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Positive Selbstwahrnehmung – auch wichtig als Gesellschaft

In den letzten Tagen ist mir wieder einmal bewusst geworden wie wichtig eine selbstbewusste nationale Identität ist oder vielleicht besser eine positive Selbstwahrnehmung und wie wichtig die Künste dafür sind. Vielleicht hört es sich für euch jetzt komisch an, dass ich positiv über „nationales Selbstbewusstsein“ schreibe, aber das ist, was hier in Sierra Leone so oft fehlt.

Es hat mich schon immer irritiert, dass ich als weiße Person so positiv aufgenommen werde, in dem Glauben, dass ich mehr weiß und Sachen besser weiß als Menschen in Sierra Leone. Ich finde es auch immer noch gewöhnungsbedürftig, dass von Briten als „our colonial masters“ oder „our teachers“ gesprochen wird. Wie tief koloniale Narrative noch im allgemeinen Bewusstsein stecken, wird mir dann jedes Mal bewusst. Wo ich Ablehnung und Hass erwarten würde, ist Anerkennung und Ansehen. Kein Wort von Ausbeutung, Versklavung und Absprache von Menschenrechten.

Das führt dazu, dass alles was „aus dem Westen“ kommt, positiv bewertet wird und traditionelles Wissen und traditionelle Lösungen nicht gleichwertig betrachtet werden. Einerseits sind Traditionen sehr wichtig und werden gepflegt, aber nur in ihrer eigenen Sphäre. Im Schulsystem, im Gesundheitssystem, bei Lösungsansätzen für lokale Herausforderungen wird trotzdem nach Westen geblickt. Nach Europa und in die USA.

Im Gesundheitssystem führt das zu extremen Problemen. Teilweise wird traditioneller Medizin vertraut. Teilweise ist hier aber auch schon Wissen verloren. Es gibt in den Dörfern noch viel Wissen über Heilkräfte von Pflanzen, welche Baumrinde gegen welche Beschwerde genutzt werden kann und welche Hausmittel für welche Krankheit gut sind. Gleichzeitig wird manchmal der Schulmedizin blind vertraut, ohne dass ausreichend Wissen in der Gesellschaft vorhanden ist. So gilt ganz klar, eine Infusion ist immer besser als eine Tablette und Antibiotika hilft immer. Bei jedem Husten wird auf Antibiotika zurückgegriffen und zugleich werden Pilzsalben bei Wurmerkrankungen verschrieben und angewendet. Ob ein starkes Antibiotikum für einen Säugling sinnvoll ist und ob eine Mutter und ihr Sohn, die sich die ganze Nacht übergeben haben, tatsächlich fünf verschiedene Medikamente benötigen (darunter natürlich wieder Antibiotika) wird nicht wirklich hinterfragt. Auch die Devise viel hilft viel findet oft Anwendung. Bei Erkältung hilft Ingwer und Limette mit Honig ja erst mal ganz gut, da muss es nicht gleich eine Infusion mit Malaria- und Typhusmedikamenten sein. In meiner Wahrnehmung ist es der Unwissenheit geschuldet. Aber zu einem Teil auch dem unbegrenzten Glauben, dass eine Tablette oder Infusion immer besser sind als natürliche, traditionelle Mittel.

Ich versuche mich hier dem nationalen Trend zu wiedersetzen und sitze gerade mit Limetten-Kräutertee am Balkon. Ich kränkel etwas. Late-rainy-Season-Erkältung… Deshalb ist auch der Text heute vielleicht etwas wirr und grammatikalisch noch herausfordernder als sonst 😉

Das Schulsystem wurde gefühlt seit der Unabhängigkeit nicht mehr revolutioniert. So herrschen noch Frontalunterricht und Prügelstrafe, wie in Europa in den 50er und 60er Jahren. Kinder lernen teilweise im Kindergarten das ABC, können hervorragend englisch Wörter buchstabieren, aber sich keine neuen Wörter erschließen, da es um Auswendiglernen und Vortragen geht und nicht darum, Wissen zu erlangen und es anzuwenden. Dabei sind hier zugleich alle Menschen groß darin, Probleme mit wenigen Mitteln zu lösen. Es ist ein einziges Paradox.

Schullektüre ist oft auch noch an den britischen Unterricht angepasst, sodass es kaum Geschichten aus der eigenen Kultur und der eigenen erlebten Umwelt gibt, zur Identifikation. Ich lese Geschichten aus Sierra Leone jetzt, da ich das Land kenne ganz anders. Es war schon für uns manchmal schwer, deutsche Klassiker zu lesen. Es wäre interessant zu wissen, welche Bilder in den Köpfen von Sierra Leonischen Schulklassen entstehen, wenn sie englische Klassiker lesen.

Es ist Zeit für echte Dekolonialisierung – auch im Umweltschutz!

Letzte Woche war ich auf der Climate Change Conference als Vertreterin meiner Organisation. Dort hat ein Professor der Uni einen sehr guten Vortrag gehalten zum Climate Change aber auch zum Thema lokale Lösungen. Ja, es war etwas unangenehm, als er gesagt hat, wir – also die Menschen in Sierra Leone – sollten aufhören, immer nur nach Westen zu schauen und von dort Lösungen zu erhoffen und zu machen was die ganzen internationalen Organisationen ihnen sagen (ich war die einzige weiße Person im Raum), aber ich habe ihm aus ganzem Herzen Recht gegeben. Er meinte, wir müssen endlich die Dekolonialisierung auf die ganze Gesellschaft übertragen, auf die Schulbildung, traditionelles Wissen und auch Klimaschutz. Es gibt schon immer traditionelle Wege, Natur und Pflanzen zu schützen. Es gibt in jeder Gesellschaft Regeln für die Jagd, für Landwirtschaft, für die Nutzung des Waldes – wir müssen uns ihrer nur wieder besinnen und sie in die aktuelle Zeit und unsere heutige Situation übersetzen. So ein kritisches Denken gibt es nicht oft. Und natürlich, er ist Prof hier in Sierra Leone aber auch in den USA. Und das ist das Traurige an der Geschichte. Die Menschen aus der Diaspora bringen diese kritischen Ideen mit. Auch sie kommen also aus dem Westen… Wieso ist das so?

Der Prof auf jeden Fall kommt aus Kabala und baut dort ein Bildungszentrum auf mit einer dekolonialisierten Bibliothek und möchte traditionelles Wissen sammeln, bewahren und wieder stärken. Ich finde das sehr spannend und hoffe, ich kann bei meinem nächsten Kabala-Trip da vorbeischauen.

Wenn man sich zum Beispiel die traditionellen Fischfallen anschaut, sie fangen nur die größeren Fische, die kleinen kommen wieder raus. Die Fischernetze haben auch ziemlich große Maschen. So ist eigentlich sichergestellt, dass nicht überfischt wird und der Nachwuchs nicht direkt mitgefangen wird. Das Problem der Überfischung und des vielen Beifangs kommt erst mit den großen industriellen Trawlern und den engmaschigen Netzen, die teilweise als Geisternetze im Meer herumschwimmen.

Ein Literaturabend in Freetown – endlich treffe ich Ishmael Beah

Das gleiche Thema kam unerwarteterweise direkt zwei Tage später bei einem Literaturabend nochmal auf. Veranstaltet wurde der Abend letzte Woche Mittwoch von der Aurora Foundation, eine isländische NGO, die hier tätig ist und der Grund dafür ist, dass ich seit meiner Ankunft in Sierra Leone mehr Isländerinnen kennengelernt habe als in meinem ganzen Leben zuvor.

Aurora hat auf jeden Fall einen Abend mit meet and greet veranstaltet mit Ishmael Beah, einer der bekanntesten Autoren aus Sierra Leone weltweit, und Maria Bradford einer passionierten Köchin und Herausgeberin des Kochbuches „Sweet Salone“. Ich bin natürlich wegen Ishmael Beah hingegangen. Schon bevor ich nach Sierra Leone bin, habe ich mich selbstverständlich, wie es in meiner Familie üblich ist, literarisch auf das neue Land vorbereitet. Da es nicht so viel Literatur von Sierra-Leonischen Schriftstellerinnen und Autoren gibt, habe ich gelesen, was wahrscheinlich fast jede liest, die Literatur aus und über Sierra Leone liest. Was „Blood Diamond“ für die Filmleute ist, ist „A long way gone“ für uns Lesebegeisterte. „A long way gone“ ist ein autobiographisches Buch in dem Ishmael Beah seine Erlebnisse als Kindersoldat während des Bürgerkrieges beschreibt. Ein sehr empfehlenswertes Buch. Insgesamt hat Beah noch zwei weitere Bücher veröffentlicht, die natürlich auch bei mir im Regal stehen. Eines habe ich noch nicht gelesen, aber es liegt schon neben mir. Ich werde heute noch anfangen. Nach dem Bürgerkrieg gab es von den USA ein Repatriation Programm für ehemalige Kindersoldaten, über dieses Programm ist Beah in die USA gekommen, und lebt seitdem dort. Er ist verheiratet und seine drei Kinder waren bei der Lesung dabei. Ich hätte sehr gerne ein paar Fragen gestellt, aber dachte, es wäre interessanter, in kleinerer Runde wirklich etwas darüber zu erfahren, wie es für ihn war, nach dem Krieg in die USA zu kommen, nach allem, was er erlebt hat. Er ist ein sehr sympathischer Typ, der gerne lacht und scherzt. Es ist sehr schön zu sehen, dass auch so schlimme Wunden, etwas heilen können und Menschen auch nach so schlimmen Erlebnissen glücklich sein können. Aber das ist hier nicht das Thema heute.

Der zweite Star des Abends war Maria Bradford, die ebenfalls in Sierra Leone geboren, mittlerweile in den UK lebt und von dort ihr Kochbuch mit sierra-leonischen Gerichten geschrieben und veröffentlich hat. Das Buch ist wunderschön, ich habe es natürlich erstanden. Ich hatte gehofft, gute Rezepte für lokale Produkte zu finden, leider ist auch viel Afro-fusion dabei mit Zutaten, die ich hier gar nicht bekomme. Aber ich werde trotzdem ein paar Sachen nachkochen. Und: es gibt auch Ziegengerichte! Weshalb das wichtig ist, erfahrt ihr in naher Zukunft…

Wie hängen nun diese beiden mit dem positiven Selbstbewusstsein zusammen? Ganz einfach. Ich habe direkt Marta, einer meiner Freundinnen hier, ins Ohr geflüstert, dass es ein bisschen schade ist, dass wir zu einem sierra-leonischen Literaturabend gehen, aber die Autorin aus London anreist und der Autor aus den USA. Sie sind beide hier geboren, aber sie sind beide im Ausland ausgebildet und stark geprägt worden. Sie kommen jedes Jahr für ein Wochen ins Land und dann wieder zurück in ihr schönes, bequemes Leben. Und interessanterweise haben sie beide genau das auch thematisiert. Dass sie nicht wären, wo sie heute sind, wenn sie hiergeblieben wären. Dass es hier keine Wertschätzung für Kunst gibt und keine Unterstützung für junge und begabte Menschen. Bestimmt haben sie recht. Was passiert denn mit Kindern hier, die eine musikalische Begabung haben? Wo werden sie entdeckt, wo gefördert? Ich weiß gar nicht, ob es überhaupt Musikunterricht in den Schulen gibt. Oder Kunst. Als wir letztes Jahr den Malwettbewerb mit den Schulklassen gemacht haben, haben wir Stifte und Blätter zur Verfügung gestellt, weil sonst hätten die Kinder gar keine bunten Bilder malen können. Einfach weil sie keine Stifte und Blätter haben. Selbst wer gerne Gedichte oder Geschichten schreiben würde, braucht ja erstmal Blatt und Stift.

Welche Eltern in Deutschland machen schon einen Luftsprung, wenn das Kind sagt, es will später mit seinem Talent, egal ob mit Malerei, Musik, Schreiben oder auch Sport Geld verdienen? Aber wahrscheinlich können die meisten Kinder ihrer Leidenschaft zumindest im Kleinen nachgehen, sich ausprobieren und dann wenn sie älter sind, wirklich entscheiden, was sie machen möchten, ohne dass ihre Begeisterung schon im Keim erstickt wird.

Dass die bekanntesten Künstlerinnen und Künstler oftmals aus der Diaspora kommen, ist schade, aber vielleicht besser als gar keine Vorbilder aus Sierra Leone. Es gibt ein paar wirklich gute Künstlerinnen und Künstler, die malen. Schreiben ist natürlich nicht die No1 Ausdrucksweise hier, aber Geschichten, in denen sich Kinder und Jugendliche Wiederfinden, wären sehr wichtig für ihre selbstbewusste Entwicklung. Eine super Buchreihe dafür – besonders für Mädchen im Teenagealter – ist von Namina Forna „The Gilded Ones“. Sie ist auch als Neunjährige, während des Krieges in die USA, aber ich finde die Bücher sehr gut, es ist feministische Fantasy einer jungen Schriftstellerin aus Sierra Leone. Kann man sehr gut mal lesen.

Das schöne beim Lesen sind ja die Bilder, die im Kopf entstehen. Die Gefühle und Emotionen, die wir mit Wörtern verbinden. Es macht einen großen Unterschied, ob die Menschen im Buch Schnitzel essen oder casava leave. Ob ich dazu ein Bild im Kopf habe oder nur Fragezeichen. Zu wissen, wie ein Haus, eine Straße, ein Taxi aussehen in der Geschichte aussehen. Oder ein Dorf, Wald und die Gerüche, die damit verbunden sind.

Mich freut es deshalb gerade sehr, dass heute schon den ganzen Abend nicht wie sonst, nigerianischer Afro Pop von der Straße nach oben schallt, sondern alte sierra-leonische Lieder. Das mit dem nationalen positiven Selbstbewusstsein wird wohl noch etwas dauern. Im Ausland ist Sierra Leone ja immer noch für Bürgerkrieg und Blood Diamond bekannt. Irgendwie schafft es das Land nicht, mit seiner wundervollen Natur und den superfreundlichen Menschen bekannt zu werden.

Da ich echt etwas angeschlagen bin, heute kein langes Palaver. Aber ihr seht schon, Climate Change Conference, Literaturabend, vom Theater habe ich ja gar nichts erzählt, und was treibe ich sonst noch so? Ich gehe schön fleißig bouldern und habe tatsächlich letzte Woche fast die eine dunkelblaue geschafft 😉 am Sonntag war ich endlich mal wieder im Meer schwimmen und sonst bin ich eigentlich jeden Tag ganz gut beschäftigt nach der Arbeit.

Und hier noch mein Highlight: Ich habe das Communique stellvertretend für meine Organisation unterschrieben. Als ich das Foto gesehen habe, habe ich gleich an meinen Onkel in der roten Hose gedacht 😉 Ja, ich gehöre jetzt auch zu den Menschen, die rötliche Hosen zu offiziellen Anlässen tragen!

Und auch das Foto, das ich zu Beginn der Veranstaltung gemacht habe, finde ich sehr passend. Zum Thema Klima haben sie sich für Plastikblumen in Traueroptik entschieden 😬

Deutschland – was ist da los bei dir?

Ich sitze im schönen Hill View in Kabala, blicke in die Wara-Wara Mountains und finde endlich Zeit, mir von der Seele zu schreiben, was mich schon seit einiger Zeit beschäftigt. Selten habe ich mich so für meine Heimat geschämt wie in den letzten Wochen. Wenn ich Nachrichten aus Deutschland lese, möchte ich sofort das Phone aus der Hand legen und hoffen, dass das alles nicht so schlimm ist, wie es sich für mich liest. Was ist da nur los? Haben wir nichts gelernt aus unserer Geschichte?

Deutschland ist berühmt für Fleiß, BMW, Bayern München und Hitler. Bisher konnte ich das immer mit sehr viel Fassung tragen. Ja, die Deutschen haben zwei Weltkriege begonnen, furchtbare Gräueltaten vollbracht, mit deutscher Disziplin und Effizienz, aber das war alles früher. Das war nie meine Generation. Das war die Generation unserer Großeltern. Wir haben im Geschichtsunterricht gelernt, wie es dazukommen konnte, dass die NSDAP die Weimarer Republik aushöhlte und die Demokratie außer Kraft setzte. Wir haben gelernt, wie es möglich war, dass die breite Masse der Ideologie folgte. Aber wir haben doch auch gelernt, dass all das möglich war, weil die Mehrheit schwieg. Weil niemand auf die Straße ging, weil sich niemand vorstellen konnte, dass die Nazis wirklich machen würden, was sie angekündigt hatten. Und jetzt verschließen wir wieder Augen und Ohren vor dem was kommen wird? Ich bin fassungslos dieser Tage, wenn ich nach Deutschland blicke.

Wie kann es sein, dass „Klimakleber“, die fordern, dass die Regierung ihre eigenen Gesetze und ihre eigenen Zugeständnisse umsetzt, in Präventivhaft genommen werden, während Politikerinnen und Politiker Naziplattitüden über Twitter verbreiten, eindeutige Symbolik und verbotene Phrasen verwenden und nicht etwa abgestraft werden, sondern auch noch steigenden Zuspruch erleben? Wie kann es sein, dass Parteimitglieder, einer „demokratischen“ Partei, auf Twitter öffentlich davon reden, dass sie es machen werden die NSDAP, das System nutzen, um die Demokratie abzuschaffen, und die Leute sind wieder so dumm, sie zu wählen? Wieso geht da kein Aufschrei durch die Republik? Oder bekommen das wirklich so viele nicht mit? Oder ist es ihnen einfach egal? Es geht schlimmerweise ja nicht nur um die AFD. Der Vorsitzende der CDU verbreitet fake news über Menschen mit Mitgrationsgeschichte – und das nicht zum ersten Mal. Aiwanger hat sich ja auch sehr klar positioniert in den letzten Wochen. Und die CSU mit Söder, gehen sie auf Distanz? Zeigen sie klare Kante gegen rechts und rechte Propaganda? Nein. Was ist da los? Wissen es die Politiker selbst nicht besser? Falls die Führungspersonen von CSU und CDU wirklich denken es entspricht der Realität, was sie da von sich geben, sind sie nicht die richtigen für ihre Positionen, weil es schlicht und ergreifend nicht stimmt, was sie sagen. Hier geht es nicht um politische Meinungen, sondern um Fakten. Und falls sie wissen, dass sie Unwahrheiten verbreiten, dann sollten sie erst recht nicht in diesen Positionen sein. Anstatt gesellschaftsverbindend zu wirken und verschiedene Meinungen zusammenzuführen, was meines Erachtens die Aufgabe einer „Volkspartei“ wäre, spalten sie die Gesellschaft weiter und entscheiden sich dafür gegen die Grünen zu hetzen. Die Grünen, die versuchen, zu retten, was in den vorangegangenen Legislaturperioden vernachlässigt wurde. Nämlich Antworten auf die Klimakrise zu finden.

Wir sehen Überflutungen, Stürme, Dürre, Waldsterben, das größte Artensterben seit den Dinosauriern und und und. Und was machen wir? Die Grenzen dicht und den Ausbau erneuerbarer Energien bremsen. Das ist genau das, was es gerade braucht. Ganz große Klasse! Wenn wir weitermachen wie bisher, steigt der Meeresspiegel in den nächsten Jahrzehnten weiter. Oft verstehen wir nicht, was das bedeutet, aber: steigt der Meeresspiegel um einen halben Meter, stehen Teile Niedersachsens und Schleswig-Holsteins unter Wasser. Der durchschnittliche Temperaturunterschied zwischen heute und der letzten Eiszeit (als die Hälfte des Planeten nicht bewohnbar war), liegt nur bei 6°. Da kann man sich ja ausmalen, was passiert, wenn die Temperatur „nur“ um 2° steigt. Ziemlich viel nämlich… Aber heute soll es ja nicht ums Klima an sich gehen, sondern ums politische Klima in Deutschland.

Wann ging es Deutschland wohl am besten in den vergangenen Jahrzehnten? In der Zeit, in der wir dachten, wir machen besser alles alleine und schotten uns ab, oder in der Zeit, in der Europa wuchs und wir starke Partnerschaften aufbauten? Was wäre denn geworden aus dem Wirtschaftswunder ohne italienische Arbeitskräfte und später Menschen aus der Türkei, die unsere Wirtschaft mit aufgebaut haben? Nichts wäre geworden aus unserem wirtschaftlichen Aufstieg. Und jetzt denken wir, es wäre schlau, diese Menschen nicht hier zu haben? Glauben wir wirklich, dass der beste Weg nach vorne Abschottung ist?

Bisher konnte ich immer vor mir selbst rechtfertigen, dass sind nicht wir, das ist nicht meine Generation. Aber jetzt? Das was jetzt passiert, das sind wir. Wir sind diejenigen, die in wichtigen Positionen in Firmen sind, wir sind diejenigen, die Kinder großziehen und die Weichen für die Zukunft legen. Wir können uns jetzt nicht mehr herausreden. Und offensichtlich verkacken wir es auf sehr vielen Ebenen. Rassismus und Ausländerhass nehmen zu, Lösungen für die Klimakrise sind noch nicht in greifbarer Nähe und wir diskutieren über Grenzkontrollen, Gendersprache und nicht abgeschobene Geflüchtete. Hat sich jemand mal die offiziellen Zahlen angeschaut? Die Anzahl derjenigen, die wirklich abgeschoben werden können und die Abschiebung nicht durchgesetzt wird, ist so schwindend gering, dass es für mich schon fraglich ist, ob sich der finanzielle Aufwand und die Medienaufmerksamkeit überhaupt lohnen. Ich will hier nichts schön malen. Klar, Integration ist schwierig, Integration braucht Zeit und kostet Geld, aber ohne Integration wird es nicht gehen und ohne Migration von Menschen aus anderen Ländern auch nicht. Wieso werde ich hier als Expat gefeiert und wenn Menschen aus Afrika zum Arbeiten nach Deutschland gehen, sind es Arbeitsmigraten und – migratinnen? Was bin ich denn anderes? Was ist das für eine verschobene Wahrnehmung der Realität?

Die Welt war noch nie so vernetzt wie heute. Noch nie war es so leicht in Kontakt zu kommen und zu bleiben, Informationen auszutauschen, Erfahrungen zu teilen und über weite Distanzen zusammenzuarbeiten. Warum schaffen wir es nicht, das Positive daraus stärker auszuschöpfen und einen guten gemeinsamen Weg zu finden? Wir denken, wir leben jetzt in schwierigen Zeiten? Die schwierigen Zeiten liegen noch vor uns. Der Meeresspiegel steigt, das Klima ändert sich schneller als gedacht, die Ressourcenverteilung wird noch kritischer werden. Das alles wird nur funktionieren, wenn Länder sich zusammenschließen und gemeinsam agieren. Die Entwicklung in Deutschland und Europa, die ich von hier mitbekomme, ist aber eine vollkommen andere.

Vielleicht sieht das für mich auch extremer aus, aus der Distanz, als für euch. Aber wenn ich gerade auf Deutschland blicke, frage ich mich wirklich, ist das ein Land, in das ich zurückkehren möchte? Ich habe wirklich Bauchschmerzen, wenn ich an die Wahl in Bayern denke und würde am liebsten einfach Augen und Ohren davor verschließen. Ich finde es ganz tragisch, dass Populisten und Populistinnen mit ihrem Quatsch durchkommen und auch noch so viele Stimmen für ihren Nonsense bekommen. Ich würde so gerne hier berichten können, dass Deutschland aus seiner Geschichte gelernt hat und wir nicht die gleichen Fehler ein zweites Mal begehen. Dass wir ein aufgeklärtes Land sind und smarte Entscheidungen treffen. Aber ich fürchte, das Gegenteil wird der Fall sein.

Erst vorgestern war ich bei einem Paramount Chief, eine Stunde schlimmste dirtroad von Kabala entfernt, Kabala ist fünf Stunden von der Hauptstadt entfernt. In dem Ort, in dem der Paramount Chief lebt, gibt es keinen Strom, kein fließend Wasser, keinen Luxus dieser Art, aber er hält eine Rede über die technische Überlegenheit Deutschlands im weltweiten Vergleich und sagt am Ende „Unfortunatelly, they are a bit racist.“ Er wollte mich nicht angreifen und beleidigen, sagte er dann gleich, aber was konnte ich erwidern? Ich habe ihm geantwortet, I am not offended. He is speaking the truth. What can I say?

Und weil ich tatsächlich während meiner Meditation vor einigen Tagen meine Gedanken nicht von der politischen Entwicklung in Deutschland lösen konnte, und vermehrt Diskussionen über das Thema mit unterschiedlichen Leuten hatte, musste ich das hier jetzt endlich thematisieren. Ich mache mir Sorgen.

Wie der ganzen Frustration begegnen?

Ich habe über die Zeit hier viele coping mechanisms entwickelt, um mit Frustration umzugehen und meinen Kopf frei zu bekommen. Einer ist wandern in der Natur. Letztes Wochenende hatte ich das große Glück, mal wieder mit Hannah und Max unterwegs zu sein. Wir wollten den Camel Mountain in der Nähe von Makeni besteigen. Also haben wir auf Googlemaps geschaut, welches Dorf in der Nähe liegt, sind dorthin gefahren und haben gefragt, ob uns jemand den Weg hoch zeigen kann. Also sind wir mit ein paar Jungs und Machete bewaffnet los. Es ging durch Palmöl-Plantagen, über Reisfelder, durch eine Chashewfarm, durch unglaublich hohes Elefantengras und eine Felsspalte. Am Ende mussten wir dennoch umkehren, bevor wir den Gipfel erreicht hatten, da zu viele Dornengewächse unseren Weg versperrten. Die Regenzeit ist eben keine Wanderzeit 😉 Es war trotzdem schön.

Für euch nun ein paar Eindrücke von unserer Wanderung. Auf das wir das Schöne nicht vergessen, all dem Frust zum Trotz, durch den wir gehen müssen.

Erst alles ruhig und dann die erste schlimme Meldung

Nachdem ihr lange nichts von mir gehört habt, nun direkt die geballte Ladung. Ich bin heute im Homeoffice, weil landesweite Proteste gegen die erhöhten Lebenshaltungskosten angekündigt waren und nicht klar war, wie sich diese entwickeln werden. Eigentlich hatte ich gehofft, es bleibt ruhig und ich kann mich dem Thema Klimakrise widmen, aber jetzt kam eben die Meldung rein, dass es den ersten Toten gab.

Die gleiche Person, die letztes Jahr zu den Aufständen am 10. August aufgerufen hatte, hat wieder zu Unruhen aufgerufen. Seit letzter Woche gab es Diskussionen, wie es dieses Mal ausgehen würde. Im August dieses Jahres ist niemand dem Aufruf zu Protesten gefolgt und es blieb ruhig. Wir hatten gehofft, es bleibt auch heute ruhig.

Militärpräsenz in der ganzen Stadt

Seit zwei, drei Tagen ist schon vermehrt Militärpräsenz in der Stadt und den Zufahrstraßen gewesen. Als Hannah (meine Freundin aus Bo) gestern Abend gegen 22h zu mir gefahren ist, wurde sie – wie alle anderen Autos auch – von Militär kontrolliert, musste alle Taschen aufmachen und das ganze Auto wurde durchsucht. Normalerweise gibt es diese Checkpoints immer, aber gerade unsere NGO-Autos werden normalerweise durchgewunken, private Wagen werden manchmal angehalten, dann quatscht man kurz, gibt vielleicht etwas Geld und dann geht es weiter. Eine richtige Kontrolle habe ich noch nie erlebt.

Und auf einmal wird doch scharf geschossen

Vorsichtshalber sind wir heute alle im Homeoffice. Läden, Banken und Geschäfte haben zu, weil niemand einschätzen konnte, wie sich die Stimmung entwickelt. Heute Morgen kamen über die sozialen Medien in verschiedenen Gruppen Informationen, dass es eigentlich in allen Vierteln ruhig war. Wir dachten schon, alles ist gut. Aber dann gegen Mittag kamen auf einmal die ersten Berichte von Zusammenstößen zwischen Sicherheitskräften und Zivilbevölkerung. Es wurde gewarnt, dass Polizei und Militär scharfe Munition haben (keine Gummigeschosse) und sie vorbereitet sind, jede Person, die an illegalen Protesten teilnimmt zur Verantwortung zu ziehen. Der Ton vorab war schon sehr hart. Dann kamen erste Meldungen, dass in manchen Viertel Tränengas zum Einsatz kam, bei dem Auto einer Organisation wurde die Scheibe eingeschlagen, als sie durch eine Barrikade von Protestierenden fahren wollten, und eben kam die Meldung, dass es einen bestätigten Toten gibt. In der Meldung hieß es, ein Geschäftsmann, der zu seinem Laden wollte und der von einer Kugel getroffen wurde.

Eben wurde noch ein Video geschickt auf dem die Schüsse zu hören sind und man an einigen Stellen zwischen Häusern Rauch und Tränengas sieht. Ich spüre richtige Beklemmung in der Brust, wissend, dass den Menschen nicht die Möglichkeit für Proteste gegeben wird, aber auch, weil viele friedliche Proteste nicht kennen. Proteste sind hier meist gewalttätig. Vor allem nun, wo die Verzweiflung der Menschen wächst und das tägliche Überleben schwerer ist als noch vor wenigen Jahren.

Wenn eine Zwiebel 44€ kostet

Es gibt einige Gründe für die Menschen, zu demonstrieren. Viele sind wütend über die geklaute Wahl. Aber das alleine hätte wahrscheinlich niemanden auf die Straße gebracht. Die Regierung hat ziemlich viele Schulden nach der Wahl, sie konnten mal wieder das türkische Stromschiff nicht bezahlen (weshalb wir kaum Strom haben zurzeit), Lehrkräfte, Angestellte im öffentlichen Dienst u.ä. haben schon länger kein Gehalt mehr bekommen. Marktfrauen werden von den Straßen vertrieben und festgesetzt, bis sie sich freikaufen – sie verdienen allerdings das kleine aber wichtige Einkommen für ihre Familien. Gleichzeitig wurde der Benzinpreis in den letzten Wochen extrem schnell erhöht. Im Juni kostet ein Liter noch 21,5 Leones, dann nach den Wahlen wurde der Preis auf 25 erhöht und vor Kurzem auf 30. Es gibt Gerüchte, dass der Preis auf 36 oder 38 Leones pro Liter erhöht werden soll. Über die Benzinpreise will die Regierung angeblich Geld einnehmen, um Schulden zu begleichen. Durch die hohen Benzinpreise ist alles teurer und man muss jetzt noch öfter „extra“ Geld bezahlen, wenn man Standarddienstleistungen haben möchte. Es gibt auch mehr Menschen auf der Straße, die betteln.

Vor ein paar Wochen wurden die Zwiebeln auf einmal so teuer, dass es über memes gab, New Salone Diamant und ein Foto einer Gartenzwiebel. Teilweise hat eine Zwiebel dann 20 Leones gekostet. Meine Kollegin hat überlegt, wie und was sie ohne Zwiebel kochen kann. Das ist ziemlich problematisch. Ich bin keine Ernährungswissenschaftlerin, aber aus meiner Sicht ist die Ernährung hier eh oft schon sehr einseitig: Reis, Casava leave, dried fish (wenn man Glück hat). Jedes Nahrungsmittel weniger heißt auch weniger Nährstoffe, weniger Abwechslung in der Kost, höhere Gefahr von Mangelernährung.

Um es besser einschätzen zu können: der Mindestlohn liegt meines Wissens aktuell bei 600 oder 700 Leones. Nehmen wir mal den höheren Betrag von 700 NLe. Ich hoffe, ich habe richtig Prozentgerechnet, aber falls ich richtig liege, wäre es in Relation zum Mindestlohn in Deutschland (ich habe auf die Schnelle eine Zahl von 2020 gefunden 😉: 1584€) zum Beispiel so, als würde in Deutschland ein Liter Benzin rund 68€ kosten. Ein Liter Benzin ist äquivalent zu 4% des Monatseinkommens. Und eine Zwiebel 44€. Absoluter Irrsinn! Gerne kann das bitte jemand mit besseren Matheskills nachrechnen und korrigieren.

Hoffentlich nur eine Ein-Tages-Aktion

Das ist nur ein Teil der krassen Nachrichten, die es auch gibt, neben allen kleinen Erfolgen. Ich möchte euch aber nicht zu sehr mit den Defiziten hier überschwemmen heute. Die Ausschreitungen, die Verletzten und der hoffentlich einzige Tote, sind genug, denke ich. Nicht zu vergessen, dass alle, die heute ihre Verkaufsstände nicht geöffnet haben, heute auch nichts verdient haben. Ich hoffe, dass nicht zu viele Menschen heute den Tag ohne Essen verbringen müssen und hoffentlich ist es morgen wieder vorbei. Es gab Meldungen über 1-tägige, 2-tägige und 3-tägige Proteste. Let´s hope ist over today!

Ich persönlich sitze mal wieder hier in meinem Elfenbeinturm. Die Schüsse und das Tränengas kamen bisher ziemlich weit weg am anderen Ende der Stadt zum Einsatz. Angeblich gab es zwar auch vorne auf der Aberdeen Road (das ist in meinem Viertel, mein Viertel heißt Aberdeen), einen kurzen Zwischenfall, der aber anscheinend sofort von Sicherheitspersonal gestoppt wurde. Was auch immer das heißt? Hannah und Max sind seit gestern wieder bei mir zu Besuch, sie sind gerade unterwegs, Besorgungen wegen Arbeit machen. Ich bin gespannt, was sie berichten, wenn sie zurück sind.

Ein Balkon im Wandel oder Katzeklo, Katzeklo…

Wenn ich schon nicht über Klimakrise und African Climate Summit berichtet habe heute, so will ich euch wenigstens die Fotos von meinem Balkon nicht vorenthalten. Vielleicht erinnert ihr euch, dass ich Anfang des Jahres ganz freudig berichtet habe, nun endlich meinen kleinen Garten am Hinterausgang zu starten. Ich habe mir eine neue Pflanzbox besorgt, neue Erde beschafft und Salat, Rucola und Karotten angepflanzt. Ganz glücklich war ich, als nach Kurzem schon die ersten zarten Pflänzchen aus der Erde kamen. Leider war die Freude nur von kurzer Dauer. Auf einmal hat irgendjemand immer Erde über meine Pflänzchen gehäuft. Ich war wirklich irritiert und verwundert. Wer würde so etwas machen? Bis ich die Nachbarskatze ab und an sah. Da ging mir ein Licht auf. Ich habe ihr ein Premium Katzenklo mit 1A view hingestellt. Also hieß es, das ganze wieder Retour und nun steht der Pflanzkasten wieder am Küchenbalkon. Die Katze musste sich leider eine neue Toilette suchen. Anfang Mai habe ich die Kiste wieder bepflanzt – also kurz vor der Regenzeit, und nun seht ihr, was die Regenzeit mit Lemongras macht. Sie verwandelt meinen Balkon jedes Jahr in einen kleinen Dschungel 😊

Eben, als ich schon veröffentlich hatte, kam diese Nachricht über eine meine Gruppen: „Life bullets, tear gas, 2 men confirmed dead by Gun shots at pwd 5 in Moyiba – saw this reported“ – Auch wenn ich euch keine negative Stimmung bescheren möchte, leider geht der Tag für uns hier traurig und wahrscheinlich mit einem weiteren Trauma zu Ende.

Nachtrag, 15.9.2023:

Kleiner Nachtrag, da einige nachfragen, wie die Situation jetzt ist. Seit Dienstag ist alles oberflächlich wieder ruhig, Läden und Büros sind wieder geöffnet und alles scheint seinen normalen Gang zu gehen.

Heute mal: Erfolge über Erfolge

Heute mal weniger Gejammer und mehr Erfolge! Tut ja auch mal gut.

Mein erster Erfolg wäre, wenn dieser Artikel tatsächlich fertig und publiziert werden würde. Schon wieder gibt es einige Artikel-Bruchstücke auf meinem Desktop, die es nie ins worldwideweb schaffen werden. Acht Wochen bin ich nun wieder in Salone und hier herrschte Schweigen. Ich versuche nun ganz schnell zu tippen, um sicherzustellen, dass es dieses Mal klappt und ihr wirklich mal wieder von mir lesen könnt.

Wie gesagt, heute will ich einmal ein bisschen Fokus auf kleine und größere Erfolge richten. Zu oft sehen wir nur, was gerade schwierig ist, dabei läuft eigentlich sehr viel gerade ganz gut. Okay, die Regierung hat mal wieder das türkische Stromschiff nicht bezahlt, weshalb wir mal wieder kaum Storm haben, aber hey, gestern war lange genug Strom da, um endlich mal wieder die Waschmaschine laufen zu lassen! Perfect!

Kein Home für Kakerlaken

Meine größte Erleichterung, seitdem ich zurückgekommen bin, ist allerdings eine andere: ich habe den Kampf gegen die Kakerlaken gewonnen! Wochenlang hatten kleine Schaben meine Wohnung ihr Eigen genannt und haben sich hier ausgetobt und vergnügt. Leider musste ich dem Ganzen ein Ende setzen. Seit sieben Wochen ist meine Wohnung wieder Kakerlaken-frei. Es ist ganz und gar wundervoll. Wer noch nie eine Kakerlaken-Plage zuhause hatte, kann sich gar nicht vorstellen, wie schön es ist, niemanden anzutreffen, wenn man die Küche betritt 😉

„We for Nature. Nature for Us.” – Documentaries sind endlich online

Lange, lange hat es gedauert, aber jetzt sind tatsächlich alle vier Filmchen fertig, die ich letztes Jahr mit einem Filmteam gedreht habe. Wie alles hier, hat es einige Monate länger gedauert, als zuerst geplant. Nun sind die Filme endlich fertig – auch wenn nicht alles so ist, wie ich es haben wollte, egal. Hauptsache fertig.

Die Hauptsprache ist Krio, aber es gibt englische Untertitel. Die Filme zeigen vier der KBAs (Key Biodiversity Areas), in denen wir arbeiten, was wir dort machen und welche challenges es gibt. Wer sich also für die Arbeit meiner Organisation interessiert, bekommt hier einen ganz guten Eindruck. Und um es euch ganz einfach zu machen, hier direkt die Videos 🙂

Es ist auch ganz cool, wenn ihr die Videos anschaut, weil dann seht ihr direkt, wo und wie ich so unterwegs bin, wenn ich hier von den verschieden Orten berichte. Zwei weitere Videos sind gerade noch in der Mache. Während ich im Juni/Juli in Europa war, hat mein Kollege zwei weitere KBAs mit einem Kamerateam besucht.

Birdie K – on her way

Es gibt auch wieder spannende Geschichten aus der Vogelwelt zu berichten 😉 So hatte ich zum Beispiel meinen ersten großen internationalen Auftritt auf der African Bird Fair, die im Juli in Südafrika stattfand. Leider, leider war es kein Präsenzauftritt, sondern nur eine Präsentation während eines Webinars. Ich bin also nicht nach Südafrika gereist. Seit März bin ich Teil der fünfköpfigen Advocacy-Task-Force von BirdLife International Africa. Wir haben als Gruppe die Möglichkeit bekommen, unsere Arbeit im Rahmen eines Webinars vorzustellen. Es haben mehrere hundert Leute weltweit zugeschaut und es gab auch einige super Kommentare. Witzigerweise haben sie mich nicht nach einem Foto gefragt, sondern das von meinem LinkedIn Profil genommen. Ich konnte meine Organisation vorstellen, die challenges, die wir hier haben und auch ein paar Erfolge aufzeigen.

Aber nicht genug! Auf einmal wird mein Name bekannter im kleinen Sierra Leone – Universe. So habe ich bei einem dreitätigen Workshop zur Entwicklung einer Climate-Advocacy-Strategy, den eine andere lokale NGO organisiert hat (Green Scenery), teilgenommen und habe festgestellt, dass ich mittlerweile auf ziemliches Fachwissen zurückgreifen kann und sehr gute Beiträge leisten kann. Das hört sich jetzt zwar etwas nach Eigenlob ab, aber mich hat es wirklich glücklich gemacht, zu merken, dass ich in der Lage bin, konstruktive Beiträge zu leisten und die Situation vor Ort mittlerweile teilweise besser kenne, als einige andere, die schon länger im Land sind, einfach weil ich relativ viel herumkomme. So wurde ich nun direkt wieder für einen Workshop angefragt. Gestern habe ich eine Whatsapp bekommen, mit der Einladung zum „Sand and Sustainability Workshop“ in zwei Wochen. Es hat zwar zwei Jahre gedauert, aber nun werde ich tatsächlich als Knowledge source eingeladen. Mega.

Noch mehr Vögel: Mit etwas Glück, starte ich Ende September zu meiner nächsten Vögel-Zahl-Aktion. Dieses Mal werden Geier gezählt. Ich freue mich schon riesig. Ich habe mich für das Team in Kabala gemeldet, im Norden. Da muss ich eh hin, weil ich mit den Kollegen etwas erarbeiten möchte und wenn es gut läuft, kann ich nebenbei noch Geier zählen. Letzten Samstag war ja erst „International Vulture Awareness Day“. Da passt das thematisch hervorragend. Und hier gleich mal für euch, mein Geierposter:

Capacity Building – next chapter

Puh! Eine meiner Aufgaben hier ist es, Wissen weiterzugeben, so dass einige der Dinge, die ich starte und einführe auch fortgeführt werden. Ich schwanke immer zwischen super motiviert und absolut resigniert, was den knowledge transfer angeht. Aber nun bin ich gerade dabei, wieder mit neuer Energie einen neuen Versuch zu starten. Mal schauen, ob es dieses Mal klappt. Ich habe irgendwo gelesen, dass Veränderung und neue Gewohnheiten normalerweise 8-10 Wochen brauchen, bis sie verinnerlicht sind. Ich habe also bisher einfach immer nicht lange genug durchgehalten. Jetzt versuche ich es mit diesen 8 Wochen im Hinterkopf. Mal schauen, was ich dann im November berichten kann 😉

Es geht auch nicht um crasse Sachen. Ich versuche einfach nochmal ein „Shared Filed System“ einzuführen – das hört sich jetzt crasser an, als es ist. Es geht einfach nur um google-drive. Außerdem will ich nächste Woche einen kleinen Input zum Erstellen und Bearbeiten von PDFs geben, und meinen Kommunikationskollegen (soweit wir denn endlich mal zusammen im Büro sind) nochmal ein paar Website und Layout Schulungen geben. Natürlich alles immer mit ganz viel Follow-up 😉 Ich habe gerade zumindest das Gefühl, dass die Kolleginnen und Kollegen Interesse haben und die neugelernten Fähigkeiten auch nutzen möchten. Das ist für mich schon ein Grund zur Freude.

Ihr merkt, langsam hört es sich wieder nach Stress an. Deshalb komme ich auch nicht wirklich dazu, euch mit Blogartikeln zu versorgen. Wenn ihr jetzt noch wüsstet, was neben der Arbeit alles los ist… Time no dae! Time no dae!

Nur Erfolge?

Zwei der drei Projekte, die ich eigentlich bis Anfang Juni abgeschlossen haben wollte, sind immer noch unverändert bei ihren 90%. Also nach wie vor, fast fertig, aber die letzten 10% sind einfach die anstrengendsten und nach wie vor bleiben Sachen einfach hängen, wenn meine Kollegen keine Zeit finden, für Feedback und für den letzten finalen Schritt. Ich habe zum Beispiel aus dem Mangrove Reforestation Report von meinem einen Kollegen eine schöne Case-Study gelayoutet, die seit dreieinhalb Wochen auf das finale go wartet, damit ich sie endlich publizieren kann.

Geduld, Geduld, Follow-Up und Atemübungen sind das Gebot der Stunden. Und siehe da: ich bleibe tatsächlich ruhig. Ich ärgere mich nicht, weder über mich noch über meine Kollegen. Wenn das mal kein Erfolg ist, obwohl kein Projektabschluss vorzuweisen ist. Vielleicht setzt nach über zwei Jahren doch mal ein Lernprozess ein. Auch das werde ich weiter beobachten.

Für heute schließe ich hier nun ab. Mein nächstes Zoom-Meeting steht schon an. Euch wünsche ich wunderschöne Spätsommertage.

Aw di election

Viel zu lange war es still hier auf meinem Blog. Viel zu viel ist passiert und ich musste erst einmal wieder alles in meinem Kopf sortieren, bevor ich in der Lage war, es auch schriftlich in Worte zu fassen. Da einige Leute nachgefragt haben, wie denn nun die Wahlen verlaufen seien, heute erst einmal ein kleiner Rückblick auf die Wahlen und die Tage danach.

Ich selbst war während der Wahlen nicht in Sierra Leone. Deshalb ist es auch etwas schwierig für mich, wirklich zu sagen, wie sie verlaufen sind. Ich muss auf Informationen zurückgreifen, die entweder subjektive Wahrnehmungen von anderen sind, Nachrichten aus social media oder Presseartikel und die reports von der EU-Wahlbeobachtungskomission und einer nationalen neutralen Wahlbeobachtungsgruppe, die sich aus Mitgliedern der Zivilgesellschaft zusammensetzte. Diese letztgenannte wurde von einem Partner des CPS-Netzwerkes geleitet, Churches Council of Sierra Leone, CCSL, so dass auch Kollegen von mir Wahlbeobachter waren. Oft gibt es jede story in verschiedenen Versionen, aber das kennt ihr ja mittlerweile schon aus meinen Berichten.

Die Wahlen verliefen relativ ruhig

Die Wahlen verliefen ruhiger als von einigen erwartet. Das ist die positive Meldung. Trotzdem gab es gewalttätige Auseinandersetzungen und auch Tote. Ich habe ein bisschen meine Schwierigkeiten damit, wenn Leute, die nicht von hier sind, sagen „Die Wahlen verliefen ja echt ganz ruhig.“ Es gab keine Volksaufstände und es ist auch kein Bürgerkrieg ausgebrochen. Es gab keine Ausgangssperre, aber die Tage nach den Wahlen waren dennoch angespannt, Leute sind eher zuhause geblieben und haben abgewartet, was passiert. Es gab einen großen Polizeieinsatz beim Büro der Opposition in Freetown mit Einsatz von Feuerwaffen und Tränengas. All dies wäre im deutschen Kontext alles andere als ruhig. Und auch hier möchte ich nicht sagen, dass es ruhig war. Alleine die konstante Anspannung der Menschen, die Ungewissheit, ob etwas passiert oder nicht, die Verunsicherung, was vor sich geht und welcher Quelle zu trauen ist, all das macht etwas mit den Menschen. Es gibt einfach kein Grundvertrauen, dass alles gut wird.

Was sagt die Wahlbeobachtung

Sowohl die EU als auch die nationalen Wahlbeobachtung der Zivilgesellschaft (National Election Watch – NEW) sahen das Ergebnis nicht so eindeutig, wie es die Electoral Comission of Sierra Leone (ECSL) veröffentlich hat. Die ersten veröffentlichten Zahlen zeigten noch ein knappes Rennen, die zweiten dann einen eindeutigen Sieg des amtierenden Präsidenten. Die EU hat direkt vier Tage nach der Wahl die ECSL aufgefordert, alle Zahlen zu veröffentlichen. Eigentlich sollen alle Ergebnisse je Wahlbüro veröffentlicht werden, dies ist bis jetzt nicht geschehen. Es gibt offiziell nur eine sehr geringe Anzahl an ungültig abgegeben Stimmen (0,4%), was sehr ungewöhnlich ist. Laut anderen Wahlbeobachtungen liegt diese Zahl bei rund 5%. Einige Leute sagen, dies sind genau die Prozent, die dem Präsidenten zugeschlagen wurden und somit erreichte er die nötigen Stimmen für seine Wiederwahl. Ohne die Veröffentlichung aller Zahlen ist es dies aber schwer zu belegen oder zu widerlegen.

Eine weitere Beobachtung von NEW bezieht auf die Teilnahme an den zugleich stattgefunden Parlamentswahlen. Es wurde gleichzeitig über den Präsidenten abgestimmt und ein neues Parlament gewählt. Es ist seltsam aus Sicht von NEW, dass es unterschiedliche Teilnahme an beiden Wahlen in höheren Prozentbereichen gibt, obwohl die Wahlen ja zeitgleich stattfanden. In einigen Distrikten gab es viel weniger Stimmen bei den Parlamentswahlen, denn bei der Präsidentschaftswahl. Das scheint ungewöhnlich zu sein. Das war hauptsächlich der Fall in Distrikten, in denen die Opposition viele Stimmen bei der Parlamentswahl gewonnen hat. In Distrikten, in denen die Regierungspartei stark ist, gab es teilweise mehr Stimmabgabe für die Präsidentschaftswahl als für die Parlamentswahl.

Neutrale Wahlbeobachter gehen davon aus, dass es eine Stichwahl hätte geben müssen. Die Unklarheiten der Zahlen legen nahe, dass es im ersten Wahlgang eigentlich keinen klaren Sieger gab.

EU und USA haben den offiziell wiedergewählten Präsidenten und seine Regierung sowie ECSL aufgefordert, alle Zahlen zu veröffentlichen, um die Unklarheiten zu beseitigen. Daraufhin haben die nationalen Sicherheitskräfte eine Erklärung veröffentlicht, in der sie die internationale Gemeinschaft aufgerufen haben, sich nicht in landesinterna einzumischen und nicht Konflikte zu schüren. Die gefordereten (und gesetzlich festgelegten) Informationen sind bis heute noch nicht veröffentlicht worden, so dass es nun Diskussionen hinter verschlossen Türen gibt, wie damit umgegangen werden soll. Es ist relativ eindeutig, dass die Ergebnisse nicht ganz die Realität widerspiegeln. Wenn dies ohne Konsequenz akzeptiert wird, kann es ein Zeichen für andere Regierungen weltweit sein, dass Wahlbetrug nicht bestraft wird. Zugleich wollen internationale Partner nicht jahrelang aufgebaute Partnerschaften und gemeinsame Projekte riskieren. Eine schwierige Situation.

Die Stimmung nach den Wahlen

Wie oben schon angedeutet, waren die meisten Menschen nach den Wahlen erst einmal im Abwartemodus. Läden blieben teilweise geschlossen, das soziale Leben war auf ein Minimum heruntergefahren, die meisten gingen nur außer Haus, wenn es unbedingt nötig war, auch Büros blieben größtenteils geschlossen. Alle warteten ab, wie die Opposition reagieren würde. In den Oppositionsgebieten gab es gewalttätige Auseinandersetzungen mit den Sicherheitskräften, einige Menschen verloren ihr Leben. So viel zum „relativ ruhig“. Offiziell riefen alle Parteien dazu auf, friedlich zu bleiben und keine Gewalt anzuwenden. Dennoch weigert sich die Opposition ihren Regierungsauftrag anzunehmen und nahm nicht an der Sitzungseröffnung des Parlamentes teil. Bis jetzt weigert sich die Opposition die parlamentarische Arbeit aufzunehmen. Damit machen sie das Parlament handlungsunfähig, da laut Verfassung nicht eine Partei alleine die Parlamentsarbeit ausführen kann. Somit ist das Parlament vorerst lahmgelegt.

Am ersten Tag des neuen Parlamentes war ich schon wieder im Land. Und bin direkt wieder mal in eine Demonstration geraten. SLPP-Leute haben den Einzug ihrer Partei ins Parlament gefeiert bin lauter Musik, LKWs voller Boxen, tanzenden Leuten auf der Straße, so dass mein 15minütiger Weg mal wieder eine Stunde dauerte. Noch immer wird es kommentiert, wenn jemand etwas rotes oder grünes anhat. Viele junge Männer laufen mit grünen T-Shirts mit Wahlbotschaften herum, die verteilt wurden vor der Wahl, um Stimmung zu machen.

Viele Fragen bleiben offen

Abgesehen davon, ist allerdings anscheinend alles wie immer, als wäre nie etwas gewesen. Einerseits ist zwar unter der Oberfläche bei vielen Unmut zu spüren, wegen der geklauten Wahl. Zugleich sind alle froh, dass es keine größeren gewalttätigen Auseinandersetzungen gab. Eine Forderung der Opposition ist es, die Wahlen in sechs Monaten nachzuholen. Das ist aber schon aus finanziellen Gründen höchst unrealistisch. Für die meisten Menschen zählt aber hauptsächlich, den Alltag zu bewältigen. Das ist mein Eindruck. Wir haben eine Inflation von über 40%, Lebensmittel, die schon vor dem Krieg in der Ukraine hoch waren, haben sich in den letzten 1,5 Jahren teilweise verdreifacht, da geht es vielen Menschen um den täglichen Teller Reis und nicht unbedingt darum, wer sie in dieser Misere regiert. Gerade lese ich eine Meldung, dass drei kleine Zwiebeln nun 25 NLe kosten, also knapp einen Euro. Das führt dazu, dass Leute ihre Kochgewohnheiten anpassen müssen, weil Zwiebeln nun „nur noch für die Eliten bezahlbar“ sind. Zwiebeln ein Luxusgut. Eier sind es schon länger. Aber nun auch Zwiebeln. Verrückt.

Es bleibt also spannend, wie sich die Situation entwickeln wird. Ob es eine Einigung gibt und die Opposition ihre parlamentarische Arbeit aufnimmt, ob alle Zahlen veröffentlicht werden und welche Konsequenzen die internationale Gemeinschaft auf die Wahlen folgen lassen wird. Ich werde berichten…

The forest don go

Ich schreibe mal wieder aus Kenema, von der Terasse des Paloma Hotels. Morgen startet der zweite Workshop um unsere Kommunikationsstrategie hoffentlich fertigzustellen. Auch wenn sich mal wieder alles ins Unendliche verzögert hat in den letzten Wochen – wir hatten kaum Strom in Freetown, weshalb das Filmteam nicht wirklich an den Filmen weiterarbeiten konnte – höre ich nicht auf, zu hoffen, dass wir die Filme noch fertig bekommen, bevor ich mich im Juni in den Urlaub verabschiede.

Was machen die Häuser da in den Hügeln?

Ich war das letzte Mal im November hier in Kenema, um das Filmmaterial für unsere Filme über den Gola Rainforest und das Kambui Hills Forest Reserve zu drehen. Wer immer hier lebt, sieht es vielleicht nicht so cras, aber für mich, die immer nur alle paar Monate hier ist, ist es jedes Mal wieder schockierend. Ich bin erst seit zwei Jahren hier und ich sehe den Wald verschwinden. Ich höre mich schon an, wie eine alte Frau. Ich erinnere mich noch daran, als die Hügel alle voll bewaldet waren. Es geht mit erschreckender Geschwindigkeit voran. Und ich habe schon Angst, wie es wohl bei meinem nächsten Besuch aussehen wird. Wenn ich im Herbst wiederkomme, wieviel Wald wird dann noch da sein? Wie viele Bäume werden durch Häuser ersetzt worden sein?

Ich kann es kaum in Worte fassen, für die, die es nicht mit eigenen Augen gesehen haben. Bevor man die Stadt erreicht, erheben sich zu beiden Seiten der Straße Hügel, die eigentlich bewaldet waren. Eigentlich ist es ein Forest Reserve. Aber die Grenze und die sogenannte Bufferzone wird konstant neu definiert. Als ich das erste Mal hier war, haben mir meine Kollegen schon erklärt, dass in der früheren Bufferzone, einer der Minister, der aus Kenema stammt, eine neue Straße gebaut hat (die übrigens nach dem aktuellen Präsidenten benannt ist) und in dieser Straße ein Hotel mit Club und Restaurant gebaut hat. Deshalb ist die Bufferzone schon mal weiter in die Hügel gewichen.

Jetzt sehe ich, dass überall in den Hügeln, auf die ich schaue, während ich hier auf der Terasse sitze, Häuser entstanden sind in den letzten Monaten. Im Herbst war da noch Wald, jetzt ist es kahle Fläche und Bebauung. Noch schlimmer sieht es aus, wenn man in die Stadt einfährt. Der eine Hügel ist vollständig abgeholzt und offensichtlich hat der Regen der letzten Tage einen Erdrutsch verursacht. Eine riesengroße Narbe ist entstanden. Was eigentlich grün und bewaldet sein sollte, ist nun rote Erde. Der Korridor, der die Kambui Hills Süd und Nord verbindet, und der es Tieren ermöglicht hat, vom Südteil in den Norden zu wandern, ist vollständig verschwunden.

Demotivierend oder neue Motiviation?

Seit ein paar Jahren schon sind Kollegen von mir hier aktiv und versuchen mit den communities zu arbeiten, mit Regierungsbehörden und mit den lokalen Verwaltungsstrukturen, um das Forest Reserve zu bewahren. Offensichtlich ohne Erfolg. Wenn ich das sehe, würde ich am liebsten in den Flieger steigen und wegfliegen. Was für einen Sinn hat unsere Arbeit eigentlich? Oder vielleicht sollte es mich eher motivieren. Was müssen wir an unserer Arbeit ändern? Was müssen wir machen, um die letzten Reste des Waldes zu schützen? Es gibt hier Schimpansen, Schuppentiere, und einige bedrohte Vogelarten. Offensichtlich ist es den Menschen und vor allem den Entscheidungsträgern  egal. Verstehen sie echt die Zusammenhänge und die Bedeutung des Waldes nicht oder denken sie, er ist doch unendlich?

Dabei ist echt eine Wohltat, wenn man aus Freetown kommend, hier aus dem Auto steigt. Die Luft ist kühl, es ist schon fast kalt möchte ich behaupten. Ich ärgere mich, dass ich kein Jäckchen eingepackt habe. Zwischen den Hügeln dehnen sich die Reisfelder aus, aber für wie lange werden sie genug Wasser haben, um den Reis anzubauen, wenn der ganze Wald bald weg ist?

Wenn unsere Videos irgendwann mal fertig sind, werdet ihr sehen, was ich meine.

Die Sonne ist jetzt hinter den Hügeln untergegangen, so dass die scenery sich verändert hat. Nun sehe ich nicht mehr die entwaldeten Stellen, nur noch die Silhouette der Hügel. Ganz oben ist der Wald noch da, so dass es fast wie „früher“ aussieht.

Black Johnson Beach – außer Kopf schütteln bleibt uns nichts

Das Umweltschutz nichts für Schön-Wetter-Leute ist, war mich schon klar. Aber hier wird es mir sehr klar. Viel klarer als mir lieb ist. Ihr erinnert euch vielleicht, dass ich vor ein paar Wochen über Black Johnson Beach geschrieben haben. Ein kleines Paradis in der Nähe von Freetown, das für einen irrwitzigen Fischereihafen zerstört werden soll. Irrwitzig, weil wer die Bucht kennt, sofort sieht, dass das Wasser nicht tief genug für große Thuna-Schiffe ist und dass die Pläne die gesamte Bucht verwandeln und zubetonieren würden. Die Machbarkeitsstudie wurde unter fragwürdigsten Bedingungen erstellt. Und nach wie vor liegt offensichtlich keine Lizenz für das chinesische Unternehmen vor, das die Pläne umsetzen sollen.

Heute morgen noch Schildkröten und am Nachmittag die schweren Maschinen

Heute morgen noch postete Jane (eine Britin, die seit vielen Jahren in Black Johnson wohnt), Videos von Meeresschildkröten, die in Black Johnson gerettet wurden. Nur wenige Stunden später postete sie Fotos und Videos von schweren Maschinen, die am Strand ankamen und dokumentierte, dass anscheinend irgendwelche Vorarbeiten begonnen haben.

Ich denke, wir verstehen alle, dass das Land Entwicklung braucht, dass Industrien aufgebaut werden müssen und natürlich muss es Kompromisse geben zwischen Mensch und Natur. Aber wenn es so offensichtlich wie hier in Black Johnson ist, dass es um Geld geht, weil der ausgewählte Ort selbst für Laien absolut ungünstig erscheint und außerdem das Gutachten nicht sauber erstellt wurde, dann ist das kein guter Kompromiss. Es ist eigentlich gar kein Kompromiss. Es ist viel mehr dumm und waghalsig. Als ich letztes Jahr bei der öffentlichen Anhörung war, habe ich mich zu Wort gemeldet und gefragt, ob denn untersucht wurde, welche Folgen für die Strände südlich von Black Johnson erwartet werden. Das sind die Strände, an denen es Tourismus gibt. Ich gehe davon aus, dass sie alle zerstört werden, durch dieses Großvorhaben. Die Strömungen, die Strände, die Ökosysteme, alles wird sich ändern.

Ich sehe schon, wie sehr sich Bureh Beach verändert, wegen des Sand minings, das am Nachbarstrand stattfindet. Was wird da erst ein riesiger Hafen anstellen, für dessen Schiffe Gräben ausgehoben werden müssen, der Abfälle produziert und mit Sicherheit die Wasserqualität nicht verbessern wird.

UN Decade for Restoration

Die UN hat die Dekade der Restoration von Ökosystemen ausgerufen. Aufforstungsprojekte auf der ganzen Welt werden gefördert und promoted. Diese Projekte schenken Hoffnung, aber sie sind vielleicht nur ein Tropfen auf dem heißen Stein. Wer weiß. Wenn wir aber die Hoffnung verlieren, können wir direkt einpacken. Deshalb haben wir gar keine Wahl, als an der Hoffnung festzuhalten.

Ich versuche, während ich euch schreibe, heimlich das Gespräch am Nebentisch zu verfolgen. Die drei Herren reden über den Regenwald. Da werde ich natürlich sofort neugierig und möchte wissen, für welche Organisation sie arbeiten und was sie hier machen. Der eine Herr ist anscheinend aus den Niederlanden, einer der anderen anscheinend aus Ghana oder Nigeria. Das habe ich nicht so gut gehört. Ich werde gleich mal versuchen, mich in deren Gespräch einzuklinken.

Deshalb überlasse ich euch nun euren Gedanken und empfehle euch, die Filme der Flagship Projekte für Restoration. Es ist ganz spannend, weil sie aus ganz unterschiedlichen Erdteilen kommen. Wir starten unser Restoration Projekt in der Yawri Bay dieses Jahr, vielleicht können wir dann auch etwas dazu beitragen, zerstörte Ökosysteme wieder aufzubauen.

Das sind nur ein paar Videos aus der Serie. Die ganze Serie könnt ihr euch online anschauen: https://www.decadeonrestoration.org/restore-films-frontiers-hope

The only thing I want is peace! – Ein pre-election Bericht

Vorletzte Woche war mal wieder ein Lehrstück in Frustrationsmanagement in der Arbeit. Aber ich habe die Situation sehr gut gemeistert und mich einfach mal eingehend mit meiner Kollegin über ihre Wahrnehmung der aktuellen Situation bezüglich der Wahlen im Juni unterhalten. Ihr bekommt heute mal ganz viel Lesestoff zur pre-election-situation.

Ganz kurz nur: warum Frustrationsmanagement? Im letzten Beitrag habe ich ja geschrieben, dass einige Projekte vorwärts gehen. Naja, was soll ich sagen. Sie sind immer noch dabei, vorwärtszugehen, aber es gibt immer noch keine Ergebnisse. Da muss ich mich immer wieder selbst erinnern, dass ich mir selbst bis Anfang Juni Zeit gegeben habe. Also, alles noch im grünen-gelben Bereich.

Aber wie steht es eigentlich mit den Wahlen?

Die Wahlen und der Wahlkampf sind immerwährendes Thema seit einigen Wochen. Ich erinnere mich, dass ich schon im Februar mit einem Kollegen von Brot für die Welt gesprochen habe, dessen Büro eher in der Innenstadt ist und er mir von einem Vorfall erzählt hat. Wir hatten im Februar/März Kundgebungen von den beiden großen Parteien SLPP (aktuell an der Regierung) und APC (aktuell Opposition). Als die Kundgebung der SLPP stattfand (deren Farbe ist grün) kam es auf der Straße direkt vor dem Büro meines Kollegen zu einer Auseinandersetzung. Ein Mann in einem roten T-Shirt (ganz klar die Farbe der APC) sagte irgendetwas zu SLPP-Anhängern. Daraufhin gab es ein kurzes Wortgefecht auf der Straße, das damit endete, dass der Anhänger der aktuellen Regierung dem roten T-Shirt hinterherrief: „Letztes Mal haben wir euch ohne Waffen besiegt und dieses Mal haben wir auch Waffen.“

Ein Wortgefecht auf der Straße während eines Wahlkampfes ist natürlich nichts Unübliches und sollte ja in einer Demokratie durchaus zur Normalität gehören, aber Androhung von Waffengewalt, um den Sieg zu erringen? Kann ich mir gerade in Deutschland nicht wirklich vorstellen.

In den letzten Wochen gab es immer wieder ähnliche Vorfälle. Im Radio ist die Wahl das Thema und auch auf der Straße. Es gibt viele Radio-jingle die von peaceful elections singen, viele Medienleute versuchen Peace-messages zu senden, um den Frieden zu wahren und auf die Einheit der Nation zu verweisen. Es gibt keine Radiodiskussion ohne Bezug zu den Wahlen. Ich muss allerdings auch zugeben, dass ich Radio Democracy höre, da wird wahrscheinlich nicht so zu Streit aufgewiegelt. Auf der Straße ist der Wahlkampf allgegenwärtig, da überall Wahlplakate stehen. Das macht die Teilnahme am Straßenverkehr nicht unbedingt gefahrloser. Riesige Plakate versperren die Sicht, nicht nur auf gerader Strecke, sondern auch an Kreuzungen, die nun kaum mehr einsehbar sind. Die Plakate reichen teilweise auch bis auf die Fahrbahn, so dass diese verengt wird. Nach jedem Sturm liegen einige Plakataufsteller herum und behindern den Verkehr auch dadurch. Aber das sind eigentlich die geringsten Einschränkungen.

Urlaubsgeld und Vorräte

Wie kam es nun zu meinem ausführlichen Gespräch mit meiner Kollegin? Angefangen hat es damit, dass unsere HR und Admin in unserem Büro war um irgendetwas wegen der Urlaubstage zu klären. Das betrifft mich nicht, da mein Vertrag ein bisschen anders ist. Meine Kolleginnen und Kollegen bekommen zum Beispiel Urlaubsgeld. Das bekomme ich nicht. Es begann also die Diskussion, ob Mariama ihren Urlaub im August nehmen kann, aber ihr Urlaubsgeld schon Anfang Juni bekommt. Als dann Margaret, unsere HR wieder weg war und auch Abdul zu einem Termin aufgebrochen ist, habe ich nochmal nachgefragt. Und ja, ich hatte es richtig verstanden. Mariama möchte das Urlaubsgeld schon vorab haben, weil sie Essen und Trinkwasser besorgen will, so dass sie während der Wahlen das Haus nicht verlassen muss, falls die Situation gefährlich wird. Sie meinte, sie macht das meistens so während der Wahlen. Sie will eigentlich umziehen, aber das macht sie auch erst nach den Wahlen. Da wo sie jetzt wohnt, ist es ziemlich ruhig und sicher. Die Mehrheit der Leute wählt die aktuelle Regierungspartei, deshalb ist davon auszugehen, dass es dort ruhig bleiben wird während und vor den Wahlen. Das Stadtviertel, in das sie ziehen will, ist anders zusammengestellt, dort kann es zu Auseinandersetzungen kommen. Das macht hier alles immer sehr viel Sinn, wenn ich das im lokalen Kontext höre. Wenn ich es aber auf Deutschland übertrage, ist es ziemlich cras. Was muss wohl passieren, dass die Menschen vor der Bundestagswahl ihre Vorräte auffüllen, so dass sie im Notfall einige Tage das Haus nicht verlassen müssen? Wenn ich die Wahl eher immer mit einem Sonntagnachmittagsspaziergang assoziiere.

Natürlich habe auch ich, die eigentlich keine lokalen Zeitungen liest, über soziale Medien schon mitbekommen, dass der Wahlkampf hier um einiges intensiver ist als in Deutschland. So wurde zum Beispiel vor zwei oder drei Wochen auf den Konvoi des Präsidentschaftskandidaten der Opposition geschossen, als er in Freetown eingefahren ist. Von Polizei- oder anderen offiziellen Sicherheitskräften. Ich erfahre davon dann meist über eine meiner Whatsapp-Gruppen oder über insta, wo ich lokalen Nachrichtenagenturen folge. Es gibt meist aber nur eine Darstellung, was passiert ist, und auch das nicht ausführlich. Es gibt aber selten Hintergrundinformationen dazu. Kurz nach den Schüssen gab es Erklärungen, die für mich nicht wirklich Sinn gemacht haben. Ich meine, was rechtfertig Schüsse auf einen Autokonvoi, wenn die nicht das Feuer eröffnet haben oder vorhaben, einen terroristischen Anschlag durchzuführen? Der Präsidentschaftskandidat war einfach nur auf dem Weg von Makeni, wo die Opposition ihre Zentrale hat, nach Freetown.

Eine weitere sehr große Aufregung gab es vor zwei Wochen, weil ein Polizist in Makeni getötet wurde. Es war nicht einfach nur ein Polizist. Der Mann war ein Mende. Nun muss ich einen ganz kurzen Exkurs in die gesellschaftlichen Identitäten machen.

There is no tribalism!

In Sierra Leone gibt es mehrere Sprachgruppen, die auch zugleich Ethnien sind, im englischen wird hier von „tribes“ gesprochen. Es wird zwar immer betont, dass es keinen „Tribalism“ gibt, also dass die Zugehörigkeit zu einer bestimmten „Tribe“ keine Bedeutung im Alltagsleben, in Politik und Beruf hat. Es wird immer betont, dass es viele „mixed marriages“ gibt, zwischen Angehörigen verschiedener tribes. Ich habe mehrfach versucht, meinen Kolleginnen und Kollegen zu sagen, dass es wenn es immer betont werden muss, anscheinend doch ein großes Thema ist. Und selbstverständlich ist die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Gruppe sehr wohl entscheidend. Es gibt viele Zuschreibungen anhand von tribes.

Die beiden großen Gruppen sind die Mende im Süden des Landes und die Timne im Norden des Landes. Ihre Gebiete teilen Sierra Leone ziemlich genau in der Mitte und die beiden Gruppen sind ungefähr gleichgroß. Menschen aus dem Norden, Timne also, unterstützen normalerweise die APC (All Peoples Congress) und die Menschen aus dem Süden, die Mende, die SLPP (Sierra Leone People´s Party). Die beiden großen Parteien unterscheiden sich nicht wirklich in ihren Wahlprogrammen. Deshalb ist die Hauptentscheidung bei der Wahl wirklich die eigene Herkunft. Es ist klar, wenn APC an der Macht ist, wird mehr im Norden investiert und Timne bekommen wichtige Ämter. Ist die SLPP an der Macht, wird mehr im Süden investiert und Mende bekommen wichtige Ämter.

Wie entscheidend die Zugehörigkeit zu bestimmten „tribes“ ist, zeigt sich normalerweise im Alltag nicht. Aber vor den Wahlen wird es offensichtlich sehr entscheidend.

Zurück zum Tod des Polizisten in Makeni

Wie oben schon geschrieben, ist Makeni die Zentrale der Opposition. Hier war es auch letztes Jahr im August, als die Ausschreitungen stattfanden länger tense und hier gab es auch länger eine Ausgangssperre.

Vor zwei Wochen wurde ein Polizist in Makeni getötet. Es gibt verschiedene Versionen der Story, was genau passiert ist. Die eine besagt, dass der Polizist einen Motorradfahrer verfolgte, der irgendeinen Verstoß gegen die Straßenverkehrsordnung begangen hat, andere sagen, er war einfach nur einkaufen für seine Familie, die über die Ostertage zu Besuch war. Die einen sagen, er wurde aus einem stehenden Auto heraus erschossen, andere sagen, das Auto kam angefahren und hat ihn im Fahren erschossen. So oder so, ist der Mensch tot. Weshalb das Thema so hochkochte, ist nicht nur, dass ein Polizist auf offener Straße erschossen wurde, sondern, dass dieser Polizist ein Mende war (also aus dem Süden kam und wahrscheinlich eher die Regierungspartei unterstützt) und im stronghold der Opposition erschossen wurde.

Auf einmal ist es entscheidend, wo man arbeitet und wie man heißt

Die Familie meiner Kollegin wohnt zwar in Kenema (Mende-Land), aber sie hat einen Timne Nachnamen. Am Nachnamen kann man oft die Zugehörigkeit zur tribe erkennen. Da aber hin-und-her geheiratet wird, ist das nicht immer aussagekräftig. Nichts destotrotz meinte meine Kollegin, nun sei die Zeit gekommen, wo sie mit ihrem Nachnamen vorsichtig sein müsse. Meine Kollegin erzählte mir auch, dass sie ihre Voter´s ID-Card unlängst abholen wollte. Bisher gab es in Sierra Leone keine Personalausweise oder so etwas, sondern Wähler-ID-Karten. Mit der Wähler-Karte hat man auch Bankgeschäfte und co gemacht. Im Endeffekt war es soetwas wie ein Perso, offiziell aber eine Registrierung für die Wahlen. Als meine Kollegin ihre ID-Karte abholen wollte, war die nicht auffindbar. Ich habe gefragt, ob sie denkt, dass es Absicht ist? Dass die Regierung die Karten von Leuten einbehält, deren Nachname erwarten lässt, dass sie Opposition wählen und dann diese Karte für Wahlfälschung nutzen? Darauf ist sie nicht eingegangen. Ich glaube, sie wollte einfach ihre ID-Karte. Sie sagt eh, sie weiß nicht, wen sie wählen soll dieses Mal. Sie hat in den letzten Jahren unterschiedlich gewählt und wählt nicht nur entsprechend ihrer Herkunft. Aber die Voter ID-Card ist trotzdem nicht da… Ob es mit dem Nachnamen zusammenhängt, kann man nicht wissen. Aber allein, dass derartige Vermutungen angestellt werden, ist für einen deutschen Kontext vollkommen unvorstellbar. Ihre Tochter ist in Bo auf der Uni (auch SLPP / Mende Land). Da macht sie sich manchmal ein bisschen Sorgen. Wegen des Nachnamens.

Ihre Tochter wohnt bei Verwandtschaft in Bo. Der Mann aus der Familie, bei der sie wohnt, arbeitet in Makeni. Er ist aber aus Bo. Er ist Mende. Er arbeitet einfach nur in Makeni bei irgendeiner internationalen NGO. Vorletzte Woche wollte der Mann seine Voter-ID-Card abholen, bevor er zur Arbeit nach Makeni fährt. Er ist also morgens um 9 Uhr ins Büro, wo man die Karten abholen kann. Leider war der Mitarbeiter, der das Tablett bedient (ja, hier ist jetzt alles ganz digital) nicht da. So dass alle Leute warten mussten. Nach einer Stunde wollte der Bekannte meiner Kollegin wissen, was los wäre und wie lange es noch dauert, schließlich musste er noch weiter nach Makeni zur Arbeit. Er wurde erst an die Managerin verwiesen und dann direkt an den Typen, der für das Büro in Bo zuständig ist. Als der Bekannte dann am Telefon erwähnte, dass er noch nach Makeni müsse, änderte sich die Stimmung vollständig. Der Chef kam persönlich, beschimpfte ihn, dass nun schon Leute aus Makeni kämen und ihnen in Bo das Leben schwer zu machen, er wollte ihn fotografieren und auf den sozialen Medien veröffentlichen, er rief sogar die Polizei, so dass der Bekannte dann erst einmal mit auf die Wache genommen wurde. Nur weil seine Frau Kontakte in Freetown hat und diese mobilisierte, wurde er am späten Nachmittag wieder freigelassen.

Was ist da passiert? Jemand will seine ID-Card abholen, fragt nach, wieso das so lange dauert und wo der Typ ist, der fürs Tablett zuständig ist und landet in Polizeigewahrsam, nur weil er in einer bestimmten Stadt arbeitet. So viel zum Thema, es gibt keinen tribalism und wir sind alle ganz entspannt und peaceful.

Gerüchte über Gerüchte

Eines der Hauptprobleme ist, dass es immer zu allem so viele Geschichten gibt und man sie nur schwer verifizieren kann. Diese Story zum Beispiel mit dem erschossenen Polizisten, dann die mit den Voter-ID-Cards. Was wirklich stimmt und was wirklich passiert ist, lässt sich nur schwer herausfinden, vor allem, weil die meisten Menschen ihre Informationen aus den sozialen Medien ziehen.

Als ich letzte Woche am Strand in Bureh war, hat mich die eine Freundin gefragt, ob es stimmt, dass es eine Ausgangssperre geben wird vom 27. April bis zum 1. Mai. Sie habe das aus den sozialen Medien gehört. Angeblich hätte das der eine Influencer gesagt, der schon die Proteste letztes Jahr im August provoziert hat. Er sitzt in Kanada oder Holland, ich weiß das immer nicht genau, und stiftet hier Verwirrung. Er sagt einfach, „Leute, die Regierung will euch einsperren und erlaubt euch nicht Independence Day zu feiern. Das lassen wir uns nicht bieten. Wir gehen auf die Straße.“ Und dann gehen die Leute auf die Straße und protestieren gegen etwas, das nie auch nur zur Diskussion stand. So kann man echt Chaos generieren. Zum Glück hat sich das Gerücht nicht durchgesetzt. Aber es zeigt, wie verunsichert die Leute sind und dass sie nicht wissen, wem sie glauben sollen.

Das zieht sich durch den Alltag. Es war lange nicht klar, ob es am 27. April, am Unabhängigkeitstag, öffentliche Proteste und Ausschreitungen geben wird, oder einen „Sit-In-Protest“. Am Ende wurde zu einem Sit-In aufgerufen und alles blieb ruhig. Hätte aber auch anders sein können. Aber auch für mich war das komisch. Ich wollte am 27. April nach Bureh fahren. Wir haben also erst einmal abgewartet, was passiert. Als bis mittags alles ruhig geblieben ist und ein paar Leute, die ich bei der Europäischen Union kenne, auch Richtung Strand aufgebrochen sind, sind wir auch los. Wenn die EU ihre Leute an den Strand lässt, ist es normalerweise sicher.

Ein Recht auf eine zweite Amtszeit?

Dadurch, dass es fast gleichviele Mende wie Timne gibt, gibt es eine Art Gleichgewicht. Seit dem Ende des Krieges vor zwanzig Jahren wurde die Regierungspartei immer nach zwei Wahlperioden gewechselt. Ich habe schon so interessante Kommentare gehört wie: „Ich gehe nicht wählen. Ich will nicht, dass die SLPP weiter regiert, aber sie haben ja ein Recht auf eine weitere Amtszeit.“ Es gibt einige Leute, die genauso argumentieren. Teilweise, denken sie, dass die Regierungspartei sich die Macht im Notfall mit Gewalt holen und erhalten wird, da die Politiker davon ausgehen, sie hätten ein Anrecht auf die zweite Legislaturperiode. Teilweise sagen Leute, die Situation dieses Jahr sei ganz anders als sonst und der Ausgang der Wahl echt offen. Es gibt Menschen wie meine Kollegin, die sich mit Lebensmitteln eindecken will, weil sie nicht weiß, ob sie vor die Türe gehen wird und es gibt Menschen, die sagen, es wird alles ruhig bleiben und es gibt viel zu viel Aufregung. Niemand will zurück ins Chaos, auch nicht die Leute, die an der Macht sind und die können es steuern.

Risk Assessment im CPS Meeting

Wie zentral das Thema ist, wurde mir auch wieder klar, als wir letzte Woche ein extra CPS-Meeting mit Risk Assessment hatten.

(Zur Erinnerung: CPS steht für Civil Peace Service – Ziviler Friedensdienst. Über dieses Proramm bin ich hier. Es gibt hier ein Netzwerk von 11 lokalen Organisationen im CPS Netzwerk von Brot für die Welt, in dem wir uns vierteljährlich treffen.)

Wir haben uns einen Vormittag Zeit genommen, um zu analysieren, welche Risiken und Gefahren wir als Organisationen in den nächsten Wochen auf uns zukommen sehen, wie wahrscheinlich deren Eintreten ist und wie groß die Auswirkungen auf unsere Arbeit und unser Wohlbefinden wären. Es war sehr spannend für mich, da noch einmal einige Punkte genannt wurden, die mir schon bewusst waren, aber eben auch Punkte, die immer wieder diskutiert werden, ohne, dass wir wirklich etwas anderes tun können, außer ruhig bleiben, neutral bleiben, Nachrichten überprüfen und keine Fake news weiterleiten. Spannend war für mich, dass zwar die Wahrscheinlichkeit, dass es wirklich Wahlbetrug geben wird, als mittel eingestuft wird, aber gleichzeitig davon ausgegangen wird, dass ein Großteil der Bevölkerung denkt, es gibt Wahlbetrug. Diese Annahme ist damit ausschlaggebender als der Wahlbetrug selbst. Wenn „alle“ davon ausgehen, die Wahlergebnisse sind gefälscht, dann werden sie diese nicht anerkennen. Egal ob sie gefälscht sind oder nicht. Das Hauptproblem ist in diesem Fall das Misstrauen in die Institutionen. Niemand traut niemanden. Der Direktor der einen Partnerorganisation ist auch öfter in Deutschland. Er war bei mir in der einen Diskussionsrunde. Als er erklärte, in Deutschland gehen alle wählen, dann schaut man sich die Hochrechnungen an und das Ergebnis wird anerkannt. Die Mehrheit der Menschen weiß, dass es keinen Wahlbetrug gibt. Das ist ein riesengroßer Unterschied.

Teilweise verstärken auch die Medien die Situation. So gab es vor ein paar Wochen eine Schlagzeile „Survey reveals that SLPP will win the elections“. Das heißt so viel wie, eine Studie hat herausgefunden, dass die SLPP wieder gewinnen wird. Ganz anderes Wording als bei uns. Wo es heißen würde, laut aktueller Hochrechnungen…, wenn nächsten Sonntag Bundestagwahl wäre…. Was also, wenn SLPP nun verliert? Beide Lager streuen schon Gerüchte, dass die jeweils andere Seite versucht die Wahl zu fälschen. Das hört sich manchmal schon nach guter Vorbereitung an. Dann kann man sagen, Ha! Haben wir ja schon seit Wochen gesagt und nun ist es eingetroffen.

Auf alles vorbereitet sein und hoffen, dass nichts passiert, scheint mir die Divise.

Auf jeden Fall ist alles politisch gerade. Egal ob es die Snack-Frau am Bureh Strand ist, die eine politische Diskussion startet, die Kollegen und Kolleginnen in der Arbeit, der Megafon-Mann auf der Straße oder das Mitgliedertreffen meiner Organisation. Immer und überall wird auf einmal politisch Stellung bezogen, Neutralität gibt es kaum und die Gemüter sind erhitzt. Das ist auch einer der Gründe, weshalb „Rallies“ verboten wurden. Normalerweise starten ein paar Wochen vor den Wahlen die sogenannten rallies. Das ist eine Mischung aus Kundgebung und Marsch. Viele Menschen gehen dafür auf die Straße, um ihre Partei zu unterstützen, der Verkehr wird komplett lahmgelegt und es kann zu Ausschreitungen kommen. Teilweise werden auch Menschen extra angeheuert, um bei den rallies mitzulaufen und Stimmung für den jeweiligen Kandidaten machen. Die Meinungen gehen auch hier auseinander, ob es gut ist, dass die rallies verboten sind oder nicht. Ich persönlich begrüße die Entscheidung. Es kann nämlich etwas anstrengend und nervig sein, wenn man in so einer Rally landet und für lange Zeit feststeckt. Das ist mir jetzt schon zweimal passiert. Andererseits ist es für viele Leute erstens eine schöne Abwechslung, singend und tanzend durch die Straßen zu ziehen, dann bekommen sie vielleicht auch noch ein neues T-Shirt, etwas zu essen und vielleicht sogar ein bisschen Geld.

Ich finde es ein bisschen schade, dass ich während der Wahlen nicht hier bleiben kann, um mitzuerleben, wie die Stimmung dann wirklich ist. Aber ich hoffe, ich bekomme auch aus der Ferne dann genug mit.

Jetzt habt ihr einen Ausflug in die Stimmung hier bekommen. Für mich als Außenstehende ist es dennoch schwer, alles nachzuvollziehen und darzustellen. Sehr viele Informationen laufen über Kanäle, die ich nicht nutze. Und wie gesagt, die größte Herausforderung ist, dass Informationen nicht verlässlich sind und vieles auf hören-sagen basiert. Für mich scheint es wirklich spannend, zu sehen, wie die Wahlen am Ende ausgehen. Let´s hope and pray for peaceful elections!

Nachtrag: ECOMOG back in the country

Gerade habe ich den Beitrag veröffentlicht, schon erreicht mich die Nachricht, dass wieder ECOMOG (Economic Community Monitoring Group) Truppen ins Land kommen, um die Wahlen zu beobachten und den Frieden zu wahren. Die ECOMOG Truppen haben auch den Bürgerkrieg beendet. Sie wurden von ECOWAS-Staaten zusammengestellt. Zusätzlich zu internationalen Wahlbeobachtern bekommen wir also anscheinend militärische Beobachter ins Land.

ECOWAS ist die westafrikanischen Wirtschaftgemeinschaft, quasi so etwas wie die EU Westafrikas, ebenfalls entstanden aus einer Zollunion. Es gibt unter anderem einen Nichtangriffspakt und oben erwähnte ECOMOG, die eigentlich zur gemeinsamen Verteidigung dient. Ziel ist eine weitere politische Zusammenarbeit und seit dem ersten militärischen Einsatz der ECOMOG in Liberia und anschließend in Sierra Leone wurden die Zuständigkeiten noch erweitert.

So ziehen die Wochen ins Land….

Mit Erschrecken habe ich festgestellt, dass es schon Mitte März ist und ich ewig nichts mehr berichtet habe. Die Story unserer abenteuerlichen Reise während des Bird Census bin ich euch zwar noch schuldig, aber die gibt es nur im direkten Gespräch 😉

Mittlerweile ist der Harmattan zu Ende, das heißt, die staubigste Zeit des Jahres ist vorbei. Der Harmattan beginnt Mitte November / Anfang Dezember und zieht sich bis Anfang/ Mitte März. Er bringt Saharastaub nach Westafrika, trockene Luft und färbt den Himmel und das Land orange. Während des Harmattans sehe ich manchmal nicht einmal die nahen Hügel, von Lungi ganz zu schweigen. Es ist wunderschön, endlich wieder klaren Himmel zu haben und in die Ferne blicken zu können, ohne den Saharastaub in der Luft.

Während des Harmattan muss ich die Wohnung eigentlich täglich fegen, putze die Blätter meiner Pflanzen einmal in der Woche und befreie sie vom Staub, damit sie wieder atmen können und alles und jede sind von einer immerwährenden Staubschicht überzogen. Erst wenn die ersten Regenfälle kommen, wird der Staub endgültig von Pflanzen, Hausdächern und Straßen weggespült. Aber auch jetzt ist die Luft schon wieder merklich angenehmer, da weniger staubig. Während des Harmattans sind viele Leute krank. Der Staub legt sich auf die Atemwege, entzündet die Augen und bringt Erkältungen mit sich.

Nicht nur der Harmattan ist langsam zu Ende, auch eine für mich echt stressig Zeit in der Arbeit ist langsam am Abklingen. Die letzten Wochen waren sehr herausfordernd, aber seit zwei Tagen bin ich wieder entspannter und Ergebnisse sind in greifbarer Nähe.

Communication and Advocacy Stratety Workshop

Wir hatten diese Woche den ersten Workshop, um unsere Communication and Advocacy Strategy zu entwickeln. Das hatte mich ziemlich gestresst. Es gibt schon einen Strategic Plan für die Organisation, dann sind da die ganzen Projekte, die ihre eigenen Communication und Advocacy Activities haben und ich soll das nun alles zusammenführen und daraus eine Strategy basteln. Eigentlich ist das Vorgehen ein Anderes. Normalerweise würde ich erst Ziele entwickeln und dann daraus die Aktivitäten ableiten. Nun haben wir aber schon Aktivitäten, sollen aber unabhängig davon Ziele entwickeln und am Ende soll trotzdem alles zusammenpassen. Nach den drei Tagen Workshop war ich ziemlich erledigt, aber auch sehr zufrieden. Ich habe das Gefühl, wir sind auf einem guten Weg und die Teilnehmenden haben einiges mitgenommen, auch für ihre tägliche Arbeit.

Perfekt wäre es natürlich gewesen, den Workshop mit meinem Kollegen vorzubereiten. Ich soll ja Wissen transferieren. Mein Kollege macht aber noch ein Studium neben der Arbeit, weshalb eh gilt: Freitags ist er nie da. In den letzten zwei Wochen hatte er Examen und in der Woche davor war er sehr mit der Examensvorbereitung beschäftigt. Verstehe ich alles. Macht nur meine Arbeit oft schwierig und anstrengender.

Jetzt warte ich, bis mein Kollege sich meine Dokumentation angeschaut hat und wir die Ergebnisse noch einmal gemeinsam durchgehen und finalisieren, bevor wir sie in die große Feedback-Runde schicken. Und solange habe ich ganz entspannt Zeit, euch zu schreiben 😊

Ich halte ja sehr gerne Workshops. Und es hat mich sehr gefreut, dass sehr viel positives Feedback für mich kam. Meistens sind Workshops hier sehr Powerpoint orientiert, da ist es eine große Abwechslung, wenn ich die Sessions mit Kärtchen, Flip Charts und viel Gruppenarbeit fülle.

Die Videos nehmen Gestalt an

Ihr erinnert euch vielleicht auch noch dunkel daran, dass ich letztes Jahr im November und Dezember unterwegs war, um Filme zu drehen über unsere Arbeit. Es sieht so aus, als würden die Filme tatsächlich bis Ende April spätestens fertig werden. Das wäre ein Traum. Eigentlich könnten wir sogar schon Ende März schaffen, aber nur wenn alle Beteiligten auch immer gleichzeitig Zeit haben. Daran scheitert es meistens, wenn etwas nicht vorwärts geht.

Im Mai sind es unglaubliche zwei Jahre, dass ich hier bin. Für mich wäre es eine super Erleichterung, wenn wir bis dahin wirklich die Filme fertigen haben und im Mai auch unsere Kommunikationsstrategie verabschieden können. Das sind zwei große Projekte für meine Zeit hier. Und dann habe ich noch ein ganzes Jahre Zeit, um weiter an Prozessen und Capacity zu arbeiten.

Ich habe mir auch noch ein neues kleines Projekt an Land gezogen. Ein paar Kolleginnen und Kollegen von mir arbeiten an einem Vogelbuch (ab jetzt gibt es keinen Beitrag mehr ohne Vögel 😉): „Common Birds of Sierra Leone – an Indigenous Language Guide“. In dem Buch werden 60 Vögel des Landes vorgestellt und ihre Namen in drei Landessprachen. Ich mache das Layout des Buches. Die einzige Herausforderung nun ist, dass wir super hinter dem Zeitplan sind. Ich hatte im Februar und März eigentlich ganz gut Zeit, das noch nebenbei zu machen, aber wir sind jetzt schon drei Wochen hinterher. Im April habe ich ziemlich viel Urlaub und im Mai wird die Kommunikationsstrategie sehr klar Priorität haben. Mal schauen also, ob wir es schaffen, das Vogelbuch bis Ende Mai in den Druck zu schicken.

Für alle, die ein kleines bisschen Ahnung haben: eine Schwierigkeit ist zum Beispiel, dass ich Fotos bekommen habe mit 73KB. Es ist eine echte Herausforderung, ein Buch mit Bildern zu machen, wenn die Bilder von sehr geringer Qualität sind. Nun haben wir zumindest theoretisch high-quality Bilder zur Verfügung, aber ich habe es wegen schwachem Internet noch nicht geschafft, sie herunterzuladen. I keep on trying…

Nach wie vor ist es manchmal etwas schwierig, die Dinge, die wir in der Arbeit eigentlich gemeinsam planen auch umzusetzen, weil dann die Kollegin oder Kollege wieder nicht da sind oder weniger Output haben als ich. Wir wollten eigentlich die politischen Parteien noch mehr ansprechen vor den Wahlen und sie dazu bringen, feste Zusagen zu treffen, wie sie Umweltschutz umsetzen möchten, wenn sie die Wahlen gewinnen. Aber all das ist bis jetzt nicht passiert. Im April schließt das Parlament und dann ist bestimmt nicht mehr viel möglich. Aber mein Kollege war die letzten drei Wochen quasi nicht da, diese Woche ist er heute den ersten Tag im Büro und wir haben erstmal sehr viel Nachzuholen, da bleibt wenig Zeit für die Umsetzung von Plänen. Nächste Woche steht schon wieder ein zweitätiger Workshop an. Und dann ist der März auch fast vorbei.

Birdie K at the beach

In euren deutschen Winter hinein kann ich euch dafür sagen, dass ich es dieses Jahr ganz gut schaffe, regelmäßig am Strand zu sein. Da hatte es ja gegen Ende des letzten Jahres auch stark an der Umsetzungskompetenz meinerseits gemangelt. Aber: good news – dieses Jahr bin ich viel besser.

Nach meinen 10 Tagen auf dem Boot für den Waterbird Census, war ich direkt unter der Woche einmal eine Nacht in River No2, das war wirklich traumhaft. Ich schaffe es gerade auch ganz brav jedes Wochenende einmal an den Strand, sei es Cockle Point, No 2, Lakka oder Bureh. In Bureh hatten wir dann auch noch unser Peer Coaching mit den anderen Brot für die Welt Fachkräften und letztes Wochenende war ich eine Nacht bei Tobi. Der ist auch aus Deutschland und mit agiamondo hier. Er wohnt jetzt in einem Häuschen direkt am Strand (Privatstrand!). Da lässt es sich auch gut aushalten. Nach all dem Stress in der Arbeit, hatte ich mir das aber auch verdient.

Und ich bin nicht nur am Layouten unseres Vogelbuches, ich entwickle mich wahrlich zur Vogelfreak. Während des Peer-Coachings in Bureh musste ich einmal die Session kurz unterbrechen, um ein paar hundert Meter am Strand entlang zu gehen. Ich hatte Vögel in der Ferne gesehen, aber konnte nicht genau sehen, welche Vögel genau es waren, weil ich die Schnabelfarbe und das Gefieder nicht genau sehen konnte. Wie groß war da die Erleichterung, als ich ganz nahe hingehen konnte und sie sehr eindeutig als Crested Terns identifizieren konnte. Auch bei Tobi am Strand war mein Vogelwissen gefragt. Ich arbeite also an meinem Image als Birdie. Meine Peers in Bureh haben mir auch direkt meinen Namen gegeben: Birdie K 🙂

Als ich dann vor zwei Wochen am Cockle Point war und ein bisschen durch die Mangroven gewatet bin, wurde ich richtig nervös, weil ich den einen Vogel nicht identifizieren konnte. Zum Glück konnte mir mein Vogelbuch zuhause helfen. Es war wahrscheinlich ein Sandpiper. Puh. Dann konnte ich endlich wieder ruhig schlafen.

Hier jetzt für euch aber keine Vogelbilder, sondern diverse Strände – falls der Frühling und der Sommer zu lange auf sich warten lassen.

Der März ist offensichtlich der Monat der Geburtstage, nicht nur in Deutschland. So feiern wir schon seit zwei Wochen zwei bis drei Geburtstage pro Woche. Nach der einen Geburtstagsfeier am Mittwoch, stehen am Wochenende wieder vier Geburtstage an und zwei parallele Geburtstagsfeiern, wie ich das handle muss ich mal noch schauen. Heute ist St. Partick´s Day. Da gibt es natürlich auch ein kleines Fest. Und zu meiner Freude war auch mein Gästezimmer wieder häufig besucht in den letzten Wochen. So dass es wirklich nie langweilig wird.

Birdie K auf Wanderschaft

Nach fast zwei Jahren mache ich jetzt auch endlich noch mehr von den klassischen expat Sachen. Ich war jetzt schon zweimal bei der Sonntagmorgen-Wandergruppe dabei und vor zwei Wochen habe ich mir schön einen Yoga-Retreat in Tacugama, der Chimpanzee Sanctuary im Regenwald gegönnt!

Die Wandergruppe setzt sich aus Sierra Leonern und internationaler Community zusammen. Jeden Sonntagmorgen um 8Uhr ist Treffpunkt und dann geht es durch die Hügel, entlang der Strände oder auch mal durch abgeholztes Gebiet. Mein erster Trip war zum Sugarloave Mountain. Es gibt hier zwei bekannte Berge: Sugar Loave und Pickett Hill. Ich hatte mich mit einer neuen Freundin unterhalten, dass es super peinlich ist, dass ich fast zwei Jahre hier bin und noch keinen dieser Hügel bestiegen habe. Und wie es der Zufall so wollte, war der Plan der Sonntagsgruppe „Sugar Loave“, nur zwei Tage später. Also bin ich da mit und zwei Wochen später war ich direkt wieder dabei. Zum Sugar Loave war ein guter Teil des Weges durch den Wald. Nur ganz unten wurde gerade abgeholzt. Innerhalb der protected area. Aber die community Leuten meinten, wenn die Regierung nicht kommt und sie stoppt, machen sie einfach weiter.

Zwei Wochen später am Sonntag ging es noch mehr über entwaldete Hügel. Da seht ihr auch Charcoal burning bzw. die Vorbereitung. Meist wird eine Grube gegraben, darin wird dann das Holz geschlichtet. Es wird am Ende wieder mit Erde bedeckt und angezündet. Ein paar Löcher bleiben offen, damit der Rauch entweichen kann und die Glut nie ganz erstickt wird.

Zum Einstieg in die Wanderausflüge aber erst einmal der wunderschöne Blick vom Sugar Loave. Und am Ende jeder Wanderrung wartet schon ein kaltes Bier 🙂

Emotionale Höhen und Tiefen

Ihr seht also, gerade ist es eine ziemliche Mischung aus Arbeitsstress, Arbeitserfolgen und viel action in der Freizeit. Einen starken negativen Impact auf meine Stimmung hatte leider unserer Umsetzung während der Wahlen. Brot für die Welt schickt uns nach Ghana. Das hat in mir mehr ausgelöst, als ich erwartet hatte. Offensichtlich bedeutet der Gedanke, alleine für 4-5 Wochen in einem Hotel in Ghana zu sitzen, mich um alles selbst kümmern zu müssen und dann auch noch remote arbeiten zu müssen, sehr viel emotionalen Stress. Ich möchte das nun gar nicht vertiefen, weil es mich seit Februar immer wieder einholt und mich jedes Mal sehr herunterzieht und sich in mir alles verkrampft. Aber irgendeine Lösung, mit der ich mich gut fühle, werde ich hoffentlich noch finden. Bisher war einfach so viel anderes los, dass ich keine Kraft hatte, dieses – für mich anscheinend – große Thema sachlich anzugehen.

Balkonien wächst

Um nicht mit negativen Gefühlen zu Enden, möchte ich noch eine große Freude mit euch teilen: endlich wurde meine Hintertüre repariert, so dass sie sich, nach knapp fünf Monaten wieder öffnen lässt. Letzte Woche habe ich mir schon eine neue Pflanzkiste besorgt, nachdem meine beiden zerfallen sind, gestern habe ich schon den einen Balkon neu bepflanzt und heute hole ich – by the grace of god – frische Erde und kann am Wochenende endlich meinen Salat und meine Tomaten ansäen. 😊 Hier noch einmal ein Danke an Simon, der mir letztes Jahr die Lichterkette geschenkt hat. Sie macht sich super des Abends auf meinem „neuen“ Balkon zu einem Glas Weißwein.

Ach und dann gibt es ja noch eine super Verbesserung: meine Solarpanels sind seit ein paar Wochen auf dem Dach, so dass ich nun tatsächlich grünen Strom habe.

Und weil es so schön ist, der Sonnenuntergang von meinem neuen Lieblingsrestaurant am Lumley Beach 🙂

Waterbird Census 2023 – War das jetzt ne Crested oder ne Royal Tern?

Endlich mal wieder birdie stories 😊 Im Januar war ich 10 Tage lang Wasservögel zählen für den Waterbird Census am East Atlantic Flyway. Ich kann jetzt mehrere Schwalben, Pelikane und Reiher identifizieren, ganz zu schweigen von ein paar „Waders“. Aber zuerst einmal, wie kam es dazu?

Ich bin am Sonntag, den 8. Januar wieder in Sierra Leone gelandet. Tina kam dann einen Tag später nachgeflogen. Dieses Mal aber nur für drei Wochen Urlaub. Wir haben noch etwas rumgesponnen, was sie dieses Mal so machen möchte und natürlich: Turtle Islands stand noch auf der Liste. Die Turtle Islands sind die traumhaften Inseln an der südlichen Küste. Leider schwer zu erreichen und die Anfahrt ist ziemlich teuer. Deshalb war ich da auch noch nicht. Es war schon die ganze Zeit meine Idee, die Turtles irgendwie mit der Arbeit zu machen. Und wie es der Zufall so will, hat das jetzt genau in Tinas Urlaubszeit geklappt. Als ich in die Arbeit bin, haben die Kollegen erzählt, dass der Waterbird Census ansteht. Ein Team zählt die Vögel nördlich von Freetown an der Küste, das andere Team südlich von Freetown an der Küste bis zu den Turtle Islands. Whoop whoop!

Water Bird Census am East Atlantic Flyway

Alle drei Jahre findet der internationale Water Bird Census statt. Es werden gleichzeitig in allen Ländern entlang der Westafrikanischen Küste Wasservögel und Vögel, die vom Wasser abhängig sind, gezählt. Es waren also gleichzeitig mit uns Teams von Marokko bis Südafrika unterwegs. Alle Daten werden gesammelt und dann in einem Report veröffentlicht. Es dauert immer bis zu einem Jahr, bis alle Daten gesammelt und dann der Report für 2023 veröffentlicht wird.

Ich habe ja schon in anderen Beiträgen erklärt, dass Vögel als early-warning-systems für Klimawandel und Umweltzerstörung genutzt werden können. Die Vergleichsdaten sind deshalb von wissenschaftlicher Relevanz für die Interpretation von Tendenzen und Entwicklungen. Die meisten Vögel, die wir gesehen haben, brüten in Europa, in Norddeutschland, im Wattenmeer, in Island, Norwegen und so weiter. Hier kann man sie aber besser zählen, weil sie hier in großen Schwärmen zusammen sind und nicht verstreut brüten.

Ich bin ja noch immer neu im Vogel-business, aber ich finde es super beeindruckend, was diese kleinen Tierchen leisten. Wie weit sie fliegen. Wahnsinn. Diese kleinen Körperchen und so viel Energie und Wille. Joost, der eine Vogelfreund, hat mir erzählt, dass die Vögel auch erst Selbstvertrauen dafür aufbauen müssen. Man kann das beobachten. Manche Vögel fliegen erst ein paar hundert Meter oder 1-2 Kilometer aufs Meer und kommen dann wieder zurück. Das machen sie ein paar Mal, bis sie sich wirklich trauen, loszufliegen und dann fliegen sie tausende Kilometer weit.

10 Tage Sonne, Meer, Vögel und Abenteuer – Alles für die Wissenschaft

Die Sierra Leonische Küste ist aufgeteilt in zwei Gebiete. Eines nördlich von Freetown und das zweite südlich von Freetown. Wir hatten Glück und waren im südlichen Team. Bevor es in die Praxis ging, gab es eine Einführung von Joost. Joost ist einer der niederländischen Vogelfreunde. Er arbeitet bei dem Unternehmen, das die Vogelzählung finanziert. Gemeinsam mit Rinse unterstützte er unser Team als Experten. Die Idee ist, dass immer zwei super-Experten mit in den Teams sind, die weltweit Kapazitäten aufbauen.

Zugegebener Maßen waren Tina und ich nach der Einführung etwas still. Wir wussten nicht so recht, ob wir überhaupt von Nutzen sein würden. Waren wir dann aber doch.

Endlich die ersten Vögel zählen!!!

Gemeinsam mit den zwei Vogelfreunden aus den Niederlanden und drei meiner Kollegen ging es am 20. Januar dann wirklich los zum ersten Bird Count. Morgens ging es nach Tombo und von dort aus in zwei Teams zum Vögelzählen. Die ganze Küste ist in Bereiche eingeteilt. Pro Bereich muss dokumentiert werden, wann (Datum und Uhrzeit), Flut oder Ebbe, ob man zu Fuß, vom Boot aus, aus der Luft oder mixed gezählt hat, wie viele Spezies und wie viele Vögel pro Spezies. Meist hatten wir zwei Leute pro Team, die gezählt haben und dann nochmal 1-2 Personen, die mitgeschrieben haben. Abends wurde dann alles in die Formulare übertragen, so dass wir meist erst gegen 10 Uhr wirklich Feierabend hatten. Da  wir abhängig von Ebbe und Flut waren, ging es in den ersten Tagen erst gegen Mittag los, dafür haben wir dann immer bis zum Sonnenuntergang gezählt.  Bei Flut verstecken sich die Vögel meist in den Mangroven und kommen erst während der Ebbe raus, wenn der ganze Schlamm sichtbar wird und sie sich schön die Würmer und Krabben aus dem Schlamm schnappen können.

Am ersten Tag war ich im Bodenteam, d.h. wir sind vier Stunden lang durch den Mangrovenschlamm gewatet und haben Vögel gezählt. Manchmal sinkt man da schon bis zum Knie ein und kommt dann nicht mehr so leicht raus. Gleichzeitig sind im Schlamm Muscheln, Krabben und Co. Man muss also auch immer etwas aufpassen, wo man so hinläuft. An Tag eins war ich mit Rinse unterwegs, Dauda, meinem Kollegen und dann ist noch ein junger Mann aus der einen Community mitgelaufen. Ich habe schon die ersten Vogelnamen gelernt, so dass mir die Ringed Plover, Red Shank, Great White Heron, Western Reef Herons und ein paar andere dann schon direkt bekannt waren.

Abends gab es dann noch eine Besprechung für die nächsten Tage und die ersten Formulare wurden ausgefüllt. Am ersten Tag war noch alles etwas chaotisch, nach und nach hat sich das dann aber eingespielt.

Am Morgen des nächsten Tages wussten wir noch nicht, welch abenteuerliche Fahrt und nächtlicher Spaziergang uns erwarten würden. Aber ich glaube, dafür brauche ich einen eigenen Beitrag. Nur so viel Spoiler schon mal: Der Motor ist abends kurz vor Sonnenuntergang ausgefallen und wir waren noch einige Kilometer von dem Dorf entfernt, in dem wir übernachten sollten. Aber wie gesagt, diese Story gibt es dann extra.

Unser Team bestand aus Tina und mir, dann Dauda, meinem Kollegen, der uns aber nur die ersten Tage begleitet hat, Rinse und Joost, die internationalen Experten, Jesse, einer unserer Volunteers und Vogelfreund, Papanie kam erst später dazu und war dann krank und somit nicht immer dabei und dann natürlich noch der Bootsmann und der Bootsjunge.

Für uns war es der erste Tag auf dem Boot, mit der ganzen Crew auf dem Wasser. Die ersten Tage ging es durch die Mangroven der Yawri Bay. Es kam auch mal vor, dass wir nochmal an Land gehen mussten, um zu warten, bis die Ebbe kommt. Einmal in einem kleinen Fischer-Dorf. Da wurde gerade der Fang des Tages an Land gebracht. Ist immer ganz gut, dann kann man auch mal in den Mangroven auf Klo. Dann nach zwei Tagen in Shenge, wo wir uns sehr schnell sehr wohl gefühlt haben und der Besitzer des einzigen Amusement Centers und Bierverkaufsstelle des Ortes uns auch sehr schnell als treue Kundschaft liebgewonnen hat, ging es weiter nach Süden.

Von Shenge aus ging es dann endlich auf unsere Turtle Islands. Wow. Was soll ich sagen. Traumkulisse den ganzen Tag. Wir sind einfach den ganzen Tag an der Küste entlang geschippert, vorbei an Mangroven, dann wieder Traumstrände mit Palmen und kleinen Hüttchen unter den Palmen, Fischerdörfer und Inseln.

Unsere Handys waren mittlerweile kaputt vom Salzwasser, mein Fernglas hat es ebenfalls nicht geschafft, unsere Klamotten stanken nach Schlamm und Fisch und zu Essen gab es morgens, mittags, abends Reis mit Scheiß. Zu Tinas Leidwesen meist mit seafood. Bei der einzigen Autofahrt des Trips über holprige Straßen musste leider Tinas Nase dranglauben. Als sie auf meinen Hinterkopf gestoßen ist, hat es sich sehr unangenehm angehört. Vielleicht ein kleiner Nasenbruch? Der kleine Höcker, der ihre Nase jetzt ziert, war mir so früher noch nie aufgefallen… Ich hatte mir zuvor schon bei unserem nächtlichen Mangrovenmarsch die eine Zehe gebrochen, zumindest war sie ganz farbig bunt und hat geschmerzt. Aber alles für die Wissenschaft, wie wir immer sagten.

Joost und Rinse waren überglücklich, dass Tina und ich ein bisschen interkulturelle Kommunikation übernehmen konnten und selbst meine minimalen Kriokenntnisse halfen in der Kommunikation mit dem Bootsmann. Mein Kollege musste an Tag 3 abbrechen und zurück nach Freetown, so dass unser Volunteer Jesse ganz hervorragend die Organisation übernahm, aber nicht ganz nach den Vorstellungen der Niederländer. So sind wir natürlich immer frühestens mit einer Stunde Verspätung los, weil dann doch noch Benzin oder Wasser gekauft werden musste. Und das Ganze ja, obwohl wir von den Gezeiten abhängig waren. Ab Tag 7 war ich dann endlich Bossman an Bord, weil ich die Navigation übernommen habe. Joost und Rinse haben gezählt, Tina und Jesse notiert. Also eigentlich hauptsächlich Tina. (Bossman ist übrigens genderneutral, genauso wie die Ansprache white man oder Sir.)

Es ist wirklich sehr schwer in Worte zu fassen, wie der Tagesablauf war. Morgens aufgestanden, die feuchten, stinkigen Klamotten wieder angezogen, „das Büro“ – sprich Kulli, Notizhefte, Kippen – in doppelte Plastiktüten verpackt und dann ab aufs Boot. Während der Fahrt kommt dann auf einmal „crested. Sandwich 4, reef one, crested, one more, sandwich two, great white, no it was one sandwich one little, two more reef…“ parallel kommt von Rinse „redshank 14, green shank, whimbrel two, two more, godwit, green shank, bartailed three, grey plover 34, ringed plover 63. Two more, two more, total four.“ Und wenn dann noch jemand anders dazwischen ruft „palmnut vulture“, dann sind die Damen im Büro, also wir, langsam ganz verwirrt. Leichter wurde es ab Tag drei, wenn man weiß, dass Reef, Western Reef, Western Heron, Reef Egret, alles der Western Reef Egret sind. Und dass Egret und Heron auch austauschbare Begriffe sind. Dann wussten wir auch langsam, dass die bartailed und die godwit beides die bartailed godwit sind. Das passierte ungefähr zeitgleich mit unserer Verwandlung à la Gregor Samsa in zwei Red Shank. Die Sonne hatte das ihrige dazubeigetragen. Und jetzt kann ich ja auch den birdie- Scherz aus der Überschrift aufklären: natürlich sind royal und crested tern ein und das selbe.

Unsere Vogelfreunde haben wir nicht mal beim Essen ohne Fernglas um den Hals gesehen. 😊 Nachts sind sie noch mit Nachtsichtgerät herumgestiefelt. Musste man einfach gern haben, die beiden. Während Joost und Rinse immer auf der Pirsch waren, Tina und ich noch Formulare befüllt haben, hat Jesse unermüdlich versucht, Obst und Nescafé für uns heranzuschaffen. Eine kaum zu bewältigende Aufgabe. Man mag es kaum glauben, aber auf den Inseln gilt: Fisch ist ihr Gemüse…

Bei all dem Spaß darf man nicht vergessen, dass es harte Arbeit war. Ab und an mussten wir aussteigen, ne ganze Zeit durch den Matsch waten und dann dem Bootsmann wieder begreiflich machen, wo er hinfahren soll. Es war oft anstrengend, körperlich und kommunikationstechnisch, abends sind wir immer erschöpft ins Bett gefallen, aber die Stimmung war durchweg gut, auch dank des Humors unserer niederländischen Freunde, dem super Team spirit und of curlew auch wegen uns. (Noch ein lustiger neuer birdie-Scherz🤣 der curlew ist ein Wasservogel mit ganz langem leicht gebogenem Schnabel.)

Und dann die traumhafte Umgebung und die vielen tollen Vögel, die wir gesehen haben. Selbst Tina und ich waren ganz aus dem Häuschen, als wir als Bodenteam mit Jesse alleine eine Unit gezählt haben und tatsächlich einen Goliath Reiher gesehen haben. Wahnsinn. Und als wir dann ein paar Tage später auf einer Sandbank zwischen den Mangroven African Skimmer und noch viel cooler, Eurasian Oystercatcher gesehen haben, war kein Halten mehr.

Mein Favorit waren aber wahrscheinlich die Pelikane und andere Vögel, die in den Mangrovenkronen sitzen, während die Flut schon da war. Wunderschön. Genauso wie der Anblick, wenn ein paar Hundert Vögel auf einmal losfliegen und in Schwärmen durch die Luft schweben.

Als wir auf den Turtle Islands angekommen sind, haben wir erst an einer kleinen Inseln angehalten, die nach getrocknetem Fisch gestunken hat wie sonst was, und auf dieser kleinen Insel sollten wir dann in einem guesthouse schlafen, in dem auch die Benzinkanister gelagert werden. Zum Glück sind wir dann auf eine andere Insel, wo wir ein kleines Häuschen bezogen haben, mit nur zwei Zimmerchen, so dass ein Teil von uns gezeltet hat und Tina und ich unsere Matratze einfach unter das Sternenzelt gelegt hatten. Es war wunderschön.

Für Jesse gab es an diesem Abend Schwimmunterricht mit super Betreuungsschlüssel. Ein Schwimmschüler und vier ausgebildete Schwimmlehrfachkräfte. Während einer Jesse das Brustschwimmen erklärte, versuchte ich ihm toter Mann beizubringen, Tina zeigte ihm, wie man richtig krault und Joost machte wie immer Quatsch dabei. Aber Erfolg: niemand ist ertrunken.

Von Turtle ging es zurück nach Shenge über Shebro Island. Wir waren zwei Nächte in Bonthe. Die Heimatstadt des Präsidenten. Sie hat einen ganz eigenen Flair, ganz anders als alles, was ich sonst so gesehen habe bisher. Schöne Straßen und wenn man ankommt, fast ein bisschen kubanischer Flair. Leider haben wir davon nicht so viele Fotos, weil ja die Handys kaputt waren.

Aber in Bonthe habe ich meinen ersten Black Heron gesehen. Der ganz witzig seine Flügel nach vorne holt, um sich selbst Schatten zu machen beim Fischen.

Auch die schönste Vogelreise geht irgendwann zu Ende

Am 30. Januar sind wir dann nach 10 Tagen Sonne, Meer, Vögel, Abenteuer und ganz viel Spaß komplett verschlammt und mit Salzkruste wieder in Freetown angekommen. Die Erlebnisse waren einmalig. Und wenn Vogelzählen immer so läuft, melde ich mich jetzt freiwillig für alle Bird Census activities. Haben uns auch schon mal auf die Liste für den Waterbird Census in der Karibik setzen lassen.

Am 31. Januar haben wir dann noch alle gemeinsam – Team Nord und Team Süd – in der Aberdeen Creek gezählt. Das war sehr traurig. Die Aberdeen Creek ist die einzige offizielle Ramsar Site in Sierra Leone. Ramsar Sites sind international anerkannte wichtige Wetland Areas. Unsere ist leider teilweise eine Müllhalde und teilweise sind die Mangroven abgeholzt. Ich war echt schockiert, als wir dort waren. Letztes Jahr war die Aussichtsplattform noch mitten in den Mangroven. Jetzt sind die Mangroven weg und es sind schon Grundstücke markiert, ein großes Grundstück ist schon mit einer Mauer gesichert. So gehen wir hier mit unseren natürlichen Schätzen um. Trotzdem haben wir in der Creek 517 Long-tailed Kormorane gezählt, über 50 Great White Egrets und noch viele, viele andere Vögel.

And the winner is…

Insgesamt haben wir im Team Süden 41,974 Vögel gezählt, insgesamt 60 unterschiedliche Arten (von denen ich bestimmt 40 erkenne!!!) mit unserem Winner: den Curlew Sandpiper mit 7.007 Vögeln, dicht gefolgt von der Crested Tern mit 6.381 Exemplaren.

Naja und eigentlich sind wir alle Gewinner, falls wir es schaffen, die Lebensräume der Vögel in Europa, Afrika und der restlichen Welt zu schützen. Sonst verlieren wir am Ende nämlich alle.

Es waren 10 Tage voller neuer Eindrücke, ganz viel lernen auf vielen Ebenen, eine gute Zeit mit unserer Crew und ganz viel empfundener Dankbarkeit und Glück, dass ich so etwas erleben darf und dass auch noch Arbeit nennen kann.

Die Handys gehen mittlerweile wieder, gebrochener Zeh und gebrochene Nase sind auch wieder fast wie neu, nur eine Tupperschüssel ging verlustig und eben mein Fernglas. Unsere Reisdiät haben wir auch beendet und mittlerweile ist auch das letzte Salzkorn von der Haut entfernt und der letzte Mangovenschlamm unter den Fußnägel verschwunden. Bereit also für das nächste Abenteuer. Leider, leider muss ich jetzt aber erstmal wieder ein bisschen ins Büro.

Da bleibt mir nur noch eines zu sagen: Auf Wiederschnitzel!

(Eine der tollen neuen deutschen Redewendungen, die wir von den Holländern gelernt haben 😉)

Black Johnson – das verlorene Paradies?

Letztes Jahr ging es groß durch die Medien: eine chinesische Firma hatte angeblich eine Lizenz erhalten, um am Black Johnson Beach in der Whale Bay einen fishing harbour zu bauen. Ich habe damals berichtet über Fischmehlfabriken an der westafrikanischen Küste und Lachs aus norwegischen Aquakulturen. Damals schon war die Befürchtung, dass es nicht beim Fischereihafen bleiben wird, sondern in Wirklichkeit eine Fischmehlfabrik geplant ist. Aktuell wird immernoch vom Fischereihafen gesprochen, für die Verarbeitung von Thunfisch.

Dann war es erst einmal still geworden um Black Johnson. Für diejenigen von euch, die selbst noch nicht hier waren: Black Johnson ist ein kleines Paradies, wenn man dem Lärm und der Hektik der Großstadt entfliehen will und ein paar einsame Tage am Strand verbringen will. Im Gegensatz zu den anderen Stränden gibt es am Black Johnson nur wenige Unterkünfte. Anfangs gab es sogar nur eine, Titos Paradise bestehend aus ein paar einzelnen Holzhütten direkt am Strand der kleinen Bucht unter den Bäumen. Mittlerweile kenne ich noch Sandra’s Unterkunft, drei Hütten, die im Wald direkt am Meer stehen, an denen morgens auch Mal die Affen vorbeikommen können. Und vor kurzem hat noch ein Sierra Leoner ein paar Häuschen wie eine kleine Ferienanlage mit Restaurant eröffnet. Aber alles sehr ruhig und entspannt und weit weg vom sonstigen Trubel. Wenn ich an den Strand will, um einfach in die Wellen zu schauen, mein Buch zu lesen und abends vielleicht am Lagerfeuer ein paar spannende Gespräche zu führen, dann fahre ich nach Black Johnson.

Jane, eine Britin, die mit Tito verheiratet ist und schon seit einigen Jahren mit Tito in Black Johnson wohnt, war sich der lauernden Gefahr all die Zeit bewusst. Sie hat versucht, für den Strand zu kämpfen. Sie hat auch meine Organisation einmal eingeladen, zu kommen und die verschiedenen Ökosysteme der Bucht zu besichtigen. Leider ist daraus nicht wirklich eine Aktion entstanden. Ich frage mich mittlerweile, ob wir etwas hätten ändern können, wenn wir mehr unternommen hätten. Da Black Johnson nicht in der protected area liegt, fühlt sich meine Organisation nicht so wirklich zuständig. Ich denke aber, wir sollten uns aller Umweltthemen annehmen. Aber es war ähnlich wie mit dem Wal am Strand und dem stone mining in der protected area. Wenn ich nicht pushe, kommt niemand in die Gänge. Alles was proaktive Arbeit ist, außerhalb von klar definierten Projektaktivitäten, findet nicht eigeninitiativ statt.

Vorletzte Woche dann teilte Jane in verschiedenen WhatsApp-Gruppen die vorläufige Machbarkeitsstudie einer „unabhängigen“ Consultantfirma und die Einladung des Ministeriums für Fischerei und Maritimes zur öffentlichen Anhörung. Es gab drei Anhörungen, eine in der Community von Black Johnson, eine in Waterloo und eine im Ministerium. Ich bin mit Abdul und Mariama zu der ins Ministerium gegangen. Ohne mich wäre CSSL nicht vertreten gewesen. Dabei ist es meines Erachtens sehr wichtig, dass wir bei so großen Projekten unser Gesicht zeigen und unsere Position darlegen. Natürlich nicht wirklich Konfrontation, aber wenigstens können wir nochmal auf negative Konsequenzen für Mensch und Umwelt hinweisen. Und ich bin sehr stolz auf mich: ich habe mich sogar getraut aufzustehen und ein paar Kommentare und Anmerkungen zu machen!

Aber erstmal zur „unabhängigen Studie“ und weiteren Gerüchten. Die Studie ist sehr ausführlich mit vielen Daten und Messungen zur Wassertiefe, den Gezeiten, Flora und Fauna. Es gibt Empfehlungen für die Entschädigung von Landbesitzern, die umgesiedelt werden oder deren Land beansprucht wird. Es gibt aber keine Angaben, wie Umweltschäden vermieden werden sollen und welche Konsequenzen es hat, dass in der Bucht mehrere redlisted Tiere leben. In der Studie ist auch nicht genau beschrieben, auf welcher Fläche genau der Fischereihafen entstehen soll. Bei der Anhörung wurde jedoch ein animiertes Video abgespielt, das eine riesige betonierte Fläche zeigte. Da wurde auch erklärt, dass 50 Hektar im Wasser sein werden. Das ist ein immenser Eingriff in das maritime Ökosystem und verändert mit Sicherheit auch die Struktur der südlich gelegenen Strände.

Das wahnwitzige an der Studie ist der Vorschlag, einen Wasserpark zu errichten, in dem dann Orcas und Delfine bei Shows dem Publikum die Meeresbewohner näherbringen und die Bevölkerung aufklären können über Lebewesen im Meer. Dieser tolle Wasserpark wird viele Touristen anziehen und somit Geld ins Land bringen. Diese Empfehlung steht an zwei Stellen in der Studie. Alleine die Idee, einen Wasserpark mit Aquarium zu errichten, im Jahr 2023, wenn weltweit eben diese Einrichtungen aufgelöst werden, weil die meisten Ländern eingesehen haben, dass es sich hier um Tierquälerei handelt, soll in einem Land, in dem alles rostet und ich noch keine gute Fensterscheibe gesehen habe, ein Riesenaquarium entstehen? Die Fischer holen nicht genug Fisch aus dem Meer, um davon selbst zu überleben, aber wir werden künftig tonnenweise Fisch an Orcas, Delfine und andere Tiere verfüttern, die wir zuvor gefangen haben?  Macht Sinn… Ich frage mich auch, welche Tourists wohl wegen des Aquariums kommen würden? Wieso nicht lieber raus aufs Meer fahren oder in der naturbelassen Bucht sitzen? Da kommen die Delfine und Meeresschildkröten manchmal von alleine vorbei.

Wie gesagt, als ich das mit dem Wasserpark gelesen hatte, konnte ich auch den Rest nicht mehr ernstnehmen. Und als ich dann noch von Jane gehört habe, dass der Verantwortliche für die Studie, zuvor beim Ministerium für Fischerei gearbeitet hat und wegen Korruption suspendiert ist, erklärt sich auch der Rest. Ob das stimmt weiß ich zwar nicht 100%, ich kann mir aber sehr gut vorstellen, dass es wahr ist. Würde mich nicht überraschen. Wen die Studie interessiert, kann sie online lesen.

Offiziell sollte sie auf den Websites der beteiligten Ministerien und der EPA (environmental protection agency) zugängig sein. Das war aber nicht wirklich der Fall. Die EPA hat ein Vetorecht bei derartigen Großprojekten. Aber sie ist offensichtlich nicht unabhängig und frei in ihrer Entscheidung.

Letzte Woche Montag bin ich also mit Mariama und Abdul ins Ministerium. Siebter Stock ohne Aufzug. Vielleicht hat das schon einige Leute abgeschreckt. Der Raum war hauptsächlich mit einem großen Besprechungstisch gefüllt. Es war ein bisschen Presse da, Jane natürlich, James, Ingrid von der GIZ, noch ein paar Vertreterinnen und Vertreter aus der Zivilgesellschaft und von den Ministerien natürlich.

Der Vertreter des Ministers für Fischerei hat mit nur einer Stunde Verspätung die Sitzung eröffnet. Zunächst wurde noch Mal viel gelabert, vielleicht um zusätzlich Zeit totzuschlagen, so dass am Ende keine Zeit mehr für zu viele Fragen bleibt? Anschließend wurde die Studie kurz vorgestellt, dann kam der Jurist zu Wort. Es war ganz wichtig, zu betonen, dass alles mit rechten Dingen zuging und alle Prozeduren berücksichtigt wurden. Der Jurist kam mir eher vor wie ein evangelikalen Priester, der uns auf den Weltuntergang einschwört, so hat er herumgeschrien und gestikuliert.

Dann endlich die Fragerunde. Jane natürlich als erste. Es gibt ein Gesetz, das besagt, die Regierung kann alles Land bis zu 150m entlang der Küste beanspruchen, wenn es von nationaler Bedeutung ist. Allerdings muss ein eigens dafür einberufenes Gericht darüber entscheiden. Und dies ist bisher nicht geschehen. Jane wurde eher als Störfaktor behandelt. Noch bevor sie begann, betonte der Vorsitz, dass wir hier zivilisiert miteinander reden, wer sich nicht daran hält, wird des Raumes verwiesen. Die anderen zivilgesellschaftlichen Organisationen stellten Fragen, ob es Risikoanalysen gibt zu Konsequenzen für angrenzende communities. Ich habe mich auch zu Wort gemeldet in der zweiten Fragerunde, wurde dann aber ignoriert, weil ich Jane den Vortritt geben wollte. Wurde sofort abgestraft. Am Ende durfte ich  doch noch sprechen. Leider wurden nicht alle meine Fragen beantwortet. Ich wollte wissen, ob es auch Maßnahmen und Empfehlungen in Hinblick auf die bedrohten Tierarten gibt, ob mit einberechnet wurde, dass ein Fischereihafen in der geplanten Größe negative Folgen für den Tourismus auch an den Nachbarstränden und somit den einzigen Tourismusstränden der Pensinsula haben wird, dass sich in der Whale Bay wichtige Fischlaichgebiete befinden, ohne die auch die Anzahl der Fische auf offener See abnehmen wird… Wie gesagt, beantwortet wurde quasi nur eine Frage: wenn die Strände für den Tourismus dann ungeeignet sind, können die Leute ja zu den anderen Stränden des Landes, zum Beispiel nach Bonthe. Das führte zu etwas Gelächter, als ich meinte, Bonthe ist etwas schwer erreichbar. Ein absoluter Quatschvorschlag. Die Strände der Peninsula sind höchstens  ein bis eineinhalb Stunden von Freetown entfernt. Bonthe ist mit dem Auto in vielleicht acht Stunden über ganz schlechte Straßen erreichbar oder man mietet für 300 US-Dollar ein Boot und fährt in zwei Stunden übers Meer hin. Sehr gute Alternativen zu einer einstündigen Autofahrt. Die Sache scheint mir sehr eingehend durchdacht. Gar nicht gegenläufig zu allen Ökotourismus und Umweltambitionen, die immer nach außen kommuniziert werden.

Der krönende Abschuss war dann die Frage, wer denn nun für den Fischereihafen wäre und dann 80% freudig gejubelt haben. Als ob das eine Abstimmung wäre. Auch Wuddy hat freudig die Hand gehoben. Er arbeitet eigentlich mit uns in der Yawri Bay, um die Mangroven zu schützen, bewirbt sich aber auch für einen Sitz im Parlament. Da muss man halt auch Mal die Meinung ändern. Sonst kommt man nicht vorwärts.

Alles in allem eine einzige Show. Aus den Formulierungen konnte man klar heraushören, dass die Entscheidung schon längst gefallen ist. Jane erzählte nach der Sitzung, dass der Direktor der EPA ihr gesagt hat, er wurde genötigt, zuzustimmen. Auch hier, nur hören-sagen. Aber es passt zu dem, was die Kolleginnen und Kollegen von der NPAA (National Protected Area Agency) immer berichten. Wenn von oben eine Order kommt, muss man die befolgen, auch wenn es eigentlich gegen den eigenen Auftrag geht.

Jane berichtete am nächsten Tag, dass Leute vom Ministerium für Fischerei Häuser von Menschen zerstört haben und einen Tag später kamen Leute zur Markierung des Geländes.

Es ist eine schwierige Situation. Ich sehe das ein. Das Land braucht Entwicklung. Vor den Küsten Sierra Leone’s gibt es große Thunfischschwärme. Sie werden bei uns abgefischt und dann im Senegal oder der Elfenbeinküste weiterverarbeitet, weil wir keine entsprechenden Infrastruktur haben. Die großen Tuna-Schiffe brauchen entsprechende Häfen. Angeblich ist Black Johnson der einzige passende Ort dafür. Ich kenne mich natürlich nicht damit aus, aber zweifle doch stark daran, dass eine seichte Bucht sich perfekt für große Schiffe mit viel Tiefgang eignet. Aber ich habe ja auch mit eigenen Augen gesehen, dass andere Einrichtungen zur Fischverarbeitung, zum Beispiel in Shenge, leerstehen und nicht benutzt werden, wegen Entscheidungen auf politischen Ebenen und Korruption. Wie wird sichergestellt, dass das Gleiche nicht in Black Johnson passiert? Auch das eine meiner Fragen bei der Sitzung. Die Antwort war: das ist etwas ganz anderes.

Black Johnson scheint verloren. Ich hoffe nur, dass nicht alles zerstört wird und am Ende eine Geisteranlage entsteht, die einige wenige Taschen füllt und sonst nichts bringt. Ich werde auf jeden Fall möglichst bald nochmal ein Wochenende in Black Johnson verbringen, auch wenn es sehr tragisch ist, von so einem kleinen Paradies Abschiednehmen zu müssen. Aber das scheint aktuell das Schicksal der Natur zu sein. Auf internationalen Konferenzen werden wichtige Papiere unterschrieben und Zuhause wird Lüzerath der Kohle geopfert und Black Johnson einem Fischereihafen.

Kaum zu glauben, dass hier bald alles betoniert sein wird 🙁

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