuckeliges Zimmer mit schönem Balkon

Am Freitag habe ich morgens meine Koffer und Rucksäcke mit in die Arbeit genommen, um dann direkt von der Arbeit aus in mein neues Domizil zu fahren. In der Mittagspause habe ich mir von meinem einen Kollegen, Christopher, schon einmal die Einkaufsmöglichkeiten in der Nähe des Büros zeigen lassen, weil ich mich ja ab jetzt selbst versorgen muss. Es ist ziemlich perfekt. Wir haben direkt neben dem Büro einen kleinen Markt und einen kleinen Laden und so fünf Minuten zu Fuß entfernt ist ein sehr guter Supermarkt mit allem was das europäische Herz begehrt.

Mein neues Zuhause ist in einem zweistöckigem Haus in einer eher ruhigen Wohngegend. In dem Airbnb werden insgesamt fünf Zimmer vermietet, die mit mir nun alle belegt sind. Außer mir wohnen hier ein US-Amerikaner, Jonathan, der gerade auf Jobsuche ist, weil sein Job hier zu Ende ist; Marije, eine Deutsche und Ruirui, ebenfalls aus den USA, die beide über irgendein Volunteer Programm für Mitarbeitende von McKinsey hier sind. Das habe ich noch nicht so ganz verstanden. Und dann wohnt zur Zeit noch eine französische Journalistin hier.

Ich habe ein süßes kleines Zimmer mit eigenem Balkon. In den Balkon habe ich mich sofort verliebt: Mein Balkon geht nach hinten raus. Ich habe wunderschönen Weitblick in die Hügel (musste direkt an eine Freundin aus Berlin denken, die schon in Nürnberg begeistert war, ob der weiten Blicke ohne Menschenmassen), meine Hängematte passt genau auf den Balkon und er ist eingerahmt von Bäumen. Außerdem (@Dorothee) kann ich natürlich auch das Meer sehen, wenn ich zwischen den Ästen hindurch schaue und bekomme ab und an eine leichte Brise ab.

Was gibt es sonst noch so: wir haben im Erdgeschoss eine kleine Veranda, ein großzügiges Wohnzimmer und einen Essbereich sowie eine Gemeinschaftsküche. Im ersten Stock, wo mein Zimmer ist, sind noch drei weitere Gästezimmer, nochmal ein großer Esstisch und ein Gemeinschaftsbalkon, der vorne raus geht. Von dort aus hat man den Blick auf den Hof, den ihr unten seht. Dort gibt es einen Miniladen, wo ich Brot, Eier und sowas kaufen kann.

Die eine frühstückt, die anderen sind fleißig am Waschen

Samstag ist Waschtag in Sierra Leone. Während ich auf meinem Balkon mein spätes Frühstück – mit echtem Espresso!!!! – einnehme, ist die Nachbarin schon fleissig dabei Wäsche zu machen. Im Hinterhof unseres Hauses sind noch Zimmer, in denen drei junge Männer wohnen, die unsere Ansprechpartner sind, wenn wir irgendwas brauchen. Jack hat am Wochenende alle Sneakers und Turnschuhe blitzeblank geschrubbt. Ich bin sehr froh, dass ich meine Wäsche zum Waschen geben kann. Aus Mosambik weiß ich noch, wie schwierig und anstrengend Handwäsche ist. Vor allem glaube ich, dass meine Arme gerade viel zu schwach sind, um meine Kleidung wirklich sauber zu bekommen… 

Internet, Strom und Wasserdruck – mal da, mal weg

Dass ich nun selbst kochen muss, ist nur eine Veränderung seitdem ich aus dem Hotel ausgezogen bin. Seitdem ich im Airbnb bin, hatte ich kein Wifi mehr, deshalb poste ich heute zwei Artikel an einem Tag, obwohl ich den einen schon am Samstag geschrieben habe (Wieso sind keine Menschen auf den Strandfotos). Irgendetwas stimmt anscheinend mit dem Router nicht. Mal schauen, ob wir heute Abend dann wieder Internet haben. Das wäre sehr gut! 

Eine weitere Neuerung ist, dass nicht immer Strom da ist. Es wird gerade an den Stromleitungen in der Stadt gearbeitet. Was genau da gemacht wird, weiß ich nicht. Ich weiß nur, dass es seit einigen Tagen immer wieder zu längeren Stromausfällen kommt. Teilweise gibt es den halben oder auch den ganzen Tag keinen Strom. Ohne Strom, kein Internet, da ja dann der Router nicht geht. Kein Licht, keine Wasserpumpe und so weiter. Mich hat das bisher nicht wirklich betroffen, vor allem, da ich meine AC (Air Condition / Klimaanlage) eh nicht anschalte. Abends zwischen 19 und 23 Uhr wird der Generator angemacht, tagsüber aber nicht. Benzin ist in letzter Zeit etwas teuer geworden, deshalb wird gespart.

Nun ja, und dann ist da noch der Wasserdruck, der kaum existent ist. Das Wasser kommt nur sehr widerwillig aus dem Duschkopf. Ich bin deshalb direkt von Anfang an auf Eimerdusche umgestiegen. Dank zahlreicher Vorerfahrungen weiß ich, wie überraschend wenig Wasser man zum Duschen und Haarewaschen braucht. Ich kann mich noch gut an meine erste Eimerdusche in Mosambik erinnern. Als ich einen Eimer bekommen habe, dachte ich “Ernsthaft? Das bisschen Wasser soll reichen zum Duschen?”

Mittlerweile weiß ich, sogar ein halber Eimer reicht locker zum Duschen, ein ganzer Eimer ist nötig für Duschen und Haarewaschen. Fast habe ich schon die internationale Eimergesellschaft unter Verdacht, dass sie die Standardgröße für Eimer an der für eine Dusche nötige Wassermenge ausrichtet. Da das Wasser wie gesagt sehr langsam kommt, stelle ich das Wasser an und lege den Duschkopf in den Eimer. Bis genug Wasser im Eimer ist, kann ich ganz entspannt Zähneputzen, auf die Toilette gehen und dann ist mein Eimer normalerweise halbvoll. Wenn ich einen ganzen Eimer brauche, zum Haarewaschen, dann dauert es etwas länger.

Soviel also zu meinem neuen Domizil. Nun fragen sich bestimmt einige von euch “Arbeitet die da eigentlich auch was?” Na klar arbeitet die da auch. Ich hatte schon zwei Onlineworkshops, seit letzten Montag bin ich im Büro und habe schon ein bisschen mit meiner Analyse angefangen und heute um 14h habe ich die erste Besprechung mit dem Dienstleister zur neuen Website. Ausführlicheres kommt in den nächsten Tagen. Mit etwas Glück stelle ich den nächsten Beitrag dann mit perfekter Internetverbindung von meinem Balkon aus online 🙂

Wieso sind keine Menschen auf den Strandfotos?

An dieser Stelle möchte ich euch zunächst sagen, wie sehr ich mich freue, dass so viele Leute meinen Blog lesen und vielen, vielen Dank auch für die vielen Rückmeldungen. So erhielt ich zum Beispiel von meiner Mutter den Hinweis, dass ich den Beriff Advocacy erklären sollte – habe ich direkt angepasst. Hummel hat mich dankenswerter Weise darauf aufmerksam gemacht, dass das Foto von mir mit den Koffern nur auf Insta zu sehen war, aber nicht auf dem Blog. Auch das habe ich nun ergänzt. Im Artikel Und dann kam die Angst seht ihr mich jetzt mit meinen Koffern und Rucksäcken vor dem Abflug am Flughafen Frankfurt und auch mein erstes Selfie aus Sierra Leone. Mein Neffe stellte die wichtige Frage „Hast du schon eine Giraffe gesehen???“ – Nein, leider nicht. Erstens bin ich ja in der Stadt und zweitens gibt es in Sierra Leone meines Wissens gar keine Giraffen. Wir haben Leoparden, Schimpansen, Nilpferde und Antilopen, aber keine Giraffen. Und dann hat mich vor wenigen Tagen noch eine wichtige Frage per Voicenachricht erreicht:

„Kaddl, darf man im Meer denn baden?“

fragt Luise mich am frühen Donnerstagmorgen. Ihr kam die Frage, weil auf meinen Fotos zwar Strände zu sehen sind, aber nie Menschen im Wasser. Etwas verschlafen und unter mehreren Gähnern habe ich die Antwort zurückgeschickt. Im Nachhinein dachte ich mir aber, vielleicht interessieren sich mehr Leute für die Antwort auf diese Frage, deshalb hier nochmal für alle die Antwort, warum auf meinen Fotos keine Menschen beim Schwimmen zu beobachten sind 😊

Das Recht am eigenen Bild

Liebe Luise, warum sind auf meinen Fotos fast nie Menschen im Wasser zu sehen und auch so selten Menschen auf meinen Fotos. Das hat mehrere Gründe. Einer davon ist, dass jede Person ein Recht am eigenen Bild hat. Ich versuche dieses Recht möglichst zu akzeptieren, dass heißt, es anzuerkennen und darauf Rücksicht zu nehmen. Vielleicht möchten die Menschen gar nicht, dass ich sie einfach fotografiere und ihre Fotos dann ins Internet stelle, wo man das Foto von der ganzen Welt aus sehen kann. Vielleicht finden die Menschen sich nicht schön auf dem Foto oder ihnen ist die Situation unangenehm, in der ich sie fotografiere. Für mich ist das ein bisschen schwierig, weil ich euch dann nur schwer zeigen kann, wie es hier aussieht, weil die Menschen gehören ja zu meiner neuen Umgebung 😉 In meinem Beitrag Begegnungen zum Beispiel seht ihr Menschen auf den Fotos von meinem Ausflug ins City Center (City Center heißt auf Deutsch Stadtzentrum – City heißt Stadt und Center heißt Zentrum). Aber diese Menschen waren in der Stadt auf der Straße unterwegs. Ich hoffe deshalb, es ist in Ordnung, dass ich sie fotografiert und die Fotos verwendet habe. 

Der Strand ist nicht zum Schwimmen, sondern zum Fußballspielen da

Ein weiterer Grund, weshalb auf meinen Strandfotos kaum Menschen im Wasser sind, ist, dass die Menschen hier nicht unbedingt zum Strand gehen, um zu schwimmen. Der eine Strand, der Lumley Beach (Beach ist das englische Wort für Strand und Lumley ist der Name des Stadtteils), ist ein paar Kilometer lang und wird hauptsächlich an den Wochenenden als Ausflugsziel genutzt. Es ist quasi der Stadtstrand. An der „Strandpromenande“, der Straße, die am Strand entlang führt, gibt es ganz viele Restaurants und Strandbars. An Samstagen und Sonntagen ist der Strand voller Menschen, die dort ihr Picknick machen. Unter der Woche wird der Strand eher zum Sportmachen genutzt. Abends ab fünf gehen die Leute hier Joggen und es wird vor allem Fußball gespielt. Nach dem Fußball kühlen sich die Spieler auch in den Wellen ab. Aber richtig Schwimmen gehen sie nicht.

Der Strand ist manchmal schmutzig

Ich selbst war auch nicht schwimmen direkt an dem Strand bei meinem Hotel, obwohl ich einfach nur über die Straße gehen musste. Aber: das Wasser dort ist nicht wirklich sauber. Am Strand selbst sieht man das, weil einiges an Plastikmüll am Strand liegt. Plastikflaschen, Fetzen von Plastiktüten, Schuhe und noch einiges mehr. Der Müll kommt teilweise aus dem Meer, aber hauptsächlich wird er aus der nahen Bucht herausgeschwemmt. An den Ufern der Bucht, die ihr unten auf dem Foto seht, haben einige Familien sich Häuser gebaut. Es gibt dort aber weder Müllabfuhr, noch Toiletten noch sonst irgendetwas. Der Wasserstand in der Bucht ist sehr unterschiedlich. Je nachdem, ob gerade Flut ist (also viel Wasser in der Bucht ist) oder Ebbe (also wenig Wasser in der Bucht ist). Beim Wechsel zwischen Flut und Ebbe wird der ganze Müll und auch wortwörtlich die Scheiße, aus der Bucht herausgeschwemmt und am nächsten Strand – dem Lumley Beach – wieder an Land gespült. Das Wasser dort ist deshalb nicht so sauber. Es ist kein Dreck, den man sehen kann. Das Wasser sieht sauber aus, aber es kann „unsichtbaren“ Schmutz enthalten, von dem man krank werden kann. Ich bin deshalb dort lieber nicht schwimmen gegangen.

Starke Wellen und Unterwasserströmungen

So viel also zum Lumley Beach, an dem das Wasser nicht so sauber ist und wo die Leute eher Fußball spielen als schwimmen zu gehen. Es gibt aber ja noch ganz viele andere Strände. Zum Beispiel in Lakka. Lakka ist ein Ort etwas südlich von Freetown. Südlich heißt, dass man auf der Landkarte etwas nach unten gehen muss. Dort ist das Wasser sehr sauber und der Strand ist sehr schön. Aber auch hier – keine Menschen auf meinen Fotos. Ich kann jetzt schon verraten: an einem Teil des Strandes sind sehr viele Menschen im Wasser, aber nur an einer Stelle. An den anderen Stellen sind die Wellen und die Strömungen unter Wasser sehr stark. Die Wellen sehen von außen gar nicht so groß aus. Aber man sieht schon, dass unter Wasser sehr viel Bewegung ist und das Wasser dort sehr viel Kraft hat. Wenn man dort ins Wasser geht, kann es sein, dass die Wellen einen unter Wasser ziehen und die Strömung unter Wasser einen vom Strand wegzieht. Das kann gefährlich sein. Hier gibt es keine Bademeister. Und falls ihr einen Globus zur Hand habt (@Chris I.: sorry, dass ich in diese Wunde bohre) seht ihr, dass wenn ich hier in Sierra Leone aufs Meer gezogen werde von der Strömung, sehr lange warten muss, bis wieder Land kommt. Wenn man den Strand nicht kennt, muss man hier deshalb immer jemanden fragen, ob es gefährlich ist, bevor man ins Wasser geht. Die Leute, die direkt am Strand wohnen, wissen das normalerweise.

In der kleinen Bucht: Riesen Gaudi im Wellenbad

An einer Stelle am Strand in Lakka ist allerdings eine riesen Gaudi im Gange – zumindest am Feiertag und am Wochenende. Der Strand endet an einer kleinen Landzunge, so dass hier keine Strömung ist und man ohne Gefahr ins Wasser gehen kann. Als wir vom Auto durch die kleinen Gassen zwischen den Häusern an den Strand gelangen, empfängt uns ein ohrenbetäubender Lärm. Unzählige Kinder sind im Wasser und haben sichtlich Spaß daran, sich von den Wellen hin- und herwerfen zu lassen. Hier sind eindeutig viele (kleine) Menschen im Wasser.

Menschenleere Traumstrände

Natürlich kann ich keinen Beitrag über Strände veröffentlichen, ohne meinen Lieblingsstrand zu nennen: Cockle Point Beach. Ich habe schon davon berichtet in meinem Artikel First day in my live as an expat. Ich war mittlerweile jedes Wochenende mindestens einmal dort und es ist jedes Mal so wunderschön. Sehr ruhig, sehr angenehm – einfach Entspannung pur. Das Strandlokal ist am Ufer eines Flusses, der ins Meer mündet. Hier ist der perfekte Ort für einen Familienausflug. Das Wasser hier ist höchstens Hüfthoch (bei Erwachsenen) und es gibt keine Strömung. [Anmerkung: es gibt doch Strömungen, wenn die Gezeiten sich ändern und wenn die Flut kommt, ist das Wasser auch etwas tiefer.] Hier können also die Kinder super alleine ins Wasser oder an dem kleinen Strand spielen. Watet man rüber zum Meer sieht es etwas anders aus. Traumstrand mit weißem Sand der sich fast endlos zieht und das Meer, das in sanften Wellen anrauscht. Wer gerne badet, wird diesen Strand lieben. Einfach in die Wellen legen und schaukeln lassen, bis die Finger schrumpelig sind 😊 Hier sind aber auch keine Menschen im Wasser auf meinen Fotos. Das hat einen ganz einfachen Grund: Hier sind schlicht und ergreifend kaum andere Menschen. Mein schönster Strand bis jetzt und gleichzeitig der Leerste. Perfekte Mischung.

Liebe Luise, ich hoffe, ich konnte deine Frage einigermaßen beantworten. Wie du siehst, gibt es mehrere Gründe, weshalb kaum Menschen auf meinen Fotos beim Baden zu sehen sind. Falls euch auch Fragen im Kopf herumspuken, immer her damit. Ich versuche dann, sie zu beantworten. Nun muss ich leider los – ich wurde gerade von den anderen Leuten, die hier in meiner neuen Unterkunft wohnen, gefragt, ob ich Lust habe, zum Cockle Point mit zu fahren. Wie könnte ich da nein sagen…

Anmerkung: Den Artikel habe ich am Samstag geschrieben, konnte ihn aber nicht direkt veröffentlichen, weil ich kein Internet hatte. Nicht, dass ihr jetzt denkt, ich fahre einfach am Montagnachmittag an den Strand…

Norwegischer Lachs und westafrikanische Fischer

Langsam kommen wir den Themen, um die es für mich in den kommenden Jahren gehen wird, näher. Wahrscheinlich haben sich noch nicht so viele von euch Gedanken darüber gemacht, was unser Supermarkt-Lachs aus norwegischen Aquakulturen mit der Lebensgrundlage beziehungsweise der Zerstörung der Lebensgrundlage von Fischern an der westafrikanischen Küste zu tun hat. Auch mir war das Ausmaß der Wechselwirkungen bis gestern nicht wirklich bewusst. Und damit auch ihr nicht länger im Dunkeln tappen müsst und beim nächsten Griff ins Supermarktregal wisst, was norwegischer Lachs mit Fischern in Gambia, Senegal und Sierra Leone zu tun hat, hier ein paar Infos zum Thema.

Viele Informationen werden hier über Whatsapp-Gruppen verbreitet. Egal, ob es die Verkündung des Feiertages zum Ende des Ramadan ist, ein Restaurant-Tipp für den besten Burger in Town, der Austausch, welches Krankenhaus gerade am besten ist, Informationen zu verlässlichen Taxifahrern usw. Ich erhalte all diese Informationen über eine Whatsapp-Gruppe in der gute 200 Expats aus unterschiedlichsten Ländern vernetzt sind. Gestern wurden zwei Links zu Zeitungsartikeln eingestellt, die beide ein sehr ähnliches Thema behandeln.

“Catastrophic: Sierra Leone sells rainforest for Chinese fish plant”

lautete die Schlagzeile im Guardian. Anscheinend hat die Regierung ein Gelände direkt am Strand etwas südlich von Freetown an ein chinesisches Unternehmen verkauft, das dort einen Fischereihafen bauen möchte. Der Strand grenzt direkt an ein Naturschutzgebiet, in dem einige gefährdeteTierarten leben, zum Beispiel das Pangolin (das Schuppentier) und viele Fischpopulationen nutzen die Gewässer in Strandnähe zum Laichen. Außerdem sind die Gewässer direkt vor dem Strand die Lebensgrundlage der Bevölkerung vor Ort. Die meisten Familien leben vom Fischfang. Die lokalen Fischer fahren mit ihren kleinen Pirogen aufs Meer und fangen die Fische mit Netzen per Hand. Sie haben keine großen “Trawler” wie die internationalen Fischfangunternehmen und haben somit keine Chance gegen die Konkurrenz. Das Problem ist, dass die großen Fischereiboote weiter draußen am Meer alles wegfischen, so dass keine Fische mehr in Küstennähe zu finden sind. Angeblich will das chinesische Unternehmen “nur” einen Hafen bauen und keine Fischmehlfabrik, was noch um einiges katastrophaler wäre, aber die Leute hier trauen dem nicht wirklich. Und auch der Hafen hätte schlimme Folgen für das Wasser, die Tiere und die Menschen dort. Wer sich für mehr Details interessiert, kann den ganzen Artikel online lesen. Er ist frei verfügbar, allerdings nur auf Englisch: Artikel online lesen auf theguardian.com.

Und nun zu unserem Lachs im Supermarktregal

Schön und gut, mag sich die eine oder der andere nun denken. Was haben wir damit zu tun, dass die Chinesen die Weltmeere leer fischen und deshalb ein paar Fischer in Westafrika ihren Lebensunterhalt verlieren und ein paar Fischpopulationen dezimiert werden? Leider so einiges. 

Die chinesischen Trawler fischen die Weltmeere nicht unbedingt für die Ernährung in China leer, sondern vieles landet – wenn auch über Umwege – auf den Tellern in deutschen Esszimmern. Der Spiegel hat zu diesen Zusammenhängen einen sehr guten Artikel veröffentlicht. Er behandelt das Problem zwar nicht in Bezug auf Sierra Leone, sondern in Hinblick auf Gambia, aber die Situation ist sehr, sehr ähnlich. Und wenn hier am Strand tatsächlich eine weitere Fischmehlfabrik entstehen sollte, hätten Natur und Mensch kaum eine Chance damit klarzukommen. 

Da der Artikel auf Deutsch ist, möchte ich ihn jetzt hier nicht wirklich wiedergeben, lest am besten selbst: “Gambia: Chinas Trawler fischen Afrikas Küsten leer – für unseren Lachs aus Norwegen”. Nur so viel sei kurz angeteasert: die chinesischen Trawler fischen die Gewässer leer, um aus dem Fang Fischmehl zu produzieren. Diese Produktion ist nicht gerade umweltfreundlich, verursacht sehr viel Schmutz, Abfall und Gestank und hinterlässt nicht viel Positives. Das Fischmehl wird verwendet, um zum Beispiel Lachse in norwegischen Aquakulturen zu füttern.

Ein ziemlicher Irrsinn, wenn man es sich genau überlegt. Da werden Fische in Westafrika gefangen und zu Fischmehl verarbeitet, um damit Fische, die in Nordeuropa gezüchtet werden, zu füttern, damit dann in Europa die Menschen mit gutem Gewissen Lachs essen, der nicht etwa aus dem Meer stammt und somit nicht die Lachspopulation im Meer verringert – und zugleich werden ganze Ökosysteme in einem anderen Teil der Welt unwiederbringlich zerstört. Aber wie gesagt, lest den Artikel am besten selbst.

Zurück zu unserem schönen Stück Strand, das bald wahrscheinlich dem globalen Konsum zum Opfer fallen wird. CSSL ist mit einigen Partnern an dem Thema dran. Ich weiß noch nicht genau in welchem Rahmen und mit welchen Aktionen. Ich hoffe, dazu erfahre ich in den nächsten Tagen mehr. Und was den norwegischen Lachs auf euren Tellern angeht, nun, da müsst ihr künftig selbst entscheiden, zu welchem Preis ihr ihn genießen könnt 😉 Ich wünsche uns allen guten Appetit.

Begegnungen

Das Schöne und Spannende am Reisen sind ja bekanntlich die vielen Begegnungen, auf die man sich zuhause viel zu selten einlässt. So habe auch ich an meinen ersten Tagen hier schon einige interessante Begegnungen gemacht. Als Frau alleine unterwegs wird frau immer angesprochen und selbst wenn ich einfach nur einmal in Ruhe auf die Wellen schauen möchte, bietet sich schon Gesellschaft an. Wie zum Beispiel während meines ersten Spaziergangs alleine an der Strandpromenade.

Die zwei Ladies im Strandlokal

Letzten Dienstag habe ich mich nachmittags dann doch einmal alleine aus dem Hotel getraut. Vielleicht erinnert ihr euch: am Sonntag, meinem ersten Tag hier, habe ich es etwas übertrieben mit Ausflug, Wanderung und Strand, so dass ich am Montag vollkommen knocked-out im Hotel geblieben bin. Am Dienstag bin ich dann aber mal los, um ein bisschen die Umgebung zu erkunden. Eigentlich war mein Ziel ein libanesisches Café in dem es angeblich echten Kaffee gibt (und nicht nur Nescafé). Ein netter Spaziergang von circa 20 Minuten am Strand entlang. Da es aber noch ziemlich warm war, habe ich mich gegen den Kaffee und für eine kühle Coke in einem der kleinen Strandlokale/bars entschieden. Der warme Sand zwischen den Zehen, die Wellen vor mir und der Wind, der in den Bäumen spielte gemischt mit einer sanften Brise und einem kühlen Getränk – es war eine gute Wahl hierher zu kommen. 

Zwei Tische weiter saßen zwei Frauen, so Mitte 30, die ganz offensichtlich ein ernstes Thema besprachen und nicht 100% einer Meinung waren. Die eine war kurz einmal weg und schon hat die andere mich angesprochen. Wie es mir geht und ob sie sich zu mir setzen könnte. Ja klar, habe ich geantwortet. Über die Entfernung und mit dem Wellenrauschen im Hintergrund war sonst ja keine Konversation möglich. Die andere war nicht so begeistert, dass sie nun bei mir mit am Tisch saßen, aber nun ja. Teilweise unterhielten sie sich auf einer Sprache, die ich nicht verstehe, aber aus den Teilen, die ich verstanden habe und die kurzen Infos an mich auf Englisch, habe ich trotzdem erfahren, dass es um ihre Ehe bzw. ihre Ehemänner ging. Beide sind mit viel älteren Männern verheiratet. Die eine mit einem US-Amerikaner, die andere mit einem Italiener. Die Männer sind jeweils gute 30 Jahre älter als sie und natürlich gibt es unterschiedliche Vorstellungen zur Freizeitgestaltung und vor allem im Ausgeh-Verhalten. Ich wusste gar nicht wie mir geschah und schon war ich mittendrin im Talk über die Männer und wie man wohl mit ihrer Eifersucht und ihrer nicht vorhandenen Energie für Partywochenenden umgehen sollte…

Der nigerianische Arzt im Hotel

Einen Tag zuvor hatte ich schon Bekanntschaft mit einem Arzt aus Nigeria gemacht, der am Tag vor mir in Sierra Leone angekommen war und im gleichen Hotel untergebracht ist wie ich. Montag am späten Nachmittag bin ich ins Restaurant gegangen, das zum Hotel gehört, um ein frühes Abendessen einzunehmen, bevor mein Online-Yogakurs starten würde. Im Restaurant wurde ich dann von einem anderen Gast angesprochen, der sich zu mir setzte. Dr. Seriki kommt wie oben erwähnt aus Nigeria und ist ein medical doctor. Er arbeitet für eine Organisation, die aus den USA finanziert ist und die Regierung hier berät zum Thema Gesundheitskontrolle an den Landesgrenzen. Es geht hauptsächlich um die Grenzen zu den Nachbarländern und nicht so sehr um die Grenzübertritte am Flughafen. Es gibt mehrere offizielle Grenzübergänge zu Liberia und Guinea. 2015 kam Ebola wahrscheinlich aus Guinea/Liberia ins Land und auch Covid kam von außen. Mit diesem Projekt, das auf fünf Jahre angelegt ist, soll das Wissen und die Ausstattung der Grenzposten verbessert werden und so schneller und besser auf künftige Epidemien oder Pandemien reagiert werden können. Ich denke, es ist sehr ambitioniert, da die Grenze nicht einfach zu kontrollieren ist und ein wichtiges Element, die Kontaktverfolgung, kaum realisierbar. Das kennen wir ja auch aus Deutschland.

Mit Dr. Seriki habe ich dann am Freitag auch meinen ersten Ausflug mit dem Keke (so heißen hier die Tuktuks) in die Stadt zum berühmten Cotton Tree gemacht und mein erstes nigerianisches Essen probiert. 

Der Hotelbesitzer

Das Family Kingdom Ressort wurde mit der Idee gegründet, insbesondere Kindern einen Ort zu geben, an dem sie sich wohl fühlen und Spaß haben können. Das Herzstück des Hotels ist deshalb der Spielplatz.

Der Gründer des Hotels ist ein älterer Herr mit libanesischen Wurzeln. Er ist in einem Dorf im Norden Sierra Leones geboren und dann irgendwann nach Freetown gekommen. Er hat das Gelände, auf dem heute das Hotel steht, trocken gelegt, eine Mauer Richtung Strand errichtet, so dass das Wasser keinen Schaden anrichten kann und das Hotel gebaut. Das Hotel besteht aus mehreren Gebäuden, dem Spielplatz und auch einer Veranstaltungshalle. 

Der Hotelbesitzer ist sehr gut vernetzt in der High Society hier und war auch während des Krieges in der Stadt, so dass er ein paar Geschichten zu erzählen weiß aus dieser Zeit. Er kennt natürlich auch den deutschen Botschafter. Da er mitbekommen hat, dass ich aus Deutschland komme, hat er mir ein Mittagessen mit der Frau des Botschafters, des Stellvertreters des Botschafters und der Frau des GIZ-Direktors arrangiert. Ich bin schon sehr gespannt wie das wird. Ich sehe es als Arbeitsessen, da es für meine Advocacyarbeit wichtig ist, die richtigen Leute zu kennen und vor allem Leute mit Einfluss. Natürlich wäre mir ein Mittagessen mit dem Botschafter lieber – zumindest in Hinsicht auf Einfluss – aber Jonas hat mir schon die Nummer vom deutschen Botschafter weitergeleitet, so dass ich da einmal einen separaten Termin ausmachen werde.

Der Hotelbesitzer auf jeden Fall, hat einen Narren an mir gefressen und führt mich diese Woche noch zum Abendessen aus.

Der Simbabwer an der Hotelbar

Samstag war ein sehr fauler Tag bei mir. Ich habe das Hotelzimmer nur morgens zum Frühstück verlassen. Gut ich muss zu meiner Verteidigung sagen: ich hatte in der Nacht kaum geschlafen, da eine verrückte Party bis halb fünf Uhr morgens mich mit Musik beschallte. Anfangs noch 80er Jahre Mukke, dann hat es irgendwann gewechselt zu den besten Hits der 2000er a la Britney Spears, Ibiza Island und ähnliches bis es dann endlich in westafrikanischer Musik mündete. Vom Musikgeschmack mag man halten, was man will, aber die Boxen waren nicht die besten, somit war auch der Sound etwas schwierig im Ohr – und vor allem laut.

Das nur zum Hintergrund. Den Samstag habe ich also in meinem Hotelzimmer verbracht. Ich habe alibimäßig online ein bisschen nach Wohnungen geschaut, aber ohne großen Erfolg. Abends habe ich mich entschlossen, mein Zimmer doch mal noch zu verlassen und mich ins “wilde” Leben zu stürzen. Ich entschied mich für die Bar am Swimmingpool des Hotels, weil ich dachte, da ist weniger los und ich kann in Ruhe und entspannt etwas essen. 

Aber – siehe oben – alleine bleibt man hier nie lange. Nach wenigen Minuten schon gab es die ersten Kontaktaufnahmeversuche vom Nebentisch inklusive Angebot des gemeinsames Drogenkonsums. Ich habe selbstverständlich dankend abgelehnt. Ganz ungewohnt waren sehr viele Moskitos unterwegs, so dass ich dann doch lieber nochmal kurz ins Zimmer bin, um mich kräftig einzusprühen. Zurück an der Bar war mein gegrillter Fisch mit Reis auch schon da, dieses Mal setzte ich mich aber wo anders hin.

Und zack, kaum saß ich, kam schon das nächste Gespräch in Gange. Der eine Herr am Tresen stammte aus Simbabwe, war aber in den 1980er Jahren in Deutschland gewesen für ein Ausbildungsprogramm von der Regierung. Wie verrückt, dachte ich mir. Sitze ich hier in Sierra Leone, esse meinen gegrillten Fisch und ein Mann aus Simbabwe erzählt mir, wie es in den 80er Jahren war, wenn man von Aachen nach Westberlin gefahren ist. Immer wieder überraschend, unter welchen Umständen man Exkurse in die deutsch-deutsche Geschichte erhält. Der Simbabwer hat schon bei einigen Projekten mit internationalen Einrichtungen, z.B. der GIZ in verschiedenen Ländern mitgearbeitet, hauptsächlich im Bereich Berufsbildung. Er ist öfter für kürzere Aufenthalte in Sierra Leone um Regierungseinrichtungen und NGOs in diesem Themenbereich zu beraten und zu unterstützen.

Der Inder im Frühstücksraum

Mein neuester Bekannter ist ein Inder, der im Landwirtschaftssektor tätig ist und für ein Unternehmen arbeitet, dass hier den Reisanbau voranbringen will. Früher hat Sierra Leone andere westafrikanische Länder mit Landwirtschaftsprodukten wie Reis versorgt, heute importiert das Land laut dem Inder 60% seiner Lebensmittel. Der Boden hier ist fruchtbar, aber wegen des Krieges und der Ebolakrise sind viele Felder, die früher bewirtschaftet wurden, nun wieder von der Natur zurückerobert. Der Inder kennt natürlich auch einen Deutschen, der schon lange im Land ist und wird mich mit ihm bekannt machen. Mit etwas Glück werde ich zum indischen Abendessen eingeladen. Wieder ein neuer Kontakt.

Das sind ein paar meiner Begegnungen, aus meinen ersten Tagen hier. Viele weitere werden folgen. Als nächstes kommen die ersten Begegnungen mit meinen Kolleginnen und Kollegen und dann mal schauen 🙂 

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